Hundert Sprachen, null Räuspern: Mit dem „Weimatar“ tritt erstmals ein deutscher Staatsminister als KI-Avatar auf. Wolfram Weimer will damit die Kommunikation modernisieren und zugleich ein Signal im KI-Wettlauf setzen.
Nein, es handelt sich hier nicht um einen Deepfake: Den Staatsminister für Kultur und Medien, Wolfram Weimer, gibt es ab sofort auch in digitaler Form. Mit dem "Weimatar" hat er nun einen offiziellen KI-Klon - und Deutschland erstmals einen virtuellen Staatsminister.
Debüt mit Warnung
In einem Internetvideo hat Weimers Avatar sein Debüt gefeiert. Er gibt an, hundert Sprachen zu beherrschen. Räuspern müsse er sich dabei nie.
Die digitale Figur wirkt so täuschend echt, dass der dazugehörige Warnhinweis gleich mitgeliefert wird: Der "Weimatar" ist kein Deepfake, sondern offiziell. Auch die Pressestelle bestätigt, dass alles seine Ordnung hat.
Mit dem Projekt sollen laut Weimers Team neue digitale Kommunikationsräume eröffnet werden. Vor allem aber zeige man: "Deutschland mischt im Rennen um eine verantwortungsvolle KI-Zukunft ganz vorne mit".
Der digitale Weimer greift auch Themen auf, die den echten derzeit beschäftigen. So spricht er etwa über die destruktive Wirkung der chinesischen Videoplattform TikTok, die Ausladung der Münchner Philharmoniker mit ihrem israelischen Dirigenten Lahav Shani beim Festival in Gent, den Dialog mit Polen oder die Rolle des Europasenders Arte im Kampf gegen Desinformation.
Zu all diesen Themen liefert der "Weimatar" ein Statement. Das besondere: Er spricht dabei jeweils in der Sprache der Adressaten. Dabei demonstriert er direkt sein perfektes Mandarin, Flämisch, Polnisch und Französisch.
Künftig soll der neue KI-Staatsminister zweifach eingesetzt werden: Einerseits nach außen - etwa in sozialen Netzwerken, um schnell und mehrsprachig Stellung zu beziehen.
Andererseits nach innen - in der Behörde selbst, wo Avatare Schulungsvideos ohne großen Aufwand aktuell halten und verbreiten können. So wird der "Weimatar" zugleich zum Instrument politischer Kommunikation und zur praktischen Arbeitshilfe im eigenen Haus.
"Der Weimatar steht für eine faire KI, die Kreativität schützt und unsere demokratische Öffentlichkeit stärkt.", so das offizielle Statement des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Die Technik dafür hat die britische Firma Synthesia geliefert.
Weimer kritisiert KI-Funktionen von Google
Weimer sieht das Thema KI jedoch auch weiterhin kritisch. Am Vortag seines KI-Debüts warnte die Fleisch-und-Blut-Version des Kulturstaatsministers im Podcast bei n-tv vor den neuen KI-Funktionen von Google.
Die Plattform greife "so tief" in das Mediensystem ein, dass Medienvielfalt und Demokratie gefährdet seien. Google zeigt inzwischen KI-generierte Antworten vor den gewohnten Links. Weimer sprach von einem "Raubzug über die komplette Informationslandschaft dieses Erdballs" und forderte eine Zerschlagung des Konzerns.
Nicht der erste KI-Politiker
"Weimatar" ist nicht der erste KI-Politiker. In Albanien hat Premierminister Edi Rama kürzlich einen Chatbot namens Diella zur „Ministerin für öffentliche Aufträge“ ernannt. Künftig sollen sämtliche staatlichen Aufträge über die KI vergeben werden mit dem Ziel, Korruption einzudämmen. In der Ukraine testete das Außenministerium mit Viktoria Schi eine virtuelle Sprecherin.
Auch in der Popkultur sind KI-Doppelgänger bereits angekommen. So setzt beispielsweise die britische Sängerin FKA Twigs einen KI-Avatar ein, um direkt mit ihren Fans zu kommunizieren.
Sorge vor Schwächung von menschlicher Verantwortung
Die KI-Doppelgänger kommen nicht bei allen gut an. Kritiker sehen darin eine problematische Verschiebung: Jede Entscheidung, die an künstliche Intelligenz ausgelagert wird, schwächt menschliche Verantwortung und die Institutionen der Demokratie. Schon die Idee eines künstlichen Ebenbilds wirft grundlegende Fragen auf.