Keine Bewährung: Oscar Pistorius bleibt im Gefängnis für Mord an Reeva Steenkamp

Oscar Pistorius erschoss vor 10 Jahren - am Valentinstag - seine damalige Freundin Reeva Steenkamp durch die geschlossene Badezimmertür. Foto: Mutter June am Freitag, 31. 03
Oscar Pistorius erschoss vor 10 Jahren - am Valentinstag - seine damalige Freundin Reeva Steenkamp durch die geschlossene Badezimmertür. Foto: Mutter June am Freitag, 31. 03 Copyright Themba Hadebe/AP
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Der Bewährungsantrag von Oscar Pistorius ist von einem Justizausschuss in der Nähe von Pretoria abgeschmettert worden. Der ehemalige Spitzensportler verbüßt dort eine langjährige Haftstrafe wegen Totschlags.

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Ein südafrikanischer Justizausschuss hat entschieden, dass der frühere Paralympics-Champion Oscar Pistorius nicht auf Bewährung freikommt. Der 36-Jährige hat etwa die Hälfte seiner Haftstrafe von 13 Jahren abgesessen und deshalb Anspruch auf die Bewährungsanhörung gehabt. 

Sein Anliegen wurde mit der Begründung abgewiesen, Pistorius habe noch nicht die Mindesthaftzeit für das von ihm begangene Verbrechen absolviert. Er könne im August 2024 eine neue Bewährungsanhörung beantragen, hieß es in einer schriflichen Erklärung des Ministeriums für Strafvollzug. Gegen die Entscheidung kann Pistorius Berufung einlegen.

Die Eltern von Reeva Steenkamp, der Frau, die Oscar Pistorius vor 10 Jahren erschossen hat, standen dem Antrag des ehemaligen Olympia-Läufers äußerst ablehnend gegenüber.

Sie glauben, dass er über die Ermordung ihrer Tochter lügt, wie der Anwalt der Eltern mitteilte.

"Solange er nicht reinen Tisch macht, glauben sie nicht, dass er rehabilitiert ist", sagte die Anwältin Tania Koen gegenüber Reportern vor dem Gefängnis Atteridgeville Correctional Centre in Pretoria, wo Pistorius seit 2016 inhaftiert ist und wo an diesem Freitag seine Bewährungsanhörung stattfand.

"Er ist der Mörder ihrer Tochter. Für sie ist das eine lebenslange Haftstrafe", sagte Koen vor der Anhörung.

Wendepunkt: Die Tat am Valentinstag 2013

Pistorius, mehrfacher Paralympics-Sieger, der Geschichte schrieb, als er bei den Olympischen Spielen 2012 gegen nichtbehinderte Athleten antrat, wurde wegen Mordes verurteilt, weil er Reeva Steenkamp am Valentinstag 2013 in seinem Haus erschossen hatte.

Pistorius hat immer behauptet, er habe seine Freundin aus Versehen erschossen, nachdem er sie für einen gefährlichen Eindringling gehalten hatte. 

Er sagte, er habe nicht bemerkt, dass sie aus dem Bett aufgestanden und ins Badezimmer gegangen sei.  Barry und June Steenkamp, glauben dagegen, dass er sie absichtlich - aus Wut in einem nächtlichen Streit - getötet hat.

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Reeva Steenkamp war Model und Moderatorin, sie starb im Alter von 29 Jahren.Denis Farrell/AP

Mit seiner lizenzierten 9-mm-Pistole feuerte Pistorius vier Schüsse durch die Badezimmertür in seiner Villa in Pretoria. Die 29-jährige Steenkamp, ein Model und Reality-TV-Star, starb in den frühen Morgenstunden des 14. Februar 2013.

Pistorius, der heute 36 Jahre alt ist, wurde 2017 nach einer Reihe von Berufungen in seinem Fall zu 13 Jahren und fünf Monaten Haft wegen Mordes verurteilt. Er kann nach Verbüßung der Hälfte seiner Strafe auf Bewährung entlassen werden.

Pistorius hat mehr als sieben Jahre verbüßt, wenn man die Zeit berücksichtigt, die er seit Ende 2014 in Haft saß, als seine ursprüngliche Verurteilung wegen Totschlags nach einer Berufung der Staatsanwaltschaft aufgehoben und von einer Verurteilung wegen Mordes abgelöst wurde.

