17 EU-Länder, darunter Deutschland und Frankreich, haben ein gemeinsames Dokument unterzeichnet. Sie fordern einen "Paradigmenwechsel" bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber.
Eine Gruppe von 17 europäischen Ländern hat einen "Paradigmenwechsel" in der Migrationspolitik gefordert, um sicherzustellen, dass Asylbewerber, deren Anträge abgelehnt wurden, schnell und effektiv in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden.
Der neue Ansatz soll "Konsequenzen" für diejenigen nach sich ziehen, die zwar eine Rückführungsanordnung erhalten haben, den Kontinent aber nicht verlassen.
"Menschen, die kein Bleiberecht haben, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Eine neue Rechtsgrundlage muss ihre Pflichten und Aufgaben klar definieren", schreiben die Länder in einem Non-Paper, das Euronews vorliegt. "Verweigerung der Zusammenarbeit muss Konsequenzen haben und sanktioniert werden."
Die Regierungen, so fahren sie fort, "müssen ermächtigt werden", Abschiebungen "unter voller Wahrung der Grundrechte" durchzuführen.
Federführend bei dem Dokument waren Österreich und die Niederlande. Befürwortet wurde es von Kroatien, der Tschechischen Republik, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, der Slowakei und Schweden. Norwegen und die Schweiz, zwei Nicht-EU-Mitgliedstaaten, die zum Schengen-Raum gehören, haben ebenfalls unterschrieben.
Die Gruppe fordert die Europäische Kommission auf, die Angelegenheit "zügig" zu bearbeiten und einen "hochmodernen Rahmen vorzulegen, der den tatsächlichen Herausforderungen und Entwicklungen gerecht wird". Aufgebaut sind die Inhalte auf den Diskussionen einer Arbeitsgruppensitzung vom Juni.
In den Schlussfolgerungen dieses Arbeitsgruppentreffens wurden mehrere Lösungsvorschläge vorgestellt, die die niedrige Quote der effektiven Abschiebungen in der EU behandeln, welche unverändert hartnäckig bei 30 % liegt. Vorgeschlagen werden beispielsweise der Einsatz von handels- und visumpolitischen Maßnahmen als "Druckmittel", um die Herkunftsländer zu zwingen, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen, wenn Asylanträge abgelehnt wurden. (Dieser Mangel an Kooperation wurde als Hauptgrund für die niedrige Rückführungsquote genannt.)
Auf dem Treffen im Juni kam auch die Einführung einer "gemeinsamen europäischen Rückführungsentscheidung" zur Sprache, um ein weiteres Problem zu lösen: Manchmal erkennen Mitgliedstaaten die Rückführungsanordnungen eines anderen Mitgliedstaates nicht an.
Diese spezifischen Vorschläge werden jedoch in dem neuen Non-Paper nicht erwähnt. Es soll vor allem als Handlungsaufforderung an die Kommission und als Zeichen der starken politischen Unterstützung dienen: Die 17-köpfige Gruppe umfasst sämtliche Regionen Europas, von Skandinavien bis zum Mittelmeerraum, sowie Regierungen von der harten Rechten bis zur linken Mitte.
Der gemeinsame Aufruf kommt zu einem spezifischen Zeitpunkt: Die Innenminister der EU-Länder treffen sich am Donnerstag in Luxemburg. Es ist das erste Treffen dieser Art, seitdem Deutschland an seinen Landgrenzen wieder Kontrollen eingeführt hat, Ungarn damit drohte, irreguläre Migranten gegen Belgien zu instrumentalisieren, und die Niederlande eine Ausstiegsklausel aus den EU-Asylvorschriften forderten.
Das Thema Migration dürfte auch kommende Woche auf der Tagesordnung eines zweitägigen Gipfeltreffens der EU-Staats- und Regierungschefs stehen.
Die rasche Abfolge von Ereignissen hat ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Lebensfähigkeit des Schengen-Raums und des neuen Pakts zu Migration und Asyl geweckt, dessen Überarbeitung die EU im Mai abgeschlossen hatte. Der neue Pakt sieht Bestimmungen vor, die die Lücke zwischen dem Asyl- und dem Rückführungsverfahren schließen sollen. Wie das Non-Paper zeigt, wollen die Mitgliedstaaten eine separate Rechtsvorschrift, die sich exklusiv mit der Frage der Abschiebung befasst.
Ein Vorschlag zur Reform der Rückführungsrichtlinie von 2008 ist seit 2019 im Europäischen Parlament blockiert. Wenn es nach der 17-Länder-Gruppe geht, ist nun ein völlig neuer Entwurf erforderlich.
In den Leitlinien für ihre zweite Amtszeit hat die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, ein "neues gemeinsames Konzept für Rückführungen" versprochen, mit "einem neuen Rechtsrahmen, um den Prozess zu beschleunigen und zu vereinfachen, sicherzustellen, dass Rückführungen auf menschenwürdige Weise stattfinden, das Fallmanagement zu digitalisieren sowie zu gewährleisten, dass Rückführungsentscheidungen europaweit anerkannt werden."