Der Durchbruch der Koalitionsregierung am Montag erfolgte nach einem 20-stündigen Verhandlungsmarathon. Der bis einschließlich Mittwoch geplante Streik geht aber weiter.
Belgiens Regierung hat sich nach monatelangen schwierigen Verhandlungen auf einen mehrjährigen Haushaltsplan geeinigt.
Mit der am Montag erzielten Einigung konnte jedoch der landesweite Streik, der am Sonntagabend begonnen hatte, nicht gestoppt werden.
Die Fünf-Parteien-Koalition einigte sich nach 20-stündigen Gesprächen auf einen Haushaltsplan. So konnte Ministerpräsident Bart de Wever sein Versprechen einlösen, das Budget vor Weihnachten im Kabinett zu beschließen.
"Heute die Arbeit, morgen die Früchte", schrieb de Wever auf X. "Nur so können wir den Fortbestand unseres Sozialstaates sichern. Dank dieser Vereinbarung und der gesamten Reformen sinken die Schulden in dieser Legislaturperiode bereits um 32 Milliarden Euro. Langfristig sind die Auswirkungen noch beeindruckender. Vielen Dank an alle Koalitionspartner für ihre fleißige, mutige und unverzichtbare Arbeit in der letzten Zeit."
Steuererhöhungen auf bestimmte Produkte und Dienstleistungen sowie Kürzungen bei den Staatsausgaben sollen das Haushaltsdefizit bis 2029 um 9,2 Milliarden Euro senken.
Belgiens Haushaltsdefizit lag Ende 2024 bei 4,5 Prozent, die Staatsverschuldung überstieg 100 Prozent des BIP.
Dies verstößt gegen die EU-Vorschriften, wonach die Mitgliedstaaten ihr Haushaltsdefizit auf unter 3 Prozent und den Schuldenstand auf unter 60 Prozent des BIP beschränken müssen.
Wie sieht der Haushaltsplan aus?
Einer der umstrittensten Punkte war eine mögliche Mehrwertsteuererhöhung, auf die sich die Parteien nicht einigen konnten.
Der endgültige Plan sieht keine allgemein höhere Mehrwertsteuer vor, allerdings wird sie für bestimmte Produkte und Dienstleistungen heraufgestetzt, unter anderem Übernachtungen in Hotels, Essen zum Mitnehmen und Kinokarten teurer werden.
Flugtickets werden ebenfalls höher besteuert, für Online-Einkäufe bei Nicht-EU-Einzelhändlern wie Shein und Temu soll eine Paketsteuer gelten, und es wird eine neue Steuer für Banken eingeführt.
Wie der flämische öffentlich-rechtliche Rundfunk VRT berichtet, werden die Verbrauchssteuern auf Erdgas steigen, während Strom billiger wird.
Ein weiterer wichtiger Knackpunkt war die Indexierung, bei der die Löhne entsprechend der Inflation steigen.
Nach Angaben der Presseagentur Belga sollen die meisten Beschäftigten weiterhin die volle Lohnindexierung erhalten, doch für diejenigen, die mehr als 4.000 Euro im Monat vor Steuern verdienen, soll die Anpassung an die Inflation gekappt werden.
"Man hat auf uns gehört", sagte der Vorsitzende der liberalen Partei "Mouvement réformateur" (MR), Georges-Louis Bouchez. Seine Mitte-Rechts-Partei war die führende Stimme gegen die Mehrwertsteuererhöhung und hatte sich für die Beibehaltung der Anpassung der Löhne an die Inflation eingesetzt.
In den belgischen Medien hatte Bouchez den Streik kritisiert. Dieser sei schädlich für das ganze Land.
Der Haushaltsplan sieht zudem vor, dass Patienten bei Arztbesuchen künftig mehr aus eigener Tasche zahlen müssen. Außerdem will die Regierung 100.000 Langzeitkranke wieder in den Arbeitsmarkt integrieren.
Wann genau diese Maßnahmen umgesetzt werden sollen, ist derzeit noch nicht bekannt.
Die Reaktionen auf den Haushaltsplan fielen laut The Brussels Times unterschiedlich aus. Die Gewerkschaft ABVV kritisierte die Einigung mit den Worten, dass sie "die Last denjenigen aufbürdet, die arbeiten und krank sind, während große Vermögen wieder einmal ungeschoren davonkommen".
Dreitägiger landesweiter Streik
Zuletzt hatte es mehrere Streiks gegeben - auch um auf den fehlenden Haushalt aufmerksam zu machen.
Der derzeitige dreitägige Streik, der von den drei größten Gewerkschaften des Landes organisiert wird, war als Reaktion auf die von der Regierung vorgeschlagenen Renten- und Arbeitsmarktreformen geplant worden und wird trotz der Haushaltsvereinbarung fortgesetzt.
Zahlreiche Züge, Busse, U-Bahnen und Straßenbahnen fallen seit Sonntagabend aus.
Am Dienstag sollten auch Schulen und bestimmte öffentliche Dienste bestreikt werden.
Der Höhepunkt des Streiks wurde für diesen Mittwoch erwartet, da die Gewerkschaften ganz Belgien lahmlegen wollen. Sowohl am Flughafen Brüssel-Zaventem als auch am Flughafen Charleroi werden Flugausfälle und Verspätungen erwartet.