Polens Ministerpräsident Donald Tusk und seine Regierungskoalition haben am Freitag im Parlament eine bittere Niederlage erlitten. Eine knappe Mehrheit lehnte ein Gesetz ab, das eine Lockerung des strengen Abtreibungsrechtes vorsah.
Mit einer Mehrheit von nur drei Stimmen lehnte das polnische Parlament einen Gesetzentwurf ab, der Frauen einen besseren Zugang zur Abtreibung ermöglicht hätte. 215 Abgeordnete des Unterhauses stimmten für das umstrittene Gesetz, das die Durchführung und Hilfe bei einer Abtreibung entkriminalisiert hätte. 218 Abgeordnete waren dagegen.
Schwerer Schlag für die Liberalen
Das ist ein schwerer Schlag für Ministerpräsident Tusk, der im Dezember 2023 nach der Parlamentswahl in Polen an die Macht kam. Im Wahlkampf versprachen Tusk und seine liberale Bürgerplattform, die Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche zu legalisieren.
Doch, die Konservativen innerhalb der Regierungskoalition haben die Debatte lange hinausgezögert. Nun stimmten einige Abgeordnete der Regierungskoalition - vor allem von der Polnischen Volkspartei - doch gegen die liberale Abtreibungsreform. Das offenbart Risse innerhalb der Regierungskoalition.
Insgesgesamt gibt es im Unterhaus des polnischen Parlaments, Sejm, 460 Sitze. Tusks liberale Bürgerplattform verfügt über 157 Mandate. Sein Koalitonspartner Dritter Weg und die Polnische Bauernpartei haben insgesamt 63 Sitze, die Linkspartei hat 23 Mandate.
Linke Abgeordnete, die sich für den Entwurf eingesetzt haben, versprachen, ihn immer wieder neu vorzulegen, bis er angenommen wird.
Der konservative Präsident Andrzej Duda, der mit der vorherigen rechten Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit verbündet war, erklärte jedoch diese Woche, er werde eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts nicht unterstützen.
Striktestes Abtreibungsgesetz gefährdet Frauen
Das katholische Polen verfügt über eins der strengsten Abtreibungsgesetze. 2020 hat das polnische Verfassungsgericht das Recht auf Abtreibung weiter eingeschränkt. Damals hat das Gericht erklärt, dass ein Schwangerschaftsabbruch aufgrund von "fötalen Anomalien" nicht mit der Verfassung vereinbar sei. Das hat nicht nur die Befürworter der Abteibung im Land geärgert, sondern auch die westlichen Verbündeten Polens.
Derzeit drohen Menschen, die den Frauen in Polen bei einer Abtreibung helfen, bis zu drei Jahre Gefängnis. Im Jahr 2022 wurde die polnische Aktivistin Justyna Wydrzyńska zu acht Monaten gemeinnütziger Arbeit verurteilt, nachdem sie für schuldig befunden wurde, einer Frau Abtreibungspillen gegeben zu haben.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International startete daraufhin eine Kampagne für ihre Freilassung und erklärte, dass die Verurteilung von Wydrzyńska einen gefährlichen Präzedenzfall für den Zugang zur Gesundheitsversorgung darstelle. Laut Human Rights Watch gefährdet das strikte Abtreibungsrecht ebenfalls die Frauen und Mädchen im Land.
Die Liberalisierung des Abtreibungsrechtes war ein Schlüsselelement in Tusks Programm zur Umkehrung verschiedener politischer Maßnahmen der rechten Vorgängerregierung, die massive Proteste ausgelöst hatten.