June Steenkamp setzt sich aktiv gegen Freilassung von Pistorius ein

Steenkamps Mutter, June Steenkamp, gab bei der Anhörung an diesem Freitag schriftliche und mündliche Erklärungen ab, in denen sie sich gegen Pistorius' Antrag auf Haftentlassung aussprach, wie der Anwalt der Eltern mitteilte. June Steenkamp habe in einem anderen Raum als Pistorius vor dem Bewährungsausschuss gesprochen. 

Themba Hadebe/AP
June Steenkamp auf dem Rücksitz eines Autos, während ihr Anwlat Koen vor der Anhörung mit Reporter:innen vor den Toren des Gefängnisses sprach.Themba Hadebe/AP

"Sie ist nicht der Meinung, dass er freigelassen werden muss", sagte Koen. Ein Jahrzehnt nach der Ermordung ihrer Tochter sagte Koen, die Zeit habe die Trauer von Barry und June "nicht geheilt". "Für sie sind es 10 verpasste Geburtstage, 10 Muttertage, 10 Vatertage, 10 Weihnachten."

Barry Steenkamp traf sich letztes Jahr persönlich mit Pistorius in einem so genannten Opfer-Täter-Dialog, der in Südafrika Teil des Bewährungsprozesses ist. Dieses Treffen war "traumatisch", sagte Koen.

Die Zeit hat das Leid nicht geheilt.
June Steenkamp
Reeva Steenkamps Mutter

Die Aussagen der Verwandten des Opfers sind nur einer der Faktoren, die der Bewährungsausschuss in Betracht zieht.

Gemäß den Richtlinien wird auch die Straftat, für die Pistorius verurteilt wurde, berücksichtigt, sein Verhalten im Gefängnis, ob er an Erziehungs- oder anderen Ausbildungskursen teilgenommen hat. Auch sein geistiger und körperlicher Zustand, die Wahrscheinlichkeit eines "Rückfalls in die Kriminalität" und das Risiko, das er für die Öffentlichkeit darstellt, werden berücksichtig.

Von all diesen Faktoren wird nach Ansicht von Rechtsexpert:innen das Verhalten von Pistorius während seiner Haftzeit wahrscheinlich am stärksten berücksichtigt.

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Pistorius ein "vorbildlicher Gefangener" - kommt er frei?

Pistorius' Bewährungsanwalt, Julian Knight, hat zuvor gesagt, dass Pistorius ein "vorbildlicher Gefangener" gewesen sei. Einen Kommentar gar Pistorius vor der Verhandlung nicht ab.

Dem Bewährungsausschuss standen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung: Pistorius könnte auf volle Bewährung entlassen werden oder auf Tagesbewährung, wobei er tagsüber in der Gemeinde leben und arbeiten dürfte, aber nachts ins Gefängnis zurückkehren müsste. 

Er könnte auch unter Strafaufsicht gestellt werden, was bedeutet, dass er zwar freigelassen würde, aber einen Teil seiner Zeit während der Woche in einer Justizvollzugsanstalt verbringen müsste.

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Pistorius bei den Olympischen Spielen 2012: Als erster beinamputierter Sportler durfte er bei Olympischen Spielen in einem Einzelbewerb an den Start gehen.Lee Jin-man/AP

Ein Vorbild für viele Menschen mit Behinderung

Pistorius galt als Vorbild von Hindernissen für Menschen mit Behinderung. Der Mordprozess, der öffentlich übertragen wurde, fesselte die Welt. Seine Verurteilung führte schließlich dazu, dass er in das Hochsicherheitsgefängnis Kgosi Mampuru II, eines der berüchtigsten Gefängnisse Südafrikas, eingewiesen wurde.

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Im Jahr 2016 wurde er in das Atteridgeville-Gefängnis verlegt, weil diese Einrichtung besser für behinderte Gefangene geeignet ist. Pistorius' Unterschenkel wurden aufgrund eines angeborenen Leidens amputiert, als er ein Baby war. Er geht mit Prothesen - weswegen er auch "Bladerunner" getauft wurde.

Bibelkurse und Gemüse

Berichten zufolge ließ Pistorius sich einen Bart wachsen, nahm an Gewicht zu, begann zu rauchen und war nicht mehr als der weltberühmte Sportler zu erkennen, der er einst war.

Er soll einen Großteil seiner Zeit damit verbracht haben, in einem Bereich des Gefängnisgeländes zu arbeiten, in dem Gemüse angebaut wird, und wo er auch Traktor fuhr. Berichten zufolge soll er auch Bibelkurse für andere Häftlinge abgehalten haben.

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