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46 Prozent der Eigentümer betroffen: Koalition plant Pflichtversicherung gegen Naturgefahren

Fluten in Passau im Juni 2024. Die Pflichtversicherung gegen Naturgefahren soll besser schützen.
Fluten in Passau im Juni 2024. Die Pflichtversicherung gegen Naturgefahren soll besser schützen. Copyright  AP Photo
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Von Franziska Müller
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Eigentümer sein könnte für 46 Prozent der Immobilienbesitzer teurer werden. Die schwarzrote Koalition plant eine verpflichtende Elementarschadenversicherung. Doch was bedeuten die Maßnahmen der zukünftigen Regierung für Immobilienbesitzer und wer trägt die Kosten?

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Union und SPD haben im Koalitionsvertrag festgelegt, die Elementarschadenabsicherung verpflichtend zu machen. Damit können Immobilienbesitzer ihr Eigentum gegen Naturgefahren wie Überschwemmungen, Lawinen, Erdrutsche oder Erdbeben versichern.

Was steckt dahinter und welche Kosten kommen auf Eigentümer zu?

Die Groß- und Kleinschadenereignisse nehmen durch Klima- und Wetterveränderungen zu. Insbesondere nach den Fluten im Ahrtal und mit zunehmender Zahl der Starkregenereignisse fällt auf, dass Städte und Gemeinden baulich oft nicht auf große Wassermassen vorbereitet sind. Davon sind auch Gebäude betroffen.

Eine einfache Wohngebäudeversicherung leistet bisher nicht bei Überschwemmungen und Starkregen - lediglich bei Feuer, Blitzschlag, Sturm und Hagel. Ein Elementarschadenschutz wird im Rahmen der Wohngebäude- oder Hausratsversicherung gegen eine Zusatzprämie angeboten.

Koalitionsvertrag verpflichtet zu Elementarschadenabsicherung

Im Koalitionsvertrag, der vergangene Woche von Union und SPD vorgestellt wurde und noch beschlossen werden muss, steht die Elementarschadenabsicherung als Verpflichtung. Bereits ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion aus dem Oktober 2023 forderte die Bundesregierung auf, die Elementarschadenversicherung "fit für die Zukunft zu machen".

Im Neugeschäft soll die Wohngebäudeversicherung künftig immer auch eine Absicherung gegen Elementarschäden beinhalten. Für bereits bestehende Versicherungen soll ein Stichtag festgelegt werden, an dem alle Verträge umgestellt werden. Eine mögliche Opt-Out-Lösung wird noch geprüft.

Durch die Elementarschadenversicherung sind alle möglichen Naturgefahren abgesichert. Darunter fallen Überschwemmungen durch Starkregen oder Flusshochwasser, Erdsenkungen und -rutsche durch natürliche Aushöhlungen im Boden. Die Versicherung umfasst auch Lawinen und Vulkanausbrüche.

Schäden durch Grundwasser fallen nicht unter den Versicherungsbestand, es sei denn, sie dringen vermischt mit dem Oberflächenwasser ins Gebäude ein. Mängel durch Sturmfluten sind in der Regel nicht abgedeckt.

Die Versicherung für Elementarschäden übernimmt im Ernstfall Kosten für den Wiederaufbau bei Zerstörung eines Hauses oder Reparaturkosten für Teilschäden. Auch die Gebühren für einen Gutachter sowie Aufräum- und Abrisskosten fallen darunter.

Was bedeutet die Pflichtversicherung für Hausbesitzer?

Rund 46 Prozent der Immobilienbesitzer in Deutschland haben keine Absicherung gegen Naturgefahren, so der Gesamtverband der Versicherer (GDV) im Mai 2024. Die genaue Ausgestaltung der Pflichtversicherung ist noch nicht im Detail geregelt. Immobilienbesitzer können jedoch bereits Vorbereitungen treffen.

Eigentümer können aktuelle Konditionen für Elementarschadenversicherungen vergleichen und dadurch die aktuellen Angebote kennenlernen. Außerdem lohnt es sich, die eigene Immobilie zu überprüfen und Schwachstellen bei Extremwetterereignissen zu identifizieren. Präventive Maßnahmen könnten sich positiv auf künftige Versicherungsprämien auswirken.

Zunächst trifft die Versicherungspflicht die Hauseigentümer direkt. Ob zusätzliche Kosten mittelfristig an die Mieter weitergegeben werden könnten, ist noch zu klären. Im Koalitionsvertrag heißt es, die Belange von Mietern werden im Blick behalten.

Staatliche Rückversicherung soll Kosten abfedern

Um die langfristige Versicherbarkeit auch in Hochrisikogebieten zu gewährleisten, planen Union und SPD die Einführung einer staatlichen Rückversicherung für Elementarschäden.

Diese soll bei großflächigen Katastrophen einspringen. Bei einer Hochwasserkatastrophe wie 2021 im Ahrtal würden die Kapazitäten der Versicherer so sehr überschritten, dass die staatliche Rückversicherung die Kosten abfedern soll.

Durch die Risikoteilung zwischen privaten Versicherungen und dem Staat sollen extreme Prämiensteigerungen verhindert werden. Daran üben Versicherungen sowie der Gesamtverband der Deutschen Versicherer jedoch Kritik.

"Staat und Versicherer sollten nach der Bundestagswahl gemeinsam daran arbeiten, Elementarschäden langfristig versicherbar zu halten", so Präsident der GDV Norbert Rollinger. "Eine Pflichtversicherung ist keine Lösung, da sie weder Schäden verhindert noch Prämien senkt." Der GDV lehne eine Pflichtversicherung als singuläre Maßnahme ab, da sie mit zunehmenden Schäden immer teurer werde.

Auch die HUK-Coburg betonte im Austausch mit Euronews, dass es wichtig ist, "dass sich die Prämien immer am individuellen Risiko orientieren müssen. Außerdem muss ausreichend auf Schadenprävention und bauliche Klimafolgenanpassung geachtet werden." Auch eine Pressesprecherin der GDV bestätigte: "Das wichtigste Element des Gesamtkonzepts ist die Prävention. Es muss geplant, gebaut und saniert werden, wie es die Anpassung an den Klimawandel erfordert. Dazu gehört ein sofortiger Baustopp in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten."

Die GDV verwies auf das britische System als erfolgreiches Vorbild-Modell. So könne Schutz risikobasiert und marktwirtschaftlich bezahlbar sein.

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