Erstmals übernehmen die "Patrioten für Europa" ein großes Dossier: handelt es sich um einen Fall der Brandmauer? Durch die Übernahme der legislativen Arbeit am neuen Klimaziel 2040 der Europäischen Kommission werden die Rechtspopulisten ihren Einfluss auf die Klimapolitik des Blocks erhöhen.
Die rechtspopulistische Gruppe "Patrioten für Europa" wird die Verhandlungen über das neue Klimaziel der EU leiten. Das bestätigten Europaabgeordnete und Parlamentsvertreter gegenüber Euronews. Wird diese Rolle das Ziel der Union, die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent zu reduzieren, zum Scheitern bringen?
"Die Patrioten erlangten das Dossier der Klimagesetzgebung", sagte Iratxe Garcia, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, während einer Pressekonferenz am Rande der Plenarsitzung in Straßburg gegenüber Reportern. "Sie haben den Berichterstatterrolle... Ich meine, die 'Patrioten' werden die Hauptverhandlungsführer sein."
Ehrgeizige Klimaziele: 90 Prozent weniger Emissionen bis 2040
Garcia bezog sich auf einen jüngsten Vorschlag der Kommission zur Änderung des EU-Klimagesetzes. Darin lautet das neue Ziel, die Netto-Treibhausgasemissionen der EU bis 2024 um 90 Prozent zu reduzieren. Nun müssen das Parlament und der Rat den Text diskutieren und annehmen.
Die Vergabe des Dossier zum Klimaziel 2040 im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit des Parlaments an die rechtspopulistischen "Patrioten für Europa", ist nach offiziellen Angaben das Ergebnis eines komplexen Systems der Zuteilung. Große Gruppen erhalten in diesem Sinne die Kontrolle über wichtige Dossiers.
Die "Patrioten für Europa" sind die drittgrößte Fraktion im Europäischen Parlament und haben elf vollwertige Mitglieder im ENVI-Ausschuss, darunter von Frankreichs "Rassemblement National" und Italiens Lega-Partei.
Patrioten für Europa: große Unzufriedenheit mit der Klimapolitik
Die Fraktion hat sich systematisch gegen die Klimapolitik der EU gestellt. So forderte der Vorsitzende des Rassemblement National, Jordan Bardella, vor einigen Monaten die sofortige Aussetzung des Green Deals der EU.
Berichterstatter haben letztendlich die Verantwortung, eine politische Linie zum Thema zu empfehlen. Die "Patrioten" werden dadurch immer mehr Einfluss auf die Klimapolitik der EU gewinnen.
Obwohl ein Berichterstatter die anderen Fraktionen nicht daran hindern wird, eine Einigung über den Text zu erzielen, könnte er oder sie die legislative Arbeit verlangsamen oder erschweren.
Der Vorschlag der Kommission zielt darauf ab, die "Entschlossenheit der EU zu bekräftigen, den Klimawandel zu bekämpfen", heißt es auf der Website der Kommission, und den Weg zur Klimaneutralität zu gestalten" - ein Ziel, das im Mittelpunkt des Green Deal der EU steht.
Bardella und Gál: Klage gegen sogenannte Brandmauer
Der Posten stellt einen Bruch des sogenannten Cordon sanitaire dar, vergleichbar mit der sogenannten Brandmauer im deutschen Bundestag. Die proeuropäischen Fraktionen der Mitte schließen sich zusammen, um dem rechten Rand Spitzenposten wie den Vorsitz oder den stellvertretenden Vorsitz in den Ausschüssen des Europäischen Parlaments zu verwehren.
Diese Praxis hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass Abgeordnete des französischen Rassemblement National, der Fidesz von Viktor Orbán und der Lega von Matteo Salvini von Machtpositionen im Parlament ausgeschlossen wurden.
Im vergangenen Oktober reichten Bardella und seine ungarische Kollegin Kinga Gál von den Patrioten beim Europäischen Gerichtshof eine Klage gegen den Ausschluss ihrer Fraktionen von Führungspositionen im Europäischen Parlament durch den sogenannten "Cordon sanitaire" ein.