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Großer Fußballfan? Bei Spielen des Lieblingsteams geht das Gehirn auf Hochtouren, zeigt Studie

Chilenische Fans reagieren vor dem Fußball-WM-Spiel der Gruppe B. 2014 trifft Chile in der Arena Pantanal in Cuiabá, Brasilien, auf Australien.
Chilenische Fans feiern vor dem Spiel der Fußball-WM 2014 in Gruppe B. Chile trifft in der Arena Pantanal in Cuiabá, Brasilien, auf Australien. Copyright  AP Photo
Copyright AP Photo
Von Anca Ulea
Zuerst veröffentlicht am
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Forschende haben die Gehirne von Fußballfans gescannt. Ziel: Was passiert, wenn das Lieblingsteam gewinnt oder verliert? Das sind ihre Ergebnisse.

Haben Sie schon einmal erlebt, wie ein Fußballfan völlig ausrastet, wenn sein Team ein großes Spiel gewinnt oder verliert?

Viele sagen, sie könnten das nicht steuern. Die Liebe zum schönen Spiel übernimmt, und plötzlich handeln sie irrational.

Klingt abwegig: Erwachsene, die ein Sport bis zur Raserei treibt. Doch eine neue neurologische Studie gibt ihnen teilweise Recht.

Die am Dienstag im Fachjournal Radiology veröffentlichte Studie zeigt: Wenn Fans ihre Mannschaft spielen sehen, aktivieren sich klar abgegrenzte Hirnareale. Sie lösen positive wie negative Gefühle und Verhaltensweisen aus.

Forschende chilenischer Universitäten untersuchten sechzig männliche Fußballfans in Chile mit funktioneller MRT – einem Verfahren, das Hirnaktivität über Veränderungen des Blutflusses misst.

Sie ordneten die Probanden als Zuschauer, Fans oder Fanatiker ein – je nach Stärke ihrer Leidenschaft. Dann analysierten sie die Hirnaktivität, während die Männer Torsequenzen sahen: von Spielen mit ihrem Lieblingsteam, einem Rivalen oder einem neutralen Team.

Den Fanatismus erfassten sie mit der Football Supporters Fanaticism Scale. Sie basiert auf dreizehn Items, darunter „Neigung zu Gewalt“ und „Gefühl der Zugehörigkeit“.

Als „fanatisch“ galten Menschen mit „extremer Identifikation“ mit ihrem Team. Der Erfolg der Mannschaft prägt dann spürbar die eigene Identität.

Siegen wirkt wie eine Droge, Niederlagen dämpfen die Selbstkontrolle

Die fMRT-Aufnahmen zeigen: Erzielt das Lieblingsteam ein Tor gegen den Rivalen, springen Regionen des Belohnungssystems an – normalerweise verknüpft mit Essen, Sex und Suchtmitteln.

Wenn die eigene Mannschaft eine deutliche Niederlage gegen den Rivalen kassiert, aktiviert sich das Mentalising-Netzwerk des Gehirns. Es ist an der Wahrnehmung beteiligt. Gleichzeitig sinkt die Aktivität im dorsalen anterioren cingulären Kortex (dACC), der Konflikte überwacht und Emotionen kontrolliert.

„Rivalität konfiguriert das Gleichgewicht zwischen Bewertung und Kontrolle innerhalb von Sekunden neu“, sagt Studienleiter Francisco Zamorano, Associate Professor an der Universidad San Sebastián in Santiago de Chile.

Heißt: Wenn das eigene Team gegen einen Rivalen trifft, fährt das Belohnungssystem stärker hoch als bei gleicher Szene gegen ein neutrales Team.

Der Effekt ist bei stark fanatischen Menschen am ausgeprägtesten, so Zamorano. Wird ihre Identität bedroht, fällt es ihnen schwerer, Emotionen zu regulieren. Das erklärt, warum sonst vernünftige Menschen während Spielen völlig anders wirken.

Die Mechanismen beschränken sich nicht auf Fußball, betonen die Forschenden. Sie zeigen sich auch bei anderem Fanatismus – von Religion bis Politik.

Zamorano verweist auf den Angriff auf das US-Kapitol am sechsten Januar 2021. Er zeige, wie politischer Fanatismus demokratische Normen überlagern kann, wenn eine Gruppe mit geteilter Identität groß genug wird.

„Die Beteiligten zeigten klassische Anzeichen einer beeinträchtigten kognitiven Kontrolle – exakt das, was wir in der verringerten dACC-Aktivierung gefunden haben“, sagt Zamorano.

Die gute Nachricht: Viele neuronale Schaltkreise entstehen früh im Leben. Das eröffnet Möglichkeiten, solche Reaktionen so zu beeinflussen, dass sie im Erwachsenenalter keinen irreversiblen Schaden anrichten.

„Betreuungsqualität, Stressbelastung und soziales Lernen formen das Gleichgewicht zwischen Bewertung und Kontrolle. Später macht das Menschen anfällig für fanatische Appelle“, sagt Zamorano.

„Deshalb ist der Schutz der Kindheit die wirksamste Präventionsstrategie.“

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