In einem Beitrag in den sozialen Medien wird geschildert, die Kinderarmut im Vereinigten Königreich sei deutlich höher als in den nordischen Ländern. Die Zahlen scheinen jedoch nicht der Wahrheit zu entsprechen.
In einem Social-Media-Beitrag mit fast 200.000 Aufrufen wird behauptet, dass mehr als 30 Prozent der Kinder im Vereinigten Königreich in Armut leben.
Er vergleicht diese Zahl mit Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden, wo die Kinderarmutsquote angeblich zwischen zwei und vier Prozent liegt.
Der Beitrag ist jedoch irreführend: Im Vereinigten Königreich leben zwar mehr Kinder in Armut als in den nordischen Ländern, aber die Zahlen wurden aufgebläht.
Das liegt daran, dass in dem Beitrag Daten von vor etwa 20 Jahren für die nordischen Länder und scheinbar erfundene Zahlen für das Vereinigte Königreich verwendet wurden.
Die meisten nordischen Zahlen stammen aus einem OECD-Bericht aus dem Jahr 2005 und werden auf der Grundlage des Prozentsatzes der Kinder unter 18 Jahren berechnet, die in Haushalten mit einem verfügbaren Einkommen von weniger als 50 Prozent des Medianeinkommens leben.
Dies unterscheidet sich von dem, was in den sozialen Medien gepostet wurde, nämlich dass die Zahlen auf dem Prozentsatz der Kinder basieren, die in Haushalten unter dem Mindestlohn leben.
Derselbe Datensatz bezifferte die Kinderarmutsquote im Vereinigten Königreich im Jahr 2000 auf etwa 16 Prozent, nicht auf 32 Prozent.
Was sagen die tatsächlichen Zahlen aus?
Die OECD hat die letzten Daten für alle fünf Länder zusammen im Jahr 2019 veröffentlicht.
Damals hatte das Vereinigte Königreich immer noch die schlechteste Kinderarmutsquote, aber sie war nicht so verheerend, wie der Beitrag auf X suggeriert.
Das Vereinigte Königreich lag bei 14,1 Prozent, gefolgt von Schweden mit 9,3 Prozent, Norwegen mit 7,9 Prozent, Dänemark mit 4,8 Prozent und Finnland mit 3,7 Prozent.
Neuere Daten zu armutsgefährdeten Kindern von Eurostat und dem britischen Ministerium für Arbeit und Rente (Department for Work and Pensions, DWP) basieren auf Haushalten, die weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens eines Landes haben, und zeigen daher höhere Zahlen als die 50 Prozent-Metrik.
Für 2023 beziffert Eurostat den Anteil in Schweden auf 19,8 Prozent, in Norwegen auf 12,3 Prozent und in Dänemark und Finnland auf 9,7 Prozent.
Das DWP des Vereinigten Königreichs schätzt die Quote für das gleiche Jahr auf 22,4 Prozent.
Wie sieht der Vergleich mit dem Rest von Europa aus?
Es stimmt zwar, dass das Vereinigte Königreich bei der Kinderarmut hinter den nordischen Ländern zurückbleibt, aber der Unterschied ist nicht so krass, wie in dem Social-Media-Post behauptet wird.
Betrachtet man Europa als Ganzes, so liegt das Vereinigte Königreich auf der Grundlage der Eurostat- und DWP-Daten für 2023 an der Spitze der Tabelle mit den höchsten Kinderarmutsquoten.
Im Vergleich zu den anderen fünf großen europäischen Volkswirtschaften steht das Vereinigte Königreich jedoch nicht am schlechtesten da, sondern schneidet sogar besser ab als Italien und Spanien.
Auch Frankreich hat eine höhere Quote als der EU-Durchschnitt, während Deutschland am unteren Ende der Tabelle steht.
Abgesehen von den nordischen Ländern haben Slowenien, Tschechien und Belgien laut Eurostat mit 10,2 Prozent, 12,4 Prozent bzw. 13,2 Prozent die niedrigsten Kinderarmutsquoten in Europa.