Bundesinnenminister Dobrindt und BKA-Präsident Münch haben heute die Bundeslagebilder zur organisierten Kriminalität und Drogenkriminalität für das vergangene Jahr präsentiert. Eine Entwarnung gibt es demnach nicht - aber dafür neue Methoden der Kriminellen.
Zwei Lagebilder sind beim aktuellen Bericht zur Statistik des Jahres 2024 des Bundeskriminalamts präsentiert worden: Rauschgiftkriminalität und Organisierte Kriminalität. In beiden Bereichen gibt es keine Entwarnung - Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) sprach von einer "hohen Alarmstufe".
Bereits 2023 war die Organisierte Kriminalität in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Sicherheitsbehörden warnten zudem vor einer besonders hohen Gewaltbereitschaft der Tätergruppen.
"Massives Drogenproblem in Deutschland"
Nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wurden 2024 in Deutschland mehr synthetische Drogen beschlagnahmt als im Vorjahr. Auch die Zahl der entsprechenden Ermittlungsverfahren sei gestiegen. Insgesamt beobachte man bei der Organisierten Kriminalität besorgniserregende Trends, mit einer leichten Zunahme der Ermittlungsverfahren im Vergleich zu 2023.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt wies auf eine "statistische Verzerrung durch Teillegalisierung von Cannabis" hin. Dadurch gehen statistisch gesehen die Rauschgiftdelikte zurück. In der Realität haben wir "nach wie vor eine sehr hohe Zahl an 2001 drogenbedingte Todesfällen", so Dobrindt. Steigende Zahlen sind demnach u.a. bei dem synthetischen Opioid Fentanyl auffällig.
Generell nimmt die Produktion von synthetischen Drogen europaweit zu - und harte Drogen sind auf dem Vormarsch.
Trotz der Teillegalisierung bilden Cannabisdelikte weiterhin mit 40 Prozent der größten Anteil - u.a. der illegale Anbau besteht weiterhin. Bei Kokain gab es einen Anstieg um 4,5 Prozent, diese Droge bildet den zweitgrößten Anteil aller Drogendelikte in Deutschland.
Dobrindt wies auf einen deutlichen Anstieg beim Handel mit Ecstasy, Crystal und Kokain im zweistelligen Prozentbereich hin und auf eine wachsende Zahl von Drogenlaboren, die sich europaweit ansiedeln.
"Drogensituation in Deutschland ist uns entglitten"
Der Bundesdrogenbeauftragte Hendrik Streeck (CDU) sprach von einer "anbahnenden Opioidkrise" - die Drogensituation in Deutschland sei entglitten.
Viele Opfer sterben an einem "Drogencocktail" - Quellen für die Drogen sei oftmals das Darknet. Zudem werden die Konsumenten jünger; der Anstieg der Drogentoten unter 30 Jahren um 14 Prozent sei ein deutliches Warnsignal.
Vor allem Kokain sei nicht mehr ein Randphänomen, sondern in weiten Teilen der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Notwendig sei hier ein Ausbau der Forschung: Wer sind die Zielgruppen und wo könnten Ansätze gefunden werden? Streeck erklärte, dass die verschärften Maßnahmen der USA gegen Drogenkartelle in Kolumbien und Venezuela die Lage in Europa nicht beruhigen würden. Vielmehr könnte dies zu einer Verlagerung der Aktivitäten führen.
Kriminelle Netzwerke reagierten erfahrungsgemäß mit neuen Transitwegen, Ersatzstoffen und digitalen Vertriebswegen, was Verlagerungen nach Deutschland auf See, Land und im Netz zur Folge haben könne.
Streeck plädiert für die Einführung eines Drogen-Frühwarnsystems, das neue Substanzen in Echtzeit an Rettungsdienste, Polizei, Kommunen und Suchthilfe meldet.
Organisierte Kriminalität benutzt Kinder für die Ausführung
Für das BKA ist das Bedrohungspotenzial generell weiterhin "konstant hoch". Immer häufiger agieren kriminelle Gruppen demnach wie Dienstleister, zum Beispiel im Bereich der Geldwäsche.
Nach Aussage von Dobrindt ist die organisierte Kriminalität eine der größten Bedrohungen für den Rechtsstaat - sie sorgt in Deutschland für Milliardenschäden. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit fast 650 Ermittlungsverfahren in dem Bereich geführt. Das Hauptbetätigungsfeld der kriminellen Vereinigungen ist - der Rauschgifthandel.
BKA-Chef Holger Münch machte auf einen neuen "Trend" aufmerksam: Jugendliche und sogar Kinder werden angeworben, um Straf- und Gewalttaten zu begehen.
Dies geschehe auch in anderen europäischen Ländern bereits in einem erhöhten Ausmaß. Das BKA arbeitet mit Europol zusammen, um dieses Phänomen einzudämmen.
Im vergangenen Jahr wurden 647 Ermittlungsverfahren eingeleitet – fünf mehr als im Vorjahr. Damit liegt die Zahl auf dem zweithöchsten Niveau der letzten zehn Jahre. Die Schadenssumme blieb mit 2,64 Milliarden Euro weiterhin hoch, lag jedoch leicht unter dem Wert von 2023.