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Die Linke bringt Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission ein

Die Ko-Vorsitzende der Linken, Manon Aubry, äußerte sich während der Debatte zur Lage der Europäischen Union am Mittwoch sehr kritisch
Die Ko-Vorsitzende der Linken, Manon Aubry, äußerte sich während der Debatte zur Lage der Europäischen Union am Mittwoch sehr kritisch Copyright  EbS
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Von Vincenzo Genovese
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Die Fraktion hat mit Hilfe einiger Grüner und fraktionsloser Abgeordneter genügend Unterschriften gesammelt. Von der Leyen muss sich nun im Oktober zwei Vertrauensabstimmungen stellen.

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Die Linksfraktion im Europäischen Parlament hat am Donnerstag einen eigenen Misstrauensantrag gegen die EU-Kommission eingebracht. Damit läuft er parallel zu einem Antrag, den die rechtspopulistische Fraktion Patrioten für Europa bereits am Mittwoch vorgelegt hatte.

Um das Verfahren einzuleiten, braucht es die Unterstützung von mindestens einem Zehntel der Abgeordneten – also 72 Unterschriften. Diese Zahl erreichte die Linksfraktion mit ihren 46 Mitgliedern sowie Abgeordneten der Grünen/EFA, vor allem aus Spanien und Italien, und von fraktionslosen Politikern, darunter Vertreter der deutschen Sahra Wagenknecht Allianz. Auch der irische Sozialdemokrat Aodhán Ó Ríordáin unterzeichnete den Antrag.

Der Misstrauensantrag zielt auf den Rücktritt der gesamten EU-Kommission ab. Die Hauptkritikpunkte: die Handelspolitik der Kommission und ihre Haltung zum Krieg in Gaza.

Die Linksfraktion hält das jüngste Handelsabkommen zwischen der EU und den USA für "schädlich, einseitig, nicht auf Gegenseitigkeit beruhend" und "ohne demokratisches Mandat abgeschlossen". Auch das geplante EU-Mercosur-Abkommen stößt bei der Linken auf scharfe Kritik.

"Es gibt in der EU-Kommission eine Tendenz, Dinge mit Gewalt durchzusetzen. Das Abkommen mit den USA macht die EU faktisch zum Vasallen von Donald Trump. Und das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur würde der europäischen Landwirtschaft den Todesstoß versetzen", sagte Manon Aubry, Ko-Vorsitzende der Linksfraktion, am Donnerstag zu Euronews.

Auch die Haltung der Kommission zum Gaza-Krieg wird von den 72 Abgeordneten scharf angegriffen. Sie werfen der EU "Untätigkeit" vor und fordern die sofortige Aussetzung des Assoziierungsabkommens mit Israel, Sanktionen sowie ein umfassendes Waffenembargo.

"Die EU verschließt die Augen vor einer der schlimmsten Katastrophen unseres Jahrhunderts – mit mehr als 60.000 Toten", so Aubry.

Der Misstrauensantrag kritisiert außerdem das Versäumnis der Kommission, die Klima- und die soziale Krise in Europa wirksam anzugehen. Angesichts all dieser Punkte fordern die Unterzeichner den Rücktritt von Ursula von der Leyen und ihres gesamten Kommissionsteams.

Kommission steht vor zwei Misstrauensabstimmungen

Nach den Regeln des Europäischen Parlaments muss jeder Misstrauensantrag zunächst vom Rechtsdienst geprüft werden. Sobald die Unterschriften bestätigt sind, ist Parlamentspräsidentin Roberta Metsola verpflichtet, die Abgeordneten umgehend zu informieren. Eine Plenardebatte über den Rücktrittsantrag darf frühestens 24 Stunden nach dieser Ankündigung stattfinden.

Die anschließende Abstimmung, die tatsächlich den Rücktritt der Europäischen Kommission herbeiführen könnte, muss mindestens 48 Stunden nach der Debatte angesetzt werden.

Da der Antrag der Linksfraktion nur wenige Stunden nach dem der rechtspopulitischen Fraktion Patrioten für Europa eingereicht wurde, wird das Parlament voraussichtlich Anfang Oktober über beide Anträge debattieren und abstimmen. Es wäre das erste Mal in der Geschichte des Parlaments, dass gleich zwei Misstrauensanträge gegen die Kommission innerhalb derselben Woche behandelt werden.

Interne Quellen des Parlaments teilten Euronews mit, dass zwar normalerweise nicht innerhalb von zwei Monaten erneut über einen Misstrauensantrag abgestimmt werden darf, es aber erlaubt ist, zwei separate Anträge gleichzeitig einzubringen.

Internen Quellen zufolge wurde die Angelegenheit am Donnerstag von der Konferenz der Präsidenten, einem Gremium, das alle Fraktionsvorsitzenden des Parlaments umfasst, erörtert.

Werden die Linken und Rechten die Anträge des jeweils anderen unterstützen?

Für einen Misstrauensantrag, der den Rücktritt der EU-Kommission erzwingen soll, ist eine qualifizierte Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich – also die Zustimmung einer Mehrheit aller Abgeordneten.

Diese hohe Hürde macht den Erfolg eines solchen Antrags sehr unwahrscheinlich. Schon im Juli lehnte das Europäische Parlament einen Misstrauensantrag konservativer Abgeordneter ab: 175 stimmten dafür, 360 dagegen, 18 enthielten sich.

Um die Kommission tatsächlich zu stürzen, bräuchte es eine breite Unterstützung – theoretisch müssten radikale Linke und Rechtsextreme zusammenarbeiten, um Aussicht auf Erfolg zu haben.

Die Ko-Vorsitzenden der Linksfraktion, Manon Aubry und Martin Schirdewan, betonten jedoch am Donnerstag auf einer Pressekonferenz, dass ihre Fraktion den Antrag der Patrioten für Europa nicht unterstützen werde, obwohl beide Seiten die Handelspolitik der Kommission kritisieren.

Der Vorsitzende der Patrioten für Europa, Jordan Bardella, schloss am Mittwoch bei einer Pressekonferenz im Straßburger Parlament nicht aus, für den Misstrauensantrag der Linksfraktion zu stimmen.

"Ich hasse Sektierertum", sagte er und fügte hinzu, dass seine Partei, das Rassemblement National, kein Problem damit habe, für Texte anderer politischer Richtungen zu stimmen, solange sie inhaltlich übereinstimmen.

Offen bleibt jedoch, ob die Rechten auch die Kritik der Linken an der Haltung der Kommission zu Israels Kriegsführung in Gaza unterstützen werden.

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