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"Historischer Moment" für Polen: Wie geht es weiter mit dem Ölvorkommen vor Usedom?

Ölplattform (Archivbild)
Ölplattform (Archivbild) Copyright  EBU
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Von Marcelina Burzec & Euronews
Zuerst veröffentlicht am Zuletzt aktualisiert
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Wer wird von der Entdeckung des großen Öl- und Gasvorkommens vor Polens Ostseeküste profitieren? Euronews befragte Experten. Die fragen sich wiederum, wo eigentlich der Staat in den vergangenen Jahren blieb.

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Das kanadische Unternehmen Central European Petroleum (CEP) hat die Entdeckung des größten konventionellen Ölfeldes in der Geschichte Polens vor der Ostseeküste bekanntgegeben. Das Vorkommen liegt etwa sechs Kilometer vor Swinemünde und der deutschen Ferieninsel Usedom. Nach vorläufigen Schätzungen könnte es 22 Millionen Tonnen Öl und 5 Milliarden Kubikmeter Gas umfassen.

Die Größe des entdeckten Feldes entspricht ungefähr dem jährlichen Ölbedarf Polens.

Am Montag erklärte CEP, dass Polen vorrangig von dem dort geförderten Öl und Gas profitieren würde.

"Das ist eine Art Unsinn", kritisiert Piotr Woźniak, ehemaliger Geschäftsführer von Polskie Górnictwo Naftowe i Gazownictwo (PGNiG), einem polnischen Unternehmen, das sich mit der Förderung, Speicherung und Verteilung von Erdgas und Erdöl beschäftigt, im Interview mit Euronews. Nach Angaben für 2019 hat PGNiG 1,2 Millionen Tonnen Öl in Polen und im Ausland gefördert.

"Die Priorität liegt nicht in Polen, nicht in Russland, nicht im Sudan oder in der Elfenbeinküste. Vorrang hat derjenige, der das Mineral entdeckt. Wenn es von diesem Unternehmen entdeckt wird, hat dieses Unternehmen Vorrang vor allen anderen. Allerdings muss es die Lagerstätte zunächst dokumentieren. So sieht es das europäische Recht vor", unterstreicht der Experte.

"Denen geht es um Geld, nicht um irgendeine Nation. Sie können es verkaufen, an wen immer sie wollen. Natürlich unter Berücksichtigung aller internationalen Aspekte. Sie können es nicht an die Russen oder das Medellin-Kartell in Kolumbien verkaufen, denn da wären alle wütend."

Marketing auf der Suche nach Geldgebern?

"Die geschäftliche Realität ist, dass das Unternehmen nun so schnell wie möglich Geld von irgendwoher bekommen möchte. Es muss diese Lagerstätte selbst dokumentieren, damit es die vollen Rechte daran hat und rechtlich in der Lage ist, die Vorkommen abzubauen. Es muss bohren, und um zu bohren, muss es Geld haben", ordnet Woźniak ein.

"Sie stellen sich hier vor einem möglichen Käufer zur Schau, weil sie wissen, dass wir [in Polen] eine Diversifizierung der Quellen anstreben, dass wir - zumindest nach den Begründungen, die man von der Regierungsverwaltung hört - auf unsere eigenen Ressourcen setzen."

Wo war der Staat?

"Die Firma CEP hat im Moment eine Explorationslizenz, mit der sie nach einem Öl- und Gasfeld gesucht haben, sie haben es fröhlich angebohrt. Dazu sollte man sie beglückwünschen, denn das passiert selten. Bei solchen Mengen ist es umso mehr ein Grund, ihnen zu gratulieren", sagt Wozniak.

Der ehemalige Geschäftsführer von PGNiG kritisiert hingegen die Trägheit des polnischen Staatsunternehmens, das die Chance hatte, auf die Ressourcen zu stoßen, die Central European Petroleum nun fördern kann.

"Das Unternehmen Orlen Upstream wurde im Dezember 2005 gegründet. Mit einer Satzung, in der es um die Exploration und Förderung von Öl und Gas ging. Von Dezember 2005 bis Dezember 2019, also 14 Jahre lang, hat Orlen keinen einzigen Kubikmeter Gas und kein einziges Barrel Öl in Polen gefördert. 14 Jahre lang haben sie nichts getan und offensichtlich viel Geld genommen, weder unter einer Regierung, noch unter einer anderen, noch unter einer dritten. Es kam nichts dabei heraus", schimpft er.

"Wie konnte ein Unternehmen von der Größe von CEP, das in ein Schnapsglas passt, riesige Ressourcen entdecken, wo war da der Staat?"

Ernergiegleichgewicht in Europa bleibt unverändert

Nach Woźniaks Ansicht wird die Förderung aus dem neu entdeckten Vorkommen das europäische Energiegleichgewicht nicht verändern, die Verhältnisse in Polen selbst aber schon.

Die Vorkommen könnten 22 Millionen Tonnen Öl umfassen, und, wie der Experte betont, "die Verarbeitungskapazität der polnischen Raffinerien liegt bei etwa 24 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr."

"Aus der Sicht einer großen Energiepolitik ist dies kein Durchbruch. Aber unter dem Gesichtspunkt der Investitionen in der Ostsee - ja, denn es ist ein Vielfaches dessen, was wir derzeit in der Ostsee fördern", erklärt auch Energieexperte Wojciech Jakóbik gegenüber Euronews.

"Es ist auch ein positives Investitionssignal, dass es mehr von diesen Vorkommen geben könnte, dass es sich lohnt, in unserem Becken nach Rohstoffen zu suchen, also wer weiß, ob es nicht noch mehr Nachrichten von anderen Investoren geben wird."

"Investoren haben sich in ganz Europa auf die Suche nach Kohlenwasserstoffen begeben. Polen ist nicht isoliert. Wir hören zum Beispiel, dass Deutschland in Zusammenarbeit mit den Niederländern Kohlenwasserstoffe in der Nordsee und darüber hinaus fördern will. Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass wir in Europa einen Wandel erleben. Die strenge Sicherheitslage lässt uns die Förderung von Gas, Gas und Öl aus Europa wieder positiver betrachten", meint Jakóbik.

Auf deutscher Seite kamen allerdings mit Bekanntgabe des neu entdeckten Vorkommens auch schon erste Sorgen hinsichtlich Tourismus und Umweltschutz auf.

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