Im schicken Kaufhaus Bazar de l'Hôtel de Ville (BHV) in Paris hat der chinesische Online-Konzern Shein sein weltweit erstes Geschäft aufgemacht. Dabei geht Frankreichs Regierung gegen das Unternehmen vor, weil es kinderpornografische Puppen verkauft hat.
Die Stadt Paris und mehrere Gewerkschaften hatten protestiert, die französische Justiz hat Ermittlungen eingeleitet und mehr als 120.000 Menschen haben eine Online-Petition gegen Shein unterschrieben. Doch all dies hat den chinesischen Online-Fast-Fashion-Giganten nicht davon abgehalten, im Kaufhaus Bazar de l'Hôtel de Ville (BHV) in Paris sein weltweit erstes "physisches" Geschäft aufzumachen.
Etwa 500 Personen standen Schlange in der Rue de Rivoli gegenüber vom Pariser Rathaus, um die ersten zu sein, die im Shein-Corner im BHV einkaufen. Die meisten Kundinnen und Kunden sagten, sie wollten von den günstigen Preisen profitieren - trotz der Polemik.
Der Aufschrei gegen den Shein-Shop im BHV folgt auf den Verkauf von kinderpornografischen Puppen auf der Website des Unternehmens. Die französische Staatsanwaltschaft ermittelt, und auch Premierminister Sébastien Lecornu hat Schritte gegen Shein angekündigt.
Der französische Wirtschaftsminister Roland Lescure forderte im Fernsehsender LCI, eine Reaktion auf europäischer Ebene. "Das ist ein Thema, das ganz Europa betrifft, es gibt eine bewusste Strategie der kommerziellen Invasion eines Marktes, der sich schützen muss“, erklärte Lescure. Shein habe "Grenzen überschritten" - durch den Verkauf von kinderpornografischen Puppen und Waffen der Kategorie A, also tödlichen Waffen.
Bald weitere Shein-Shops in Frankreich?
Die Société des Grands Magasins (SGM), die den BHV betreibt, erklärte, dass die Eröffnung des ersten Shein-Geschäfts mit einer Fläche von über 1.000 m² der erste Schritt zu einer größeren Niederlassung von Shein in Frankreich sei.
Weitere Verkaufsräume sollen in Kürze in den Galeries Lafayette in Dijon, Reims, Grenoble, Angers und Limoges eröffnet werden, die sich ebenfalls im Besitz der SGM befinden.
Die Gruppe Galeries Lafayette weigerte sich, ihren Namen mit dem chinesischen Modegiganten in Verbindung zu bringen und kündigte am Dienstag das Ende ihrer Partnerschaft mit der SGM für sieben Einkaufskomplexe in Frankreich an.
Die Leitung der Galeries Lafayette hatte zuvor ihren heftigen Widerstand gegen die "Positionierung" und die "Praktiken" von Shein zum Ausdruck gebracht, die ihrer Ansicht nach "im Widerspruch zu [ihrem] Angebot und [ihren] Werten" stehen.
Das in Singapur ansässige Unternehmen Shein steht vor allem wegen der Arbeitsbedingungen, die es seinen Angestellten auferlegt, sowie wegen des großen CO2-Fußabdrucks seiner Produktionsstätten in der Kritik.
"Ich bin dagegen": Agnès b. zieht ihren Stand im BHV zurück
Ein Dutzend Marken haben beschlossen, den BHV zu verlassen, um gegen das Shein-Geschäfts zu protestieren. Darunter auch die berühmte Modedesignerin Agnès b. - mit bürgerlichem Namen Agnès Troublé.
"Ich bin gegen diese Fast-Fashion, die schlimmer ist als alles andere. Arbeitsplätze sind bedroht", so Agnès B. "Ich selbst mag Kleidung von guter Qualität und aus guten Materialien. Das ist das Gegenteil von Shein".
"Das Haus agnès b. bedauert, seinen Abschied vom BHV bekannt geben zu müssen. Die Schließung der Verkaufsstelle wird in den nächsten Wochen erfolgen. Getreu ihren Werten und ihrem Engagement für ehrliche und nachhaltige Mode, die die Menschen und den Planeten respektiert, bedauert agnès b. die Einführung der Marke SHEIN innerhalb eines französischen Vertriebsnetzes", heißt es in der Erklärung der Marke.
Shein soll Verkauf von kinderpornografischen Puppen erklären
Die Geschäftsführung von Shein ist am 18. November von einer parlamentarischen Kommission vorgeladen, nachdem über den Verkauf von Sexpuppen mit dem Aussehen junger Mädchen auf der Online-Verkaufsplattform des Unternehmens berichtet worden war.
Der Abgeordnete des Departements Loire und stellvertretende Vorsitzende der Republikaner, Antoine Vermorel-Marques, fordert die Geschäftsführer insbesondere auf, die "Gewinne, die sie mit diesen kinderpornografischen Puppen gemacht haben", zu erklären.
Der konservative Politiker fordert auch die Herausgabe der Liste aller Kunden, die diese Puppen gekauft haben, um diese an die Justiz weiterzuleiten.
"Weil es sich um eine Online-Plattform handelt, weil sie sich hinter dem Begriff des Marktplatzes versteckt und sagt: "Ich bin nicht verantwortlich für das, was ich verkaufe, aber ich mache trotzdem Gewinne mit dem, was ich verkaufe", wird die Plattform nicht geschlossen", bedauert Vermorel-Marques.
Die Pariser Staatsanwaltschaft gab zudem bekannt, dass sie "vier Meldungen der Generaldirektion für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung (DGCCRF) erhalten hat, die die Websites Shein, AliExpress, Temu und Wish betreffen".
Die Behörde beanstandet insbesondere die "Zugänglichkeit von sexuellen Inhalten durch Minderjährige sowie das Anbieten von Sexualobjekten, die das Aussehen von Kindern haben und somit kinderpornografisch sind".