Am Hamburger Bahnhof verletzte eine Frau mit einem Messer zuletzt 18 Menschen. Polizeigewerkschaften fordern verstärkte Videoüberwachung und mehr Personal.
Es kommt immer öfter zu Angriffen mit Messern in Deutschland. Polizeigewerkschaften fordern nun verstärkte Videoüberwachung, mehr Personal und zusätzliche Kontrollen.
Die Messerkriminalität hat in Deutschland in den letzten Jahren stark zugenommen. Die Polizeistatistiken zeigen seit 2023 einen Anstieg der Körperverletzungen mit Messern um fast 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Beschränkungen, wie die am Hamburger Bahnhof, wurden nach einer tödlichen Messerstecherei in Solingen im Jahr 2024 eingeführt, bei der drei Menschen getötet und weitere acht verletzt worden sind. Der mutmaßliche Täter, ein junger Mann aus Syrien, soll nur wenige Stunden vor dem Anschlag dem Islamischen Staat die Treue geschworen haben. Der Prozess beginnt heute in Düsseldorf.
Am Hamburger Bahnhof griff zuletzt eine 39-jährige Frau eine Gruppe von Menschen an, sie verletzte 18 Menschen bevor sir überwältigt werden konnte. Sie litt unter einer psychischen Erkrankung.
Der Angriff ereignete sich, obwohl für den Bahnhof seit Dezember 2024 ein Messerverbot gilt, das das Mitführen von Messern verbietet. Wer dagegen verstößt muss mit einer Geldstrafe von 10.000 Euro rechnen.
Polizeikräfte und Experten sagen nun, ein Messerverbot allein reicht nicht aus. Sie fordern zusätzliche Maßnahmen.
Ausweitung der KI-Videoüberwachung
Der Bundesvorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft DPoIG, Rainer Wendt, erklärte, dass "moderne Videotechnik" in Gebieten mit hoher Kriminalitätsrate eingesetzt werden müsse.
Außerdem bräuchten die deutschen Strafverfolgungsbehörden "deutlich mehr Polizeikräfte und eine Entlastung von anderen Aufgaben als dem Strafvollzug", um diese Technik einzusetzen, sagte Wendt gegenüber Euronews. Das Problem sei ein "Kapazitätsproblem", so Wendt.
Seine Äußerungen decken sich mit denen des GdP-Vorsitzenden Andreas Roßkopf, der sich nach dem Anschlag für die Aufstellung von Überwachungskameras mit Gesichtserkennungstechnologie an so genannten "Kriminalitätsbrennpunkten" aussprach.
Solche Kameras könnten "Verhaltensauffälligkeiten im Vorfeld erkennen", so Roßkopf gegenüber der heimischen Presse. In einem weiteren Interview forderte Roßkopf, dass die Polizei zur Bekämpfung der Messerkriminalität vermehrt anlasslose Kontrollen durchführen dürfe.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, nach dem jüngsten Vorfall werde die Sicherheit wieder in den Vordergrund rücken. "Die Videoüberwachung ist Teil des Konzepts. Wir testen bereits eine KI-basierte Videoüberwachung am Hansaplatz, die auffällige Bewegungsmuster erkennt", sagte Sprecher Daniel Schaefer.
Experten sind sich einig, dass Messerverbote allein nicht immer wirksam sind, wenn es um die Bekämpfung von Kriminalität geht - unter anderem, weil es schwierig ist, sie an Orten wie den Hamburger Bahnhöfen durchzusetzen, die täglich von Tausenden Menschen passiert werden.
Präventionsarbeit und die Rolle der Eltern
"Waffenverbotszonen sind meiner Meinung nach kein nachhaltiger Ansatz zur Verbrechensbekämpfung", so der Kriminologe Dirk Baier von der Universität Zürich gegenüber Euronews. "Sie basieren zu sehr auf der Kontrolle und Durchsuchung von Passanten."
Baier zufolge sind jedoch weder künstliche Intelligenz noch verstärkte Polizeibefugnisse die Lösung, um mehr Messerkriminalität zu verhindern.
"Messer können unauffällig in Hosen- oder Jackentaschen getragen werden, das kann KI nicht erkennen. Und Messerangreifer verhalten sich nur im Moment des Angriffs auffällig, nicht vorher", so Baier.
Präventionsarbeit in Schulen und Früherkennung seien effektiver, so Baier. "Oftmals haben Personen, die Messerstraftaten begehen, schon vorher ein aggressives Verhalten an den Tag gelegt. Die Gefahr, die von solchen Personen ausgeht, muss früher erkannt werden."
Laut Wendt von der DPoIG spielt auch die Familie eine wichtige Rolle bei der Prävention von gewalttätigen Messerangriffen.
"Für junge Menschen sind vor allem ihre Familien verantwortlich. Wenn die Erziehung lehrt, dass es in Ordnung ist, Messer zu tragen, werden Schulen, Spielplätze und alle anderen öffentlichen Räume zu gefährlichen Orten", sagte er.
"Die Verantwortung der Eltern muss stärker als bisher betont werden. Sie sind dafür verantwortlich, dass ihre Kinder unbewaffnet zur Schule gehen. Notfalls muss ihnen mit Sanktionen deutlich gemacht werden, dass dies keine Bagatelle ist", so Wendt abschließend.