Pressefreiheit in Deutschland: Abgerutscht auf Platz 21

Mindestens 67 Medienschaffende wurden im Jahr 2022 getötet,
Mindestens 67 Medienschaffende wurden im Jahr 2022 getötet, Copyright Mark Lennihan/Copyright 2021 The AP. All rights reserved
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Von Stephane Hamalian
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Mit 103 physischen Angriffen gegen Journalistinnen und Journalisten in Deutschland habe man den höchsten Stand seit 2015 dokumentiert, so Reporter ohne Grenzen. Die meisten Fälle seien in verschwörungsideologischen, antisemitischen und extrem rechten Kontexten verübt worden.

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UN-Generalsekretär António Guterres hat zum Internationalen Tag der Pressefreiheit die Bedeutung der Pressefreiheit als Basis für Demokratie und Gerechtigkeit hervorgehoben. Eine freie Berichterstattung liefere die nötigen Fakten, um sich Meinungen zu bilden und die Mächtigen mit der Wahrheit zu konfrontieren.

Sie repräsentiert den Lebensnerv der Menschenrechte. Aber in jedem Winkel der Welt ist die Pressefreiheit Angriffen ausgesetzt.
António Guterres
UN-Generalsekretär

Desinformation und Hassreden ließen die Grenzen zwischen Fakten und Fiktion, Wissenschaft und Verschwörungstheorien verschwimmen, so Guterres. Eine Bedrohung für die Meinungs- und Redefreiheit sieht er in Konzentrationsprozessen in der Medienlandschaft und dem finanziellen Kollaps zahlreicher unabhängiger Nachrichtenorganisationen. Gefährlich seien auch sich mehrende nationale Gesetze und Vorschriften, die die Arbeit von Journalisten zunehmend einengten.

Mindestens 67 Medienschaffende wurden nach Angaben von Guterres im Jahr 2022 getötet, Journalisten würden direkt zur Zielscheibe von Angriffen, während sie versuchten, ihrer Arbeit nachzugehen.

Mit dem digitalen Zeitalter hat sich auch die gesamte Informationslandschaft verändert. Digitale Plattformen haben uns unzählige neue Möglichkeiten gegeben, uns zu informieren und auszudrücken. Aber sie bieten auch einen fruchtbaren Boden für diejenigen, die Desinformationen und Verschwörungstheorien verbreiten. Wir befinden uns an einem neuen Scheideweg.
Audrey Azoulay
Generaldirektorin der UNESCO

Deutschland in Rangliste der Pressefreiheit nur noch auf Platz 21

Deutschland ist auf der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit nicht mehr unter den ersten 20 Ländern vertreten. Laut der Organisation Reporter ohne Grenzen kommt die Bundesrepublik auf der Liste nur noch auf Platz 21.

Mehr als 100 Angriffe gegen Journalisten in Deutschland

Vor allem Gewalt gegen Medienschaffende ist ein Grund. Mit 103 physischen Angriffen gegen Journalistinnen und Journalisten in Deutschland habe man den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2015 dokumentiert, so Reporter ohne Grenzen. Die meisten Fälle seien in verschwörungsideologischen, antisemitischen und extrem rechten Kontexten verübt worden.

Versammlungen blieben in Deutschland die gefährlichsten Orte für Medienschaffende. Besonders viele Angriffe zählte die Organisation in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen (24), Berlin (17) und Thüringen (13).

Hört auf, Journalisten dafür festzunehmen und zu inhaftieren, weil sie ihren Job machen. Stoppt die Angriffe auf die Wahrheit und diejenigen, die die Wahrheit verkünden.
António Guterres
UN-Generalsekretär

Auf den hintersten Plätzen der 180 Staaten umfassenden Rangliste von Reporter ohne Grenzen landeten Vietnam und China, Schlusslicht bleibt Nordkorea. Russland kommt auf Rang 164, die Ukraine verbessert sich von Platz 106 auf 79.

Pressefreiheits-Preis der UN für drei Iranerinnen

Drei prominente im Iran inhaftierte Journalistinnen sind von den Vereinten Nationen für ihre Arbeit ausgezeichnet worden. Nilufar Hamedi, Elaheh Mohammadi und Narges Mohammadi erhielten in Abwesenheit den Pressefreiheits-Preis der UN-Kulturorganisation Unesco in New York.

Narges Mohammadi ist eine der bekanntesten Menschenrechtlerinnen im Iran und hat laut Unesco für verschiedene Medien geschrieben. Sie sitzt derzeit eine 16-jährige Haftstrafe ab. 

Die Journalistinnen Elaheh Mohammadi und Nilufar Hamedi erlangten internationale Bekanntheit für ihre Berichterstattung rund um den Tod der iranischen Protestikone Jina Mahsa Amini, die im September 2022 die schwersten Proteste seit Jahrzehnten auslösten. Nur kurze Zeit später wurden sie verhaftet.

Die iranische Justiz hat die kritischen Journalistinnen als "ausländische Agentinnen"bezeichnet und wirft ihnen unter anderem Gefährdung der nationalen Sicherheit vor. Am Montag berichtete Hamedis Arbeitgeber, die Tageszeitung "Shargh", dass beide Frauen ins berüchtigte Ewin-Gefängnis in Teheran überstellt worden seien. Ihr Fall soll vor einem Revolutionsgericht in Teheran verhandelt werden, dessen vorsitzender Richter für seine harschen Urteile bekannt ist.

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