Öko-Eisenbahn: Wie elektrische Züge den Verkehr in Europa revolutionieren

Der Masaccio-Zug in der Fabrik in Pistoia
Der Masaccio-Zug in der Fabrik in Pistoia Copyright Hannah Brown / Euronews Green
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Von Hannah Brown
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Dieser Artikel wurde im Original veröffentlicht auf Englisch

Das Eisenbahnnetz in Europa läuft längst nicht nur mit Strom. Allein in Italien sind rund 4.000 km Strecke nicht elektrifiziert. In der Zugfabrik von Hitachi in Pistoia will man dem entgegenwirken.

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Die Entscheidung, öffentliche Verkehrsmittel und weniger Privatfahrzeuge als Verkehrsmittel zu wählen, ist ein großer Schritt hin zu weniger CO2-Emissionen und zu verbesserter Luftqualität.

Aber selbst wenn 1.000 Menschen, die mit dem Zug statt mit dem Auto fahren, besser für die Umwelt sind, ist ein Dieselmotor niemals gut für den Planeten - egal, was er antreibt.

Doch die jüngsten Investitionen in die Infrastruktur könnten Sie zum Nachdenken bringen. Denn eigentlich sind unsere Eisenbahnen doch elektrifiziert, nehmen wir an. So dass wir keine Dieselzüge mehr benötigen.

Tatsächlich sind aber bisher nur etwa 60 Prozent der europäischen Strecken modernisiert worden. "In Italien zum Beispiel liegt dieser Wert bei etwa 70 Prozent, in einigen Gebieten wie Deutschland und Frankreich sind wir bei etwa 50 Prozent", erklärt Luca D'Aquila, Direktor von Hitachi Rail Italy. "Aber es gibt noch viel zu tun in Großbritannien, wo der Anteil der Elektrifizierung bei 38 Prozent liegt."

Allein in Italien sind das rund 4.000 km nicht elektrifizierte Strecke. Die Umrüstung aller Eisenbahnstrecken in Europa könnte Jahrzehnte dauern, und die Kosten wären enorm. Bei einigen kleinen Regionalstrecken ist es unwahrscheinlich, dass diese Art von Investition jemals getätigt wird.

Um mit der begrenzten europäischen Infrastruktur die Emissionen zu reduzieren, hat Hitachi Rail den Masaccio-Drei-Brücken-Zug entwickelt. Euronews Green besuchte das Werk in Pistoia, Italien, um mehr zu erfahren.

Was ist ein Dreibrückenzug?

Der Masaccio von Hitachi ist ein Personenzug, der gerade in Italien in Betrieb genommen wurde. Es ist die Art von Zug, mit der viele Menschen täglich in die Städte pendeln.

Er kann auf drei Arten angetrieben werden: über elektrische Oberleitungen, über einen Diesel-Hybridmotor oder über eine Batterie.

Die revolutionäre Batterie kann aufgeladen werden, während der Zug mit Strom aus der Oberleitung fährt. Sie kann auch die Bremsenergie beim Anhalten des Zuges nutzen, um sie aufzuladen.

"Die gesamte Energie beim Bremsen wird normalerweise in den Bremswiderständen vergeudet, also in Wärme umgewandelt", das sei eine Verschwendung, sagt Marco Sacchi, Leiter der Mainline Design Organization gegenüber Euronews Green. "Bei diesem Zug können wir die Wärme in die Batterie übertragen und sie später zum Beschleunigen des Zuges wiederverwenden."

Hannah Brown / Euronews Green
Das Innere eines Hitachi Masaccio-Zuges während des BausHannah Brown / Euronews Green

Wie energieeffizient ist dieser Zug?

Die Bordbatterie des Masaccio kommt in zwei verschiedenen Szenarien zum Einsatz. Zum einen kann sie den Zug auf kurzen Streckenabschnitten, auf denen es Lücken in der Elektrifizierung gibt, vollständig mit Strom versorgen, ohne dass Diesel benötigt wird.

Zum anderen bei der An- und Abfahrt aus einem Bahnhof. Durch den Batteriebetrieb trägt der Zug nicht zur Lärmbelästigung oder Luftverschmutzung einer Stadt bei. Außerdem kann der Masaccio dank der zusätzlichen Batterieleistung viel schneller beschleunigen als das bei früheren Zügen der Fall ist, so dass die Fahrzeiten kürzer werden.

Laut dem CEO Luca D'Aquila konnten seit seiner Einführung in Italien die Emissionen um 50 Prozent gesenkt werden.

Ist ein Tri-Hybrid-Zug wirklich besser für die Umwelt?

Wie bei den Elektroautos wissen wir, dass es keine perfekte Lösung gibt. Aber Hitachi scheint aus einigen Fehlern der Automobilwelt gelernt zu haben.

Elektroautos sind in der Regel schwerer, was bedeutet, dass ihre Reifen schneller verschleißen und die Straßeninfrastruktur stärker belastet wird.

Der Masaccio von Hitachi ist aus ultraleichten Metallen gebaut. Das bedeutet, dass er stabil und sicher ist, gleichzeitig aber mit dem zusätzlichen Gewicht der Batterien nicht schwerer ist als ein normaler Zug.

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Hitachi hat sich auch mit anderen Marken zusammengetan, um Materialien in ihren Produkten wiederzuverwenden und umzuverteilen - vor allem kritische Mineralien wie Lithium.

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Ein Hitachi-Mitarbeiter fährt den Masaccio auf der Teststrecke im Werk in PistoiaHannah Brown / Euronews Green

Wie geht es weiter mit den Öko-Zügen von Hitachi?

Luca erklärte gegenüber Euronews Green, dass das Hauptziel darin besteht, vollständige Klimaneutralität zu erreichen. Um das sicherzustellen, arbeitet Hitachi bereits an einem vollständig batteriebetriebenen Zug, der bis 2030 in Betrieb genommen werden soll.

Sowohl bei der Produktion des Tri-Hybrid-Zuges als auch des zukünftigen Batteriezuges plant Hitachi, viele seiner alten Modelle umzurüsten, um den Materialverbrauch zu senken.

"Darüber hinaus werden wir damit beginnen, unsere Züge mit Solarzellen auszustatten [...], um den größten Teil unseres Bedarfs zu decken", erklärt Luca. "Wir schätzen, dass etwa 70 Prozent unseres Energiebedarfs mit Solarzellen gedeckt werden können. Das bedeutet eine Reduzierung von etwa 7.000 Tonnen CO2 pro Jahr."

Mit Blick auf die Zukunft des Klimawandels testet das Unternehmen auch alle seine Züge in einer speziell gebauten Klimakammer. Durch die Simulation von Temperaturen zwischen -50 und +40 Grad Celsius soll sichergestellt werden, dass die Züge von Hitachi auch in Zeiten des Klimawandels noch fahren und sich die Fahrgäste wohl fühlen.

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