In einem Interview mit Euronews warf der Vorsitzende der Fünf-Sterne-Bewegung, Giuseppe Conte, der EU-Kommission vor, "die russische Bedrohung zu übertreiben", um die Militärausgaben erhöhen zu können.
Der gerade von der Europäischen Kommission vorgestellte Aufrüstungsplan, der bis zu 800 Milliarden Euro kosten soll, wird vom ehemaligen italienischen Ministerpräsident Giuseppe Conte als totale Geldverschwendung bezeichnet.
In einem Interview mit Euronews vertritt Conte die Ansicht, dass "ReArm EU" bedeute, "Geld wegzuwerfen, damit alle Mitgliedstaaten ihre Militärausgaben weiterhin unkoordiniert und ungeordnet erhöhen können". Stattdessen sollte man ein "ernsthaftes gemeinsames Verteidigungsprojekt" vorantreiben, das seiner Meinung nach mit "einem großen Schritt" strategische Autonomie erreichen sollte.
Die Fünf-Sterne-Bewegung von Conte organisierte einen Protest vor und im Europäischen Parlament in Straßburg, zeigte Fahnen mit Friedensbotschaften und forderte, dass die für Militärausgaben vorgesehenen Mittel stattdessen für den Gesundheitsbereich und andere Sektoren ausgegeben werden sollten.
Die Linksfraktion im Europäischen Parlament, zu der auch die Fünf-Sterne-Bewegung gehört, ist der Ansicht, dass der Plan nur den Waffenherstellern und -händlern zugute kommen wird. Sie kritisiert, dass das Europäische Parlament im Genehmigungsprozess übergangen worden sei.
Der ehemalige italienische Ministerpräsident stellte auch die Idee des "Friedens durch Stärke" in Frage: Obwohl er Russland als Bedrohung ansieht, ist Conte der Meinung, dass die EU "die Spannungen nicht anheizen" sollte, sondern stattdessen "in der ersten Reihe stehen sollte, um eine auf Dialog basierende Zukunft aufzubauen".
Er beschuldigte die Europäische Kommission auch, "die russische Bedrohung zu übertreiben, um die Verschwendung öffentlicher Gelder zu rechtfertigen".
Unterstützung ohne Militärhilfe
Nach Ansicht von Conte sollte die EU bei den Friedensverhandlungen zwischen Russland und den USA über den Krieg in der Ukraine einen Sitz am Tisch haben, was eine große Herausforderung sein werde: "Es wird extrem schwierig sein, die Position der Ukraine zu verteidigen, weil die Verhandlungsmacht Russlands eindeutig zugenommen hat."
In der innenpolitischen Debatte Italiens spricht sich seine Partei seit langem für die Einstellung der Militärhilfe für die Ukraine aus. Conte lehnt es jedoch ab, als prorussisch abgestempelt zu werden. "Wir haben nichts mit den Positionen der radikalsten rechten Parteien zu tun. Wir sind nicht pro-Putin, wir haben ihn von Anfang an für die Aggression gegen die Ukraine verurteilt. Wir haben keine ideologische Verseuchung, die uns in die Irre führen könnte."
Obwohl er die EU-Sanktionen gegen Russland befürwortet, ist er der Meinung, dass sie ihr Ziel nicht erreicht haben. "Man hat uns gesagt, dass die russische Wirtschaft zusammenbrechen würde. Man sagte uns sogar, dass ihnen die Kugeln und die Waffen ausgegangen seien und dass sie in militärischer Hinsicht zu kämpfen hätten. Alles Lügen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die russische Wirtschaft im Jahr 2024 ein BIP-Wachstum von 4,1 % aufweist."
Auf die Frage nach Sicherheitsgarantien für die Ukraine wollte Giuseppe Conte keine konkreten Antworten geben, da es verfrüht sei, dieses Thema jetzt zu diskutieren.
Er spricht sich entschieden gegen die von der derzeitigen italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ins Spiel gebrachte Idee aus, den Artikel 5 des NATO-Vertrags zur kollektiven Verteidigung auf die Ukraine auszudehnen, ohne dass das Land tatsächlich Mitglied des Bündnisses wird.
"Diese Lösung ist inakzeptabel: Sie würde bedeuten, dass wir von einem Stellvertreterkrieg, den wir bisher geführt haben, morgen zu einem direkten Krieg zugunsten der Ukraine übergehen würden, anstatt an Friedensverhandlungen zu arbeiten. Völliger Wahnsinn", wetterte Conte.