In einem Video auf den sozialen Netzwerken wird behauptet, dass Ukrainer, die nicht in Deutschland, sondern in der Ukraine leben, Bürgergeld beziehen können.
In einem deutsch-russischsprachigen Telegram-Kanal wurde ein Video geteilt, in dem es heißt, dass das Bürgergeld ab dem 1. Juni dieses Jahres an ukrainische Staatsbürger in der Ukraine überwiesen werden könnte.
Ziel sei es dem KI-generierten Video zufolge "Migration zu verringern und finanzielle Hilfe vor Ort zu leisten".
Das Video wurde neben Beiträgen auf X und anderen sozialen Netzwerken auf dem Telegram Kanal "DeutschRussische Freundschaft - Немецко-российский" geteilt. Der Kanal hat fast 30.000 Abonnenten.
Zuerst wurde es, dem Wasserzeichen zufolge, jedoch auf Instagram veröffentlicht. Dort ist das Video allerdings nicht auffindbar. Als erstes berichtete die dpa über das Video.
Dieses Pilotprojekt soll Bundeskanzler Friedrich Merz eingeführt haben. Demnach könnten ukrainische Staatsbürger, insofern sie einen gültigen ukrainischen Pass haben, einen Antrag online über den Jobcenter abschicken. Was steckt dahinter?
Wer Bürgergeld bezieht, muss in Deutschland leben und gemeldet sein. Ein Pilotprojekt der Bundesregierung, dies zu ändern, gibt es diesbezüglich nicht. Auch im Bundesgesetzblatt ist keinerlei Änderung dieser Art vermerkt.
Einen Anspruch auf Bürgergeld haben Arbeitssuchende nur, wenn der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland liegt.
Vorübergehende Aufenthalte im Ausland müssen demnach mit dem Jobcenter abgesprochen sein. Empfänger sind verpflichtet, für das Jobcenter erreichbar zu sein, auch wenn sie sich vorübergehend im Ausland aufhalten.
Muss das Bürgergeld auf ein deutsches Konto überwiesen werden?
Laut dem KI-generierten Video, das besagt, dass ukrainische Staatsbürger seit Beginn des Monats Bürgergeld bekommen, wird das Geld auf "ein im Ausland angegebenes Konto" überwiesen.
Generell muss das Bürgergeld nicht auf ein deutsches Konto überwiesen werden. Es kann auch auf ein fremdes Konto überweisen werden, insofern dies ein Konto aus einem EU- oder Europäischen Wirtschaftsraums-Staat ist, der den SEPA-Standard unterstützt.
Konten aus Ländern wie der Schweiz, der Türkei oder auch der Ukraine sind hier nicht zulässig.
Änderungen für ukrainische Flüchtlinge beim Bürgergeld
Seit Juni 2022 und unter der ehemaligen Ampel-Regierung erhielten Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland kein Geld mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern direkt das Bürgergeld.
Das bedeutete: Höhere finanzielle Unterstützung, volle Krankenversicherung, sofortiger Zugang zum Arbeitsmarkt und bessere Integrationsangebote.
Die ehemalige Regierung wollte somit eine schnellere und würdigere Unterstützung ermöglichen.
Das hat sich jedoch mit der neuen schwarz-roten Bundesregierung unter Friedrich Merz geändert: Ukrainer, die seit dem 1. April 2025 nach Deutschland geflohen sind, bekommen nicht mehr Bürgergeld, sondern Unterstützung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Im Rahmen des Bürgergelds erhalten Alleinstehende 563 Euro pro Monat. Asylbewerber hingegen haben Anspruch auf 122 Euro weniger und erhalten somit 441 Euro über eine Bezahlkarte.
Wann soll die Änderung in Kraft treten?
Die geplante Kürzung des Bürgergelds für ukrainische Geflüchtete sollte der Berliner Zeitung zufolge "ursprünglich zügig umgesetzt werden", idealerweise noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Juli 2025, wie die Berliner Zeitung berichtete.
Das Gesetz könnte Berichten zufolge noch im Laufe dieses Jahres oder Anfang 2026 in Kraft treten, jedoch mit rückwirkender Gültigkeit ab dem 1. April 2025. Bislang befinde sich die Änderung noch im Gesetzgebungsverfahren.
Gegenüber Euronews erklärt die erste stellvertretende Vorsitzende der Allianz Ukrainischer Organisationen, Nataliya Pryhornytska, dass sie die geplanten Änderungen mit großer Sorge beobachten.
"Dieser Schritt stellt eine Rückentwicklung in der sozialen Absicherung dar und trifft besonders verletzliche Gruppen: vielfach Frauen mit Kindern, ältere Menschen, Personen mit Behinderung oder traumatischen Kriegserfahrungen", erklärt sie.
Das Asylbewerberleistungsgesetz wurde ursprünglich für ganz andere Zielgruppen konzipiert und geht davon aus, dass Betroffene nur kurzfristig in Deutschland bleiben, so Pryhornytska.
"Diese Annahme entspricht nicht der Realität ukrainischer Geflüchteter, von denen viele aus stark zerstörten Regionen stammen und derzeit keine Perspektive auf eine baldige Rückkehr haben."
Über 1,2 Millionen von den rund 4,8 Millionen ukrainischen Geflüchteten sind, stand April dieses Jahres, in Deutschland.
Aktuell sind laut Mediendienst Integration etwa die Hälfte der rund 900.000 erwerbsfähigen Ukrainer in Deutschland arbeitslos.
Merz zufolge verfolge die Bürgergeld-Reform nicht nur das Ziel, Sozialausgaben für Geflüchtete zu senken, sondern auch die Integration ukrainischer Geflüchteter in den Arbeitsmarkt zu stärken.