Königsmord: Stellt sich Ultranationalist Dugin nach Tod der Tochter gegen Putin?

Philosoph Alexander Dugin nach dem Tod seiner Tochter Daria, die in Moskau bei einer Autobombe getötet wurde
Philosoph Alexander Dugin nach dem Tod seiner Tochter Daria, die in Moskau bei einer Autobombe getötet wurde Copyright Dmitry Serebryakov/Copyright 2022 The AP. All rights reserved.
Von Euronews mit Mirror, AP, Twitter
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In einem - inzwischen gelöschten - Telegram-Post hat der ultranationalistische Philosoph und Putin-Vordenker Alexander Dugin den Rückzug von Russlands Truppen aus Cherson scharf kritisiert. Und er macht den Präsidenten für die Schmach verantwortlich.

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Der ultranationalistische Philosoph Alexander Dugin - der als einer der Ideengeber für Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine und die russische Expansionspolitik gilt - hat in einem Telegram-Post den Rückzug der russischen Truppen aus Cherson scharf kritisiert. Der 60-jährige Dugin macht Russlands Präsidenten persönlich für die Schmach von Cherson verantwortlich - und fordert in einem literarischen Vergleich einen Königsmord. Kurz nach der Veröffentlichung wurde dieser Telegram-Post wieder gelöscht. Doch der Text wird in den sozialen Netzwerken weiter verbreitet.

Neben dem britischen Mirror zitiert auch der russische Sender Tsargrad.TV, ein Medium, das zum Pro-Putin-Lager gezählt wird und dessen Chefredakteur Alexander Dugin 2015 wurde, im Internet den Telegram-Post.

Die 29-jährige Tochter des Philosophen, Darya Dugin - wie ihr Vater eine glühende Verfechterin des russischen Kriegs gegen die Ukraine - war im vergangenen August durch eine Autobombe in Moskau getötet worden. Es ist nicht klar, ob der Anschlag ihrem Vater galt, der eigentlich mit ihr in dem Fahrzeug hätte sitzen sollen.

Weit hergeholter Vergleich mit einem Königsmord

Hardliner Alexander Dugin meint, das Maß des Erträglichen sei durch die Niederlage in Cherson erreicht. Er vergleicht im gelöschten Telegram-Text den Machthaber im Kreml mit dem König in "The Golden Bough" ("Der goldene Zweig") des schottischen Anthropologen James Frazer. Darin wird ein König ermordet, weil er es nicht schafft, während einer Dürre-Periode dafür zu sorgen, dass es regnet.

Anders als der Chef der Wagner-Söldner Jewgeni Prigoschin und Tschetscheniens Machthaber Ramsan Kadyrow - die in den vergangenen Monaten die russische Militärführung wegen der Rückschläge in der Ukraine kritisiert hatten - macht Dugin den russischen Präsidenten für den Rückzug aus Cherson verantwortlich. Nicht Militärchef Sergei Surowikin trägt laut dem Philosophen die Schuld, sondern vor allem Wladimir Putin. Dabei hält der Ultranationalist Alleinherrschaft für nichts Schlechtes, nur müsse der Herrscher in kritischen Moment für sein Volk und den Staat da sein.

"Wer sich nicht über Cherson aufregt, ist kein echter Russe"

Dugin schreibt zudem, dass jeder "echte Russe" nach der Niederlage in Cherson trauern und darunter leiden müsse. Russland habe "Cherson - eine russische Stadt und Hauptstadt einer russischen Region wie Belgorod, Kursk oder Donezk - aufgegeben".  Menschen, die sich nicht über Cherson aufregten, seien laut Alexander Dugin "keine Russen". Dabei vermischt der Ultranationalist in seiner Aufzählung Städte in Russland mit Städten in den annektierten Gebieten der Ukraine.

Russische Zweifel am Referendum in Cherson

Tatsächlich hatten russische Truppen die ukrainische Stadt Cherson seit mehr als acht Monaten besetzt - und sie liegt in dem Gebiet, das von Moskau nach einem umstrittenen Referendum völkerrechtswidrig annektiert und dem russischen Territorium zugerechnet wurde.

Laut Berichten fragen jetzt auch in russischen Medien Menschen, wie es angesichts der Bilder aus Cherson sein kann, dass 87 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner von Cherson vermeintlich in dem Referendum für den Beitritt zu Russland gestimmt haben. Das berichtet @wartranslated auf Twitter. @wartranslated, der Aktivist aus Estland mit dem Namen Dmitri hat auch den Telegram-Post von Alexander Dugin ins Englische übersetzt.

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