Frankreich hat von den über 25.000 Migranten, die im zweiten Quartal 2024 aus der EU abgeschoben wurden, die meisten zurückgeschickt – rund 3.800. Die Zahl der zur Ausreise verpflichteten Personen ist jedoch viel höher.
Rund 200.000 Menschen sind in diesem Jahr bereits aufgefordert worden, die EU zu verlassen. Im zweiten Quartal 2024 wurden im Vergleich zum Vorjahr zehn Prozent weniger Menschen angewiesen, aus der EU auszureisen. Dennoch besteht weiterhin eine große Kluft zwischen denjenigen, die eine Ausreiseaufforderung erhalten, und denjenigen, die am Ende tatsächlich zurückgeführt werden.
Nach den jüngsten Eurostat-Daten wurden 96 115 Nicht-EU-Bürgern zwischen Mai und August 2024 zum Verlassen der EU aufgefordert. Weniger als ein Drittel von ihnen (25 285 Menschen) verließen tatsächlich die EU.
Diese Kluft scheint sich jedoch zu verringern: Die Zahl der in Drittländer zurückgeschickten Personen ist im Vergleich zum gleichen Quartal 2023 um 21,3 Prozent gestiegen.
Welche Nation schiebt die meisten Migranten in Drittländer ab?
Im zweiten Quartal 2024 hat Frankreich die meisten Abschiebungen von Migranten in der EU durchgeführt. Von dort wurden insgesamt 3.870 Nicht-EU-Bürger abgeschoben. Es gefolgten Deutschland (3.710) und Schweden (3.185).
Frankreich verzeichnete auch die höchste Anzahl von Ausreiseanordnungen (31.195), gefolgt von Deutschland (12.885) und Griechenland (6.555).
Die meisten Ausreiseanordnungen bekamen Algerier und Marokkaner, die jeweils sieben Prozent der Gesamtzahl ausmachten. Mit jeweils sechs Prozent folgten die Staatsbürger von Syrien und der Türkei.
Bei denjenigen, die die EU tatsächlich verlassen haben, sind die größten Nationalitäten jedoch Georgier (10 Prozent), gefolgt von Albanern (8 Prozent) und Türken (7 Prozent).
Tausende Migranten stecken in der bürokratischen Sackgasse fest
Wie lässt sich nun diese große Diskrepanz zwischen den Ausreiseanordnungen und den tatsächlich erfolgten Rückführungen erklären?
Zunächst einmal bedeutet dies nicht, dass sich Zehntausende Migranten in der EU verstecken, sagen Experten. "Ausreiseanordnungen können in einigen Fällen ausgesetzt werden", sagte Sergio Carrera, Senior Research Fellow der europäischen Denkfabrik Centre for European Policy Studies Euronews.
"Einige Menschen können aufgrund technischer oder praktischer Hindernisse nicht abgeschoben werden", sagt Carrera. Dies gelte zum Beispiel, wenn die Migranten gesundheitliche Probleme haben oder das Herkunftsland nicht identifiziert werden kann. Außerdem gelangen auch Opfern von Menschenhandel sowie unbegleiteten Minderjährige nach Europa, so Carrera.
"Die EU-Rückführungsrichtlinie in ihrer jetzigen Fassung harmonisiert diese Verfahren nicht. Wie die Behörden mit diesen Fragen umgehen, ist manchmal völlig unterschiedlich, nicht nur von Staat zu Staat, sondern auch von Region zu Region," erklärt Carrera. Daher sei es schwierig, das Phänomen der Rückführung in konkrete Zahlen aufzuschlüsseln und die Rechtmäßigkeit dieser Verfahren zu gewährleisten.
"Es herrscht eine enorme Heterogenität und ein Mangel an Transparenz und Rechenschaftspflicht. Die Grenzen zwischen Verpflichtungen und fakultativen Maßnahmen sind sehr fließend", so der Carrera.
Die EU versucht, diese Lücke zu schließen, indem sie ein neues Projekt namens "More" finanziert, das die Rückführungs- und Rückübernahmepolitik der EU und des Vereinigten Königreichs kritisch untersuchen soll.
"In diesem Projekt werden wir den Begriff der Effektivität in der derzeitigen EU-Rückführungspolitik hinterfragen", so Carrera, "denn jede Rückführungspolitik muss mit den Grundrechten vereinbar sein."
Weitere Informationen finden Sie oben im Euronews-Video.