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Tiefsee-Bergbau trotz unklarer Folgen?

In der Tiefsee, wo Unternehmen Bergbau betreiben wollen, ist es stockdunkel. Daher zeigt unser Bild eine Schildkröte vor der Küste Australiens.
In der Tiefsee, wo Unternehmen Bergbau betreiben wollen, ist es stockdunkel. Daher zeigt unser Bild eine Schildkröte vor der Küste Australiens. Copyright Sam McNeil/Copyright {2022} The AP. All rights reserved
Copyright Sam McNeil/Copyright {2022} The AP. All rights reserved
Von Isabel Marques da Silva
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Ein kanadisches Unternehmen will Rohstoffe am Boden der Tiefsee abbauen, obwohl die Folgen für die Umwelt unklar sind. In einer Umfrage in drei EU-Ländern sprachen sich die Befragten mehrheitlich für ein Verbot oder eine Aufschiebung von Tiefseebergbau aus.

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Umweltschützer sind besorgt über die intensiven Bemühungen um die Verabschiedung von Vorschriften, die den künftigen kommerziellen Tiefseebergbau von Mineralien und Metallen in internationalen Gewässern regeln sollen.

Seit dem 15. Juli verhandelt Generalversammlung der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) in Jamaika. Die ISA ist eine 1994 unter dem Dach der Vereinten Nationen gegründete Organisation.

Aus diesem Anlass haben drei europäische Nichtregierungsorganisationen (WeMove Europe, Seas At Risk und die Deep Sea Conservation Coalition) eine Ipsos-Umfrage in Auftrag gegeben. Sie wurde in Belgien, Polen und Italien durchgeführt, 3.000 Befragte nahmen teil.

Von ihnen lehnen 56 Prozent den Tiefseebergbau ab und befürworten ein vorübergehendes Verbot dieser neuen Industrie. Weitere 33 Prozent befürworten den Bergbau, wenn sich die Schäden in Grenzen halten, 7 Prozent haben keine Meinung dazu und nur 4 Prozent unterstützen den Bergbau ohne Vorbehalte.

"Wissenschaftler warnen. Sie sagen, dass wir mehr Zeit brauchen, um die Tiefsee besser zu verstehen", erklärt Rachel Walker-Konno von WeMove Europe im Interview mit Euronews. "Wir machen immer noch neue Entdeckungen – wie vergangene Woche. Es wurde herausgefunden, dass die polymetallischen Knollen – die Gesteine mit den Mineralien, die die Bergbauunternehmen abbauen wollen – tatsächlich Sauerstoff produzieren." Das habe unser Wissen darüber, wie Sauerstoff produziert wird, völlig verändert, so Walker-Konno. "Denn das passiert in der Tiefsee ohne Sonnenlicht."

Verbot oder vorläufige Aussetzung?

Unklar sind die Auswirkungen von Tiefseebergbau auf Ökosysteme, Fischpopulationen und die Fähigkeit des Ozeans, Kohlendioxid zu binden und zu speichern.

Bisher haben sich weltweit nur 31 Länder für ein Verbot oder ein Moratorium ausgesprochen, darunter zehn Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Frankreich ist dabei das einzige EU-Land, das ein Verbot fordert. Eine Aussetzung bis mehr Daten vorliegen befürworten Dänemark, Schweden, Finnland, Irland und Deutschland sowie Portugal, Spanien, Griechenland und Malta.

Vor zwei Jahren sprach sich die Europäische Kommission in einer "Gemeinsamen Mitteilung zur EU-Agenda für die internationale Meerespolitik" für ein Verbot aus, bis nachgewiesen ist, dass der Abbau sicher durchgeführt werden kann.

In dem Dokument wird argumentiert, dass Bergbau nur dann betrieben werden sollte, wenn "wissenschaftliche Lücken angemessen geschlossen sind" und die Gewissheit besteht, dass "keine schädlichen Auswirkungen auftreten" und dass "die Meeresumwelt wirksam geschützt wird".

Im vergangenen Jahr haben sich Dutzende von globalen Finanzinstituten, Fischerei-, und Technologie-Unternehmen sowie Automobilhersteller den Forderungen von Wissenschaftlern und indigenen Gruppen angeschlossen und einen Stopp des Tiefseebergbaus gefordert.

Könnten diese Metalle nützlich sein?

Die ISA hat seit den 1960er Jahren rund 30 Verträge über die Exploration von polymetallischen Knollen (PMN), polymetallischen Sulfiden (PMS) und kobaltreichen Ferromangankrusten (CFC) auf dem Meeresboden unterzeichnet. Diese Knollen enthalten Kupfer, Nickel, Eisen, Mangan, Kobalt und seltene Erden.

Ziel dieser Verträge ist die Erkundung des kommerziellen Potenzials dieser Ressourcen unter Beteiligung staatlicher und privater Stellen. Die Schürfgebiete liegen in der Clarion-Clipperton-Frakturzone, im zentralen Becken des Indischen Ozeans, im westlichen Pazifik, im südwestlichen und zentralen Indischen Rücken und im mittelatlantischen Rücken.

Mehrere EU-Länder sind daran beteiligt, es sind Deutschland, Frankreich, Belgien, Italien, Polen und die Tschechische Republik. Einige Regierungen sind bestrebt, neue Mineralienquellen zu erschließen, die z. B. für elektrische Batterien und Halbleiter verwendet werden. Aber Umweltschützer sagen, dass es sich möglicherweise nicht lohnt, diesen Weg zu wählen.

"Durch den Tiefseebergbau gewinnen wir hauptsächlich polymetallische Knollen, die Mangan, etwas Nickel, Kobalt und Kupfer enthalten. Viele dieser Mineralien werden in den heutigen sauberen Technologien [durch andere Stoffe] ersetzt. Und bestimmte Mineralien, die dringend benötigt werden, wie z. B. Lithium, kommen in diesen Knollen nicht vor", sagt Rachel Walker-Konno.

Kanada und Norwegen machen Fortschritte

Das kanadische Unternehmen TMC könnte will noch in diesem Jahr einen ersten Antrag für ein Tiefseebergbau-Projekt stellen und übernächstes Jahr mit dem kommerziellen Abbau von Rohstoffen beginnen – und zwar in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ), einem riesigen Gebiet zwischen Hawaii und Mexiko. Es bleibt abzuwarten, ob die Internationale Meeresbodenbehörde bis dahin eine Entscheidung über den zu schaffenden Rechtsrahmen getroffen hat.

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Ein bedeutender Aspekt für die Ausrichtung der ISA ist die Wahl des Generalsekretärs am Freitag. Der derzeitige stellvertretende Generalsekretär, der Brite Michael Lodge, tritt mit seiner sehr industriefreundlichen Position erneut an und setzt sich für eine rasche Verabschiedung der Vorschriften ein.

Letícia Carvalho, eine brasilianische Ozeanografin, tritt gegen Lodge an. Sie plädiert für größere Vorsichtsmaßnahmen und ist der Meinung, dass die Studien noch einige Jahre fortgesetzt werden sollten.

Das Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) erklärte 1982, dass der Meeresboden außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit "gemeinsames Erbe der Menschheit" ist und dass jede Nutzung der "globalen Entwicklung aller Länder" zugute kommen sollte.

Norwegen hat angekündigt, dass es in Kürze kommerzielle Aktivitäten in seinen Hoheitsgewässern aufnehmen will. In einer Abstimmung im nationalen Parlament am 9. Januar wurde grünes Licht für den Tiefseebergbau in einem 281.000 Quadratkilometer großen Gebiet um die arktische Inselgruppe Spitzbergen gegeben.

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