Spioniert die AfD für Putin die Bundeswehr und die kritische Infrastruktur aus? Dutzende Kleine Anfragen zu Drohnen, Cybersicherheit und dem Zustand der Bundeswehr hat die AfD gestellt. Was steckt wirklich hinter den Vorwürfen?
Wie nah am Kreml ist zu nah? Diese Frage stellten sich gestern im Bundestag die Abgeordneten angesichts der AfD. Auf Ansuchen von CDU/CSU und SPD fand im Parlament eine Aktuelle Stunde zu den Russland-Beziehungen der AfD statt. Sie werfen der Partei Spionage vor.
Hintergrund sind zahlreiche Anfragen der Partei an die Bundesregierung zur Bundeswehr sowie zur kritischen Infrastruktur. 47-mal habe die AfD-Fraktion innerhalb eines Jahres Anfragen dazu gestellt, so der CDU-Abgeordnete Marc Henrichmann. Er ist Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium, das auch die Geheimdienste beaufsichtigt.
Weiter lastete Henrichmann der AfD-Fraktion „eine russlandtreue Schläferzelle“ in ihren Reihen an. Die AfD würde sich „am Halsband vom Kreml durch die Manege führen lassen“, führte Henrichmann in seiner Rede weiter aus.
Auch der Koalitionspartner teilt hart aus. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede bezeichnete die AfD als "Handlanger russischer Interessen“. Die Nähe zum Kreml zeige sich in Reden sowie wiederholten Reisen nach Russland. Weiter kritisierte sie, wie Henrichmann, die wiederholten Anfragen der AfD. Auf X stellte Ex-Gesundheitsminister Karl Lauterbach "Landesverrat" in den Raum, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten.
Verschlusssache
Wie sensibel die über Kleine Anfragen erlangten Informationen sein können, zeigt sich am Beispiel einer AfD-Anfrage vom 6. Juni 2025. Mehr als 50 Fragen stellte die Fraktion, darunter, wie die Bundesregierung die Ausstattung der Bundeswehr mit Drohnen bewertet und wie viele der Drohnen "tatsächlich einsatzfähig" sind. Interessant fanden die AfD-Abgeordneten auch die Frage, welche Strategien die Bundeswehr zur "Abwehr feindlicher Drohnen" verfolgt.
In ihrer Antwort verweist die Bundesregierung mehrmals auf "VS – Nur für den Dienstgebrauch", die Informationen sind Verschlusssache.
Bei mehr als zehn Fragen verweigert die Bundesregierung gänzlich eine Antwort. Sie "birgt die Gefahr, dass Einzelheiten über schutzwürdige Interessen unseres Staates sowie die künftige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Bundeswehr bekannt würden." Wenn die Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, könnten sie dem Staat sowie der Bundeswehr schaden.
Fraktionen und Parteien haben ein Recht, parlamentarische Anfragen zu stellen. So können sie schriftlich Auskunft über bestimmte Themen von der Bundesregierung verlangen.
Putins langer Arm nach Deutschland?
"Schon seit geraumer Zeit beobachten wir mit zunehmender Sorge, dass die AfD das parlamentarische Fragerecht dazu missbraucht, gezielt unsere kritische Infrastruktur auszuforschen", mahnte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) schon vor mehreren Wochen gegenüber dem Handelsblatt.
Die Sorge steht im Raum, Putin könnte von den Informationen profitieren. Vermehrt sind seine Drohnen und Kampfjets in den vergangenen Wochen in den deutschen Luftraum eingedrungen. Mehrmals legten Drohnen deutsche Flughäfen lahm, vermutlich teils durch russische Wegwerf-Agenten.
Die AfD will von den Vorwürfen im Bundestag nichts wissen. Fraktionsvize Markus Frohnmaier bezeichnete die Aktuelle Stunde als "peinliches Wahlmanöver". Würde von der Partei tatsächlich ein Sicherheitsrisiko ausgehen, hätten die "regierungskontrollierten Sicherheitsorgane“ Beweise dafür. Außerdem "hätten Sie uns (...) schon lange eingekerkert", so der Abgeordnete.
Russland-Reisen
Frohnmaier gilt selbst als Russland-nah. So hatte er kürzlich angekündigt, im Frühjahr nach Russland reisen zu wollen. Ein Plan, der sich nach reichlich Kritik wieder in Luft aufgelöst hat. Gegenüber der Schwäbischen Zeitung sagte er später: „Im Moment gibt es keine konkreten Reiseplanungen“.
Konkreter sind wohl aber die russischen Reisepläne anderer Parteimitglieder. Wie die ARD berichtet, reisen die AfD-Abgeordneten Steffen Kotré und Rainer Rothfuß am 13. November für mehrere Tage ins russische Sotschi. Dort wollen sie das "Internationale Symposium im Format BRICS-Europa" besuchen. Rothfuß plant dabei sogar, einen Vortrag zu halten. Immer wieder kritisiert er auf X die Russland-Politik von Bundesregierung und EU, bezeichnet sie als "Anti-Russland-Kriegspropaganda".
Erst vor wenigen Monaten wurde ein Ex-Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah wegen Spionage für China zu fast fünf Jahren Haft verurteilt. Gegen Krah ermitteln derzeit die Behörden, weil er mutmaßlich chinesisches Bestechungsgeld erhalten haben soll. Seine Immunität wurde durch den Bundestag aufgehoben.
Ähnlich handfeste Fälle in Bezug auf Russland sind nicht bekannt.