Israel beharrt auf Evakuierung des Gazastreifens - Panik vor drohender Bodenoffensive

Israelische Angriffe im Gazastreifen
Israelische Angriffe im Gazastreifen Copyright Leo Correa/AP Photo
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Von Euronews mit dpa
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Trotz Kritik hält Israel an dem Evakuierungsbefehl für mehr als eine Million Palästinenser im Norden des Gazastreifens fest. Es gehe darum, Zivilisten vor den Folgen des Krieges zu schützen. Angesichts einer möglichen Bodenoffensive Israels befürchten die UN eine Katastrophe im Gazastreifen.

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Das israelische Militär hat den Einwohnern des nördlichen Gazastreifens einen weiteren Zeitraum ohne Angriffe zugesichert. Mit abgeworfenen Flugblättern will man offenbar der Bevölkerung mitteilen, sich in den Süden der abgeriegelten Küstenenklave zu begeben.

Auf der Route sei in den angegeben Stunden Bewegung "ohne Schaden" möglich, hieß es. Schon am Vortag hatte die Armee alle Zivilisten aufgerufen, sich schleunigst in ein Gebiet südlich des Wadi Gaza zu begeben. Laut der Nachrichtenagentur AFP sagte ein Armeesprecher am Abend, dass die Palästinenser noch Zeit hätten, in den Süden zu gehen, "da es eine große Anzahl von Menschen gibt, die den Norden noch verlassen müssen".

Auch Kriege haben Regeln.
António Guterres
UN-Generalsekretär

300.000 Soldaten zusammengezogen

Angesichts einer drohenden Bodenoffensive gegen die islamistische Hamas herrscht unter der palästinensischen Bevölkerung in dem dicht besiedelten Gebiet Angst und Verzweiflung. Die Vereinten Nationen befürchten nach Angaben eines Sprechers eine "katastrophale Situation", sollte die Armee in das dicht besiedelte Küstengebiet einmarschieren.

Das israelische Militär plant offenbar einen Angriff auf dem Land-, Luft- und Seeweg, heißt es in einer Erklärung der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte, die jedoch noch keine Details zu einem möglichen Zeitpunkt der Offensive enthält. 300.000 Soldaten halten sich in der Nähe des Gazastreifens für einen Einsatz bereit.

Palästinenser warten am Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und Ägypten
Palästinenser warten am Grenzübergang Rafah zwischen dem Gazastreifen und ÄgyptenHatem Ali/AP Photo

EU mit Kritik an Evakuierungsbefehl

Augenzeugen berichteten von Panik unter der Bevölkerung. Die UN forderten Israel auf, die Anweisung zur Evakuierung der etwa 1,1 Millionen Menschen zu widerrufen. UN-Generalsekretär António Guterres forderte sofortigen Zugang zum Gazastreifen für humanitäre Hilfe. "Auch Kriege haben Regeln", betonte er am Freitag in New York.

Der Außenbeauftragte der Europäischen Union, Josep Borrell, schloss sich der Kritik an. Man erlebe gerade eine "grässliche humanitäre Lage" in Gaza, sagte Borrell am Rande eines China-Besuchs in Peking. So viele Menschen könnten sich in so kurzer Zeit nicht auf den Weg machen. Das sei unmöglich, sagte Borrell. Israel habe das Recht, sich zu verteidigen. Dieses Recht müsse jedoch im Einklang mit dem Völkerrecht ausgeübt werden.

Mutmaßlich Verantwortlicher des Hamas-Massakers getötet

Seit dem beispiellosen Massaker an israelischen Zivilisten durch Terroristen vor genau einer Woche fliegt das israelische Militär massive Luftangriffe auf Ziele im Gazastreifen. Dabei wurde nach Angaben des israelischen Militärs einer der mutmaßlichen Hamas-Drahtzieher der blutigen Angriffe, der Leiter des Hamas-Luftüberwachungssystems in Gaza-Stadt, Merad Abu Merad, getötet.

Er sei maßgeblich für die Steuerung der Terroristen während des Massakers verantwortlich gewesen, teilte das israelische Militär am Samstag mit. Israelische Kampfflugzeuge hätten in der Nacht Dutzende Hamas-Ziele im gesamten Gazastreifen angegriffen und dabei "Nukhba"-Terroristen getroffen, die sich in einem Aufmarschgebiet der Küstenenklave aufhielten. Die "Nukhba"-Terroristen gehörten zu den Kräften, die das Eindringen nach Israel anführten.

UN-Hilfswerk: Wasser für Menschen im Gazastreifen wird knapp

Unterdessen hat das UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) mit drastischen Worten vor einer lebensbedrohlichen Wasserknappheit für die Menschen im Gazastreifen durch die israelische Blockade gewarnt. "Es ist eine Frage von Leben und Tod geworden", sagte Philippe Lazzarini, UNRWA-Generalkommissar, am Samstag laut einer Mitteilung.

Jetzt müsse dringend Treibstoff nach Gaza geliefert werden, um Wasser für zwei Millionen Menschen bereitstellen zu können. Die Blockade auch für humanitäre Hilfsgüter dauere bereits eine Woche und müsse umgehend aufgehoben werden.

EU-Kommission erhöht humanitäre Hilfe für Gaza

Die EU-Kommission will humanitäre Hilfe für den Gazastreifen unverzüglich um 50 Millionen Euro auf insgesamt mehr als 75 Millionen Euro aufstocken. Die Hilfe soll in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen Bedürftige im Gazastreifen erreichen, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Samstagabend nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres.

«Die Verdreifachung der humanitären Hilfe der EU wird dazu beitragen, dass die Zivilbevölkerung in Gaza mit dem Nötigsten versorgt werden kann», teilte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, mit. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass ein sicherer und ungehinderter Zugang für die humanitäre Hilfe gewährleistet sei. Von der Leyen betonte zudem, die Kommission unterstütze das Recht Israels, sich unter voller Einhaltung des humanitären Völkerrechts gegen die Hamas zu verteidigen.

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