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Zerfetzte Leichen: Mehr als 100 Tote nach Luftangriff auf Schule in Gaza

Schulhof einer Schule nach einem israelischen Luftangriff in Gaza-Stadt. Standbild eines Videos, 10. August 2024.
Schulhof einer Schule nach einem israelischen Luftangriff in Gaza-Stadt. Standbild eines Videos, 10. August 2024. Copyright AP
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Von Christoph DebetsWafaa Shurafa, Samy Magdy (Associated Press)
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Bei einem israelischen Luftangriff auf die Tabeen-Schule in Gaza Stadt, die als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt wird, sind mehr als 100 Menschen getötet worden. Leichen sind bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt. Jordanien wirft Israel eine "eklatante Völkerrechtsverletzung" vor.

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Mehr als 100 Menschen sind bei einem israelischen Luftangriff in Gaza-Stadt getötet worden. Getroffen wurde eine Schule, die zu einer Notunterkunft umgebaut worden war.

Ein Reporter des arabischen Nachrichtensenders Al Dschasira berichtet, dass bislang 80 Leichen identifiziert werden konnten. 20 Tote konnten bislang nicht identifiziert werden. Dazu kämen 15 völlig zerfetzte Leichen, deren Identifikation unmöglich sei.

Es war einer der tödlichsten Angriffe im seit zehn Monaten andauernden Krieg zwischen Israel und der Hamas.

Das israelische Militär bestätigte den Angriff und erklärte, er habe ein Hamas-Kommandozentrum in der Schule getroffen. Die Hamas bestritt dies.

Beim Angriff auf die Tabeen-Schule im Zentrum von Gaza-Stadt wurden laut Gesundheitsministerium außerdem 47 Menschen verletzt. Die Einrichtung wurde, wie fast alle Schulen in Gaza, als Notunterkunft für Menschen genutzt, die durch den Krieg gezwungen waren, ihre Häuser zu verlassen.

Auf einem Video war zu sehen, dass im Erdgeschoss eines großen Gebäudes Wände weggesprengt worden waren. Betonbrocken und verbogenes Metall lagen auf dem blutgetränkten Boden, zusammen mit Kleidung, umgestürzten Möbeln und anderen Trümmern. Ein geschwärztes Auto mit herausgesprengten Fenstern war mit Trümmern bedeckt.

Fadel Naeem, Direktor des Al-Ahli-Krankenhauses in Gaza-Stadt, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press, dass die Einrichtung 70 Leichen der bei dem Angriff Getöteten und die Leichenteile von mindestens 10 weiteren Personen erhalten habe.

Der Angriff erfolgte ohne Vorwarnung am frühen Morgen vor Sonnenaufgang, als Menschen in einer Moschee in der Schule beteten, so Abu Anas, ein Augenzeuge, der bei der Rettung von Menschen mitwirkte.

„Es gab Menschen, die beteten, Menschen, die sich wuschen, und Menschen, die im Obergeschoss schliefen, darunter Kinder, Frauen und alte Menschen“, sagte er. „Die Rakete traf sie ohne Vorwarnung. Die erste Rakete und die zweite. Wir haben sie als Leichenteile geborgen.“

Drei Raketen durchschlugen die Schule und die Moschee, in der rund 6.000 Vertriebene Schutz vor dem Krieg suchten, sagte Mahmoud Bassal, ein Sprecher der Ersthelfer des Zivilschutzes.

Viele der Toten seien nicht wiederzuerkennen, sagte er und fügte hinzu, er rechne mit einem weiteren Anstieg der Todeszahlen. Viele der Opfer seien Frauen und Kinder gewesen, sagte er.

Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden bis zum 6. Juli 477 von 564 Schulen in Gaza direkt im Krieg getroffen oder beschädigt. Im Juni wurden bei einem israelischen Angriff auf eine Schule, die vertriebene Palästinenser im Zentrum von Gaza beherbergte, nach Angaben lokaler Gesundheitsbehörden mindestens 33 Menschen, darunter 12 Frauen und Kinder getötet.

Am Donnerstag traf das israelische Militär zwei Schulen, die Vertriebene im Osten von Gaza beherbergten. Dabei wurden nach Angaben von Krankenhausbeamten mindestens 15 Menschen getötet.

Israel hat die Hamas für die zivilen Todesopfer in Gaza verantwortlich gemacht und erklärt, die Gruppe gefährde Nichtkombattanten, indem sie Schulen und Wohngebiete als Basis für Operationen und Angriffe nutzen.

Nach Angaben des israelischen Geheimdienstes nutzten etwa 20 Kämpfer der Hamas und des Islamischen Dschihad, darunter hochrangige Kommandeure, das Schulgelände von Tabeen, um Angriffe auf israelische Streitkräfte zu planen. Dies teilte Oberstleutnant Nadav Shoshani, ein israelischer Militärsprecher, in einer Erklärung auf der Social-Media-Plattform X mit.

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Izzat al-Rishq, ein hochrangiger Hamas-Funktionär, bestritt, dass sich Kämpfer in der Schule befanden.

Oberstleutnant Shoshani stellte auch die vom palästinensischen Gesundheitsministerium veröffentlichten Opferzahlen in Frage.

Israel sagte, die angegriffene Schule habe sich neben einer Moschee befunden, die den Bewohnern von Gaza-Stadt als Unterschlupf diente.

Ein Kameramann der Nachrichtenagetur Associated Press berichtet jedoch, dass sich die Moschee und die Klassenzimmer in einem Gebäude befänden, mit der Gebetshalle im Erdgeschoss und der Schule darüber. Eine Rakete schien durch den Boden der Klassenzimmer in die darunter liegende Moschee eingedrungen zu sein und dann explodiert zu sein, so der Kameramann.

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Amerikanische, katarische und ägyptische Vermittler bemühen sich weiter, die beiden Parteien zu einem Waffenstillstandsabkommen zu bewegen, das dazu beitragen könnte, die wachsenden Spannungen in der Region nach der Ermordung des führenden Hamas-Politikers Ismail Haniyeh in Teheran und eines hochrangigen Hisbollah-Kommandanten in Beirut zu beruhigen.

Ägypten, das an Gaza grenzt und als wichtiger Vermittler fungiert, sagte, der Angriff auf die Schule zeige, dass Israel nicht die Absicht habe, einen Waffenstillstandsvertrag abzuschließen und den Krieg zu beenden.

Auch das benachbarte Jordanien verurteilte den Angriff und nannte ihn einen „eklatanten Verstoß“ gegen das Völkerrecht.

Israels Feldzug in Gaza hat nach Angaben des Gesundheitsministeriums der Enklave mehr als 39.600 Palästinenser getötet und mehr als 91.700 weitere verletzt. Der Krieg wurde durch den Angriff der Hamas am 7. Oktober ausgelöst, bei dem Militante aus Gaza in den Süden Israels eindrangen, rund 1.200 Menschen töteten und 250 weitere entführten.

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Mehr als 1,9 Millionen der 2,3 Millionen Menschen, die vor dem Krieg in Gaza lebten, wurden aus ihren Häusern vertrieben. Sie flohen wiederholt durch das Gebiet, um Angriffen zu entgehen. Die meisten von ihnen drängen sich jetzt in baufälligen Zeltlagern auf einem Gebiet von etwa 50 Quadratkilometern an der Küste des Gazastreifens.

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