Die Woche in Europa - Aufregendes aus dem Europäischen Parlament

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola
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Von Stefan Grobe
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Im Europäischen Parlaments in Straßburg gab es in dieser Woche einige denkwürdige Momente: erst die 70-Jahr-Feier, dann die Russland-Resolution und schließlich der Hackerangriff.

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Im Europäischen Parlaments in Straßburg gab es in dieser Woche einige denkwürdige Momente.

Zunächst feierten die Abgeordneten den 70. Jahrestag der Institution – „das einzige direkt gewählte mehrsprachige, parteiübergreifende, transnationale Parlament der Welt“, wie seine Präsidentin Roberta Metsola es ausdrückte.

Sie beschrieb das gesetzgebende Organ der EU auch als „Leuchtturm der Verteidigung der Demokratie“.

In diesem Sinne machten sich die Mitglieder am Tag darauf an die Arbeit.

Die Abgeordneten stimmten über einen Entschließungsantrag zur Bestimmung Russlands als Staatssponsor von Terrorismus ab. Die Entschließung fand eine überwältigende Zustimmung, mit geradezu russischem Ergebnis, wenn man so sagen will.

Die Ukraine drängte seit langem auf ein solch starkes Statement. Entsprechend fiel die Reaktion von Präsident Selenskyi aus: "Danke an die Abgeordneten. Russland machte mit seinen jüngsten Raketenangriffen seinem Namen als Terroristenstaat sogleich alle Ehre."

Russland war gerade zum Terrorstaat erklärt worden, als nur wenige Stunden später die Website des Europäischen Parlaments zusammenbrach.

Anscheinend ein "Distributed-Denial-of-Service-Angriff", der von Hackern verwendet wird, um Netzwerke mit großen Datenmengen zu überfluten, die sie nicht verarbeiten können, was zu einem Absturz des Systems führt.

Roberta Metsola erklärte dies zu einem ausgeklügelten Cyberangriff, für den eine kremlfreundliche Gruppe die Verantwortung übernommen habe. Die russische Regierung schlug daraufhin vor, „das Europäische Parlament als Sponsor der Idiotie zu bezeichnen“.

Offenbar blieb die russische Bezeichnung als staatlicher Sponsor des Terrorismus in Moskau nicht unbemerkt.

Dazu ein Interview mit dem Abgeordneten, der diese Entschließung verfasst hat, dem ehemaligen litauischen Ministerpräsidenten Andrius Kubilius.

Euronews: Glauben Sie, dass Rat und Mitgliedsstaaten dieser Maßnahme folgen?

Kubilius: Nun, ich sehe keinen Grund, das nicht zu tun, weil wir wirklich Zeugen einer neuen Realität sind. Wenn bisher der Terrorismus von Einzeltätern oder irgendeiner Organisation praktiziert wurde aber nicht von den Staaten, werden wir jetzt Zeuge, wie ein Staat und staatliche Stellen das tun, was genau als Terrorismus bezeichnet wird. Also müssen wir darauf mit neuen Rechtsinstrumenten reagieren. Und ich bin absolut sicher, dass sowohl die Kommission als auch der Rat nichts dagegen haben werden.

Euronews: Einige Abgeordnete sind skeptisch, weil sie befürchten, dass Russland als Terrorismus-Sponsor zu bezeichnen künftige Versuche blockiert, mit Moskau eine diplomatische Lösung zu finden. Was halten Sie davon?

Kubilius: Eine Verhandlung kann erst aufgenommen werden, wenn die Ukrainer den Krieg gewinnen und Russland beschließt, alle seine Truppen abzuziehen. Das ist also die Sprache, die wir sehr unterstützen. Und genau das könnte unsere Entschließung einigen russischen politischen Eliten oder Wirtschaftseliten zu verstehen geben, dass es mit dieser Politik, die Putin jetzt betreibt, mit diesem Terrorismus, den Putin praktiziert, und mit Putin an der Macht keinen Weg zurück zu normalen Beziehungen mit der Europäischen Union und mit dem Westen geben kann.

Euronews: Ist es realistisch, die diplomatischen Beziehungen abzubrechen?

Kubilius: Sie zu entwerten - das wäre realistisch. Außenbeauftragter Borrell schlug kürzlich sechs neue Leitprinzipien für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Russland vor. Das erste Prinzip war Isolation, und das wiederholen wir in unserer Entschließung. Und wir wiederholen auch, was Ratspräsident Charles Michel kürzlich in der Generalversammlung der Vereinten Nationen Ende September gesagt hat, nämlich, dass solche Länder, die wie Russland einen Krieg führen, einen Angriffskrieg gegen ein anderes Land wie gegen die Ukraine und die Mitglieder des Sicherheitsrates der UNO sind, von ihrer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat suspendiert werden sollten.

Euronews: Als früherer Ministerpräsident Litauens, wie sehen Sie Russlands Zukunft? Zahlt es nicht schon einen hohen militärischen und moralischen Preis?

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Kubilius: Nun, ich denke, dass Russland den Krieg verlieren wird, und das wird die Türen für eine Transformation in Russland öffnen. Transformation hin zu einem normalen Staat, einem eher europäischen Typ von Staat mit völliger Abkehr von der Autokratie, völliger Abkehr von postimperialen Träumen. Und das wird Möglichkeiten für das russische Volk schaffen, in Russland selbst ein normales Leben zu führen.

Das Gespräch führte Sandor Tsiros.

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