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Koalitionsvertrag: Wird die 4-Tage-Woche bald Realität in Deutschland?

Geschäftsleute stehen vor einem Bürogebäude, das sie gerade verlassen haben, in Frankfurt, Deutschland, Montag, 4. November 2019.
Geschäftsleute stehen vor einem Bürogebäude, das sie gerade verlassen haben, in Frankfurt, Deutschland, Montag, 4. November 2019. Copyright  AP Photo
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Von Liv Stroud
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Könnten deutsche Arbeitnehmer bald auf eine Vier-Tage-Woche hoffen? Mit einer Wochenarbeitszeit will die Koalition aus SPD und Union flexiblere Arbeitszeitmodelle schaffen und sich in europäische Richtlinien einordnen.

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Der gemeinsame Koalitionsvertrag von Union und SPD steht in der Kritik, weil die Parteien "nicht genug tun" würden, um Reformen für einen echten Politikwechsel voranzubringen. Es könnte das Ende des Acht-Stunden-Tags werden: In punkto Arbeitsrechten visieren die Parteien eine Reform der Arbeitszeiten an.

Der Koalitionsvertrag sieht vor, die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine wöchentliche Höchstarbeitszeit zu ersetzen und die deutschen Gesetze so mit der europäischen Richtlinie in Einklang zu bringen.

Bisher dürfen Arbeitnehmer bis zu acht Stunden pro Tag arbeiten, in Ausnahmefällen bis zu 10 Stunden. Nach den neuen Vorschlägen könnten Arbeitnehmer ihre 40-Stunden-Woche auf vier Tage statt beispielsweise auf fünf Tage verteilen.

Kommt die Vier-Tage-Woche für alle?

Theoretisch könnten Arbeitnehmer dann von Montag bis Donnerstag zehn Stunden arbeiten und ein dreitägiges Wochenende haben.

Die Einzelheiten dieses Vorschlags müssen jedoch noch konkretisiert werden, um den Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass Union und SPD "die hohen Standards im Arbeitsschutz wahren und die geltenden Ruhezeitregelungen beibehalten".

Ohne klare Schutzmaßnahmen könnte eine wöchentliche Höchstarbeitszeit jedoch die Gesundheit der Arbeitnehmer gefährden. Längere Arbeitszeiten könnten zu Ermüdung, Burnout und Konzentrationsschwäche führen, vor allem bei körperlich oder geistig anspruchsvollen Tätigkeiten.

Unregelmäßige Arbeitszeiten könnten auch den Schlaf und die Erholungszeit stören, während unzureichende Ruhepausen zwischen den Schichten den chronischen Stress erhöhen können.

In Hochrisikosektoren wie dem Gesundheitswesen, dem Baugewerbe oder dem Verkehrswesen können diese Bedingungen auch das Risiko von Unfällen und Fehlern erhöhen.

Verbände uneins über geplante Reform der Arbeitszeiten

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Ver.di, Frank Werneke, ist skeptisch gegenüber den Reformen. "Die geplanten Änderungen im Arbeitszeitgesetz sind nicht akzeptabel. Es ist absolut kontraproduktiv, nun eine wöchentliche anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit als Maßstab heranzuziehen", sagte er Euronews. "Dies öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. Das Arbeitszeitgesetz schützt Menschen, die ohnehin unter prekären Bedingungen arbeiten müssen – deshalb darf es nicht ausgehöhlt werden."

Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) erklärte gegenüber Euronews indes, dass die vorgeschlagene Reform eine "längst überfälliger Schritt hin zu mehr Flexibilität – für Mitarbeitende wie für Betriebe gleichermaßen" sei.

Der Verband warnte jedoch: "Beim geplanten Dialog mit den Sozialpartnern darf daher die grundsätzliche Verständigung auf eine Wochenarbeitszeit nicht nachträglich verwässert werden, z.B. durch einen Tarifvorbehalt oder überbürokratische Einschränkungen."

Der Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Alexander von Preen, sagte Euronews, er unterstütze die Idee: "Es ist richtig und wichtig, dass die kommende Bundesregierung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umstellen will. Denn das bringt mehr Flexibilität für Arbeitnehmer und Arbeitgeber."

In Sektoren wie dem Einzelhandel könnten die Reformen sowohl den Unternehmen als auch den Arbeitnehmern besonders zugute kommen, sagte er in einer schriftlichen Erklärung. "Deshalb ist es für die Unternehmen wichtig, wenn sie ihre Beschäftigten flexibler und damit bedarfsgerechter einsetzen können. Und auch für die Beschäftigten bringt das mehr Flexibilität. So können sie ihre Arbeitszeiten in Abstimmung mit den Unternehmen besser an ihr Privatleben anpassen."

Sollte sich Deutschland für diese Reformen entscheiden, würde es dem EU-Recht folgen. Arbeitszeiten sind dann auf die Woche und nicht mehr auf den Tag begrenzt. Arbeitnehmer dürfen maximal 48 Stunden an sieben Tagen arbeiten, einschließlich Überstunden.

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