Die einflussreiche Lobby der Familienunternehmen hatte AfD-Abgeordnete zu einem Empfang eingeladen. Nun spricht Präsidentin Ostermann von einem "Fehler". Es sei des Gegenteil von dem passiert, was die Familienunternehmer wollten.
Deutschlands einflussreicher Verband der Familienunternehmen vollzieht eine Kehrtwende. Die Firmengruppe bereut die Entscheidung, Mitglieder der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) zu einem seiner wichtigsten politischen Termine einzuladen.
Die Familienunternehmer erklärten am Sonntag, der Schritt sei ein Fehler gewesen. Zuvor hagelte es Kritik aus den eigenen Reihen, mehrere Unternehmen zogen sich zurück.
"Das Gegenteil von dem, was wir wollten"
"Es ist das Gegenteil von dem passiert, was wir wollten.“, erklärte Präsidentin Marie-Christine Ostermann nach einer internen Ausschusssitzung. "Leider ist öffentlich – auch durch Äußerungen der AfD – der falsche Eindruck entstanden, dass wir die Partei stärken wollten. Das Gegenteil ist richtig: Wir distanzieren uns von Extremisten und lassen uns von ihnen nicht vereinnahmen."
Noch in der vergangenen Woche hatte der Verband argumentiert, direkte Gespräche mit der AfD ermöglichten Unternehmerinnen und Unternehmern, die Partei mit deren aus Sicht der Wirtschaft fehlerhaften, marktschädlichen Positionen zu konfrontieren.
Dazu sagte Geschäftsführer Albrecht von der Hagen: "Die Brandmauer gegen die AfD hat nichts bewirkt ...,. wir verabschieden uns von Brandmauern."
Gemeint ist das Versprechen von Parteien, Unternehmen und anderen gesellschaftlichen Akteuren, die AfD wegen verfassungsfeindlicher und hetzerischer Aktivitäten auszuschließen.
Für viele Kritiker markierte schon die Einladung von AfD-Abgeordneten zu einem hochrangigen Wirtschaftstreffen eine rote Linie, die etablierte Institutionen bislang aufrecht erhalten wollten.
Mehrere große Mittelständler kappten die Verbindung zum Verband und warfen ihm vor, einer Partei Legitimität zu verleihen, die sie als Gefahr für demokratische Normen und Deutschlands wirtschaftliche Zukunft sehen. Die Unternehmen Rossmann, Vorwerk und Fritz-Kola traten aus dem Zusammenschluss aus.
Der Begriff Mittelstand bezeichnet nicht nur eine Größe des Unternehmens, sondern steht für Firmen, die eine typisch deutsche, stabile Geschäftskultur verkörpern.
Der Familienunternehmer
Die Familienunternehmer sind eine Lobbygruppe und vertreten über 6.000 Unternehmen. Sie verbinden die Förderung klassischer wirtschaftspolitischer Positionen mit Engagement für gesellschaftliche Themen und heikle politische Fragen.
Dazu zählen Kampagnen gegen Tarifverträge, gegen klimafreundliche Unternehmenspolitik und für eine großzügige Ausgestaltung der Erbschaftsteuer.
Bekannte Mitglieder sind unter anderem BMW, Volkswagen, Aldi und die Robert Bosch GmbH.
In einer weiteren Erklärung auf ihrer Internetseite präzisierte der Verband seine generelle Einschätzung der AfD.
"Unsere Meinung zur AfD hat sich nicht geändert: Wir halten sie für regierungsunfähig, nicht nur wegen ihrer innerlich widersprüchlichen und weitgehend fehlerhaften Wirtschafts- und Sozialpolitik, sondern auch wegen ihres Gesellschaftsbildes, das wir kategorisch ablehnen“, heißt es dort.
In den kommenden Wochen will der Verband seine Mitglieder dazu befragen, wie er dem Aufstieg der AfD begegnen kann, ohne ihr eine Bühne zu bieten.
Politikerinnen und Politiker von CDU, SPD und den Grünen begrüßten den Schritt in mehreren Stellungnahmen gegenüber deutschen Medien.
Anfang dieses Jahres wollte das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD auf Grundlage von Informationen aus inländischen Nachrichtendiensten als erwiesen rechtsextreme Organisation einstufen, aber die Partei hat dagegen geklagt. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung gilt die gesamte AfD als "Verdachtsfall". Die Landesverfassungsgerichte von Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen stufen die AfD-Landesparteien als gesichert rechtsextrem ein.
Sobald eine Gruppe als extremistisch gilt, können staatliche Stellen und private Akteure sie als mögliches Sicherheitsrisiko betrachten. Damit verbunden sind Überwachungsbefugnisse und wie Banken und Unternehmen mit einer Partei umgehen.