Seit fast zwei Jahren laufen Ermittlungen im Todesfall des zweijährigen Emile in Frankreich, der aus dem Garten seiner Großeltern verschwunden sein soll. Die Großeltern und zwei weitere Personen wurden nach zwei Tagen Untersuchungshaft wieder entlassen.
Im unaufgeklärten Todesfall des zweijährigen Emile Soleil im Süden Frankreichs gibt es neue Erkenntnisse: Am Dienstagmorgen wurden die Großeltern und zwei ihrer volljährigen Kinder in Polizeigewahrsam genommen. Jetzt wurden sie nach der maximalen Zeit von 48 Stunden aus der Untersuchungshaft entlassen: die Ergebnisse haben nicht zu einer Anklage geführt.
Der Großvater von Emile, Philippe Vedovini sowie seine Frau Anne und zwei seiner Kinder, Onkel und Tante des verstobenen Jungen, wurden am Morgen des 25. März mit dem Vorwurf des "Totschlags" und "Leichenbeseitigung" in Polizeigewahrsam genommen, hatte die Staatsanwaltschaft Aix-en-Provence in einer Pressemitteilung bekannt gegeben.
Die Festnahmen waren "Teil einer Phase der Überprüfung und Gegenüberstellung der Elemente und Informationen, die bei den in den letzten Monaten durchgeführten Ermittlungen gesammelt wurden", hieß es in der Erklärung der Staatsanwaltschaft.
Neue Erkenntnisse nach den Anhörungen
Am frühen Donnerstagmorgen wurden die vier Familienmitglieder nach 48 Stunden in Untersuchungshaft wieder entlassen. Die Staatsanwaltschaft betonte allerdings, dass die Spur in die Familie noch nicht komplett abgeschlossen sei. Die Anhörungen und Durchsuchungen dieser Zeit konnten trotzdem einige Erkenntnisse hervorbringen.
Die Ermittler gehen von einer Fremdeinwirkung durch Dritte aus. Auf dem gefundenen Schädel konnten Spuren sichergestellt werden, die auf "Anzeichen eines heftigen Gesichtstraumas“ hindeuten. Für die Ermittlungseinheit "Emile" ist außerdem klar, dass "der Körper des Kindes sich nicht in der im Wald gefundenen Kleidung zersetzt hat.“
Diese Ergebnisse hat der zuständige Staatsanwalts Jean-Luc Blachon in einer Pressekonferenz nach der Untersuchungshaft vorgestellt. "Die Ermittler sind immer noch sehr mobilisiert, um am Verschwinden von Emile zu arbeiten und den Fall zu lösen. Wir werden natürlich weiter an diesem Fall arbeiten“, sagte Oberst Christophe Berthelin, Kommandant der Forschungsabteilung der Gendarmerie in Marseille, am Donnerstagmorgen.
Ein Auto und Pferdeanhänger sichergestellt
Am 14. März hatten Ermittelnde der Einheit "Emile“ der Forschungsabteilung in Marseille, die seit fast zwei Jahren unermüdlich den Tod des kleinen Emile Soleil untersuchen, eine "nächtliche“ Durchsuchung in Haut-Vernet (Alpes-de-Haute-Provence) durchgeführt, bei der ein großer Blumenkasten sichergestellt worden war. Die Analyse des Blumenkübel war nicht ausschlaggebend für die Entscheidung, die vier Familienmitglieder von Emile in Polizeigewahrsam zu nehmen, wurde der Zeitung Le Figaro auf Anfrage bestätigt.
"Die Ermittler führen an verschiedenen Orten des Landes kriminaltechnische Operationen durch“, fügte der zuständige Staatsanwalt Jean-Luc Blanchon hinzu und erklärte, dass "eine neue Mitteilung nach Abschluss der laufenden Handlungen erfolgen wird."
Eine Durchsuchung des Hauptwohnsitzes der Großeltern im französischen Ort Bouilladisse etwa 30 Kilometer von Marseille entfernt sollte Erkenntnisse bringen. Sie ist am späten Vormittag abgeschlossen worden. Das Auto von Philippe Vedovini sowie ein Pferdeanhänger wurden beschlagnahmt.
Die Trauerfeier von Emile war am achten Februar diesen Jahres in Anwesenheit der gesamten Familie gefeiert worden. "Die Zeit des Schweigens muss der Zeit der Wahrheit weichen (...) Wir können nicht mehr ohne Antwort leben, wir wissen immer noch nicht, was mit Émile passiert ist“, hatten die Großeltern des Kindes damals dem französischen Fernsehsender BFM anvertraut. Mehrere hundert Personen hatten an dem Gottesdienst teilgenommen.
Emile war aus dem Garten seiner Großeltern verschwunden
Am achten Juli 2023 wurde Émile vermisst gemeldet, der für die Sommerferien zu seinen Großeltern aufs Land gefahren war. Er ist aus dem Garten seiner Großeltern im Bergdorf Le Haut Vernet verschwunden. Der 58-jährige Großvater hatte zum Zeitpunkt seines Verschwindens das Sorgerecht für Emile. Er war zu diesem Zeitpunkt damit beschäftigt, Heringe in seinem Auto zu verstauen.
Emiles Großvater erzählte der Zeitschrift "Famille chrétienne" im September 2023, er würde "als dominanter Mann gelten, der alle terrorisiere". Er widersprach: "Das stimmt alles nicht, aber es ist mir egal.“ Im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Emile trat sein Großvater als Nebenkläger auf, ebenso wie seine Ehefrau, die Eltern des Jungen und die Großeltern väterlicherseits.
Trotz tagelanger Suchaktionen der Familie, Bekannten und Dorfbewohner war keine Spur des Kindes gefunden worden. Mehr als acht Monate nach dem Verschwinden des Kindes wurden im März 2024 Knochen des kleinen Emile in Südfrankreich gefunden. Eine Spaziergängerin brachte den Schädel, den sie im Wald gefunden hatte, zur Polizei, wie französische Medien berichten. Es soll sich um eine Bewohnerin der Region handeln.
Nach dem Knochenfund blieben jedoch einige Fragen offen. Die Polizei hatte den Ort, an dem die Knochenteile gefunden wurden, nach dem Verschwinden des Kindes abgesucht. Die Frage, wie und ob die Knochen von einem Tier - oder einem Menschen - dorthin gebracht wurden, steht noch immer offen.