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Wird in Frankreich der Ausweis mit den Social-Media-Konten verknüpft?

Digitale IDs werden in Europa immer mehr verbreitet
Digitale IDs werden in Europa immer mehr verbreitet Copyright  Canva
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Von James Thomas
Zuerst veröffentlicht am
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Frankreich vor dem Überwachungsstaat? Ein virales Gerücht behauptet, der digitale Ausweis France Identité solle mit Social-Media-Konten verknüpft werden. Was steckt wirklich dahinter?

Im Internet macht derzeit das Gerücht die Runde, Frankreich stehe am Beginn einer „Phase der totalen Überwachung“. Demnach solle der digitale Personalausweis des Landes, France Identité, künftig direkt mit den persönlichen Social-Media-Konten der französischen Bürger verknüpft werden.

France Identité ist eine App, mit der Bürger auf Basis des neuen französischen Personalausweises eine digitale Identität erstellen können. Sie ermöglicht es, sich sowohl online als auch offline auszuweisen. Die Nutzung ist freiwillig und soll den physischen Ausweis nicht ersetzen.

Auch andere europäische Länder wie Dänemark, Estland und Spanien verfügen bereits über digitale Identitätssysteme. Deutschland und die Niederlande planen, ähnliche Lösungen einzuführen oder sich an der EU-weiten digitalen Identitätsbörse zu beteiligen. Ein digitaler Ausweis kann unter anderem für den Zugang zu öffentlichen Diensten, zur digitalen Signatur oder beim Online-Banking verwendet werden.

Ein Beitrag auf X behauptet jedoch, Frankreich wolle digitale IDs künftig mit Social-Media-Profilen verknüpfen, um angeblich „böse Personen“ leichter verfolgen zu können. Faktisch wäre das jedoch ein Schritt in Richtung einer Gesellschaft, in der Meinungen und Äußerungen staatlich überwacht werden.

Dem Beitrag ist ein Video beigefügt, in dem Paul Midy, Abgeordneter der Renaissance-Partei von Präsident Emmanuel Macron, erklärt, die geplante Maßnahme solle die völlige Anonymität im Netz beenden und so Online-Belästigung sowie andere Straftaten eindämmen.

Der Beitrag verwendet einen alten Interviewausschnitt aus dem Jahr 2023
Der Beitrag verwendet einen alten Interviewausschnitt aus dem Jahr 2023 Euronews

Zwar ist das Video echt und stammt aus einem Interview mit dem französischen Radiosender RTL, doch die Schlussfolgerung des Social-Media-Posts ist irreführend: Die französischen Abgeordneten haben zwar über eine solche Verknüpfung diskutiert, den Vorschlag jedoch verworfen. Eine Einführung dieser Maßnahme ist derzeit nicht geplant.

Die Idee wurde erstmals 2023 im Rahmen der Debatte über das Gesetz zur Sicherung und Regulierung des digitalen Raums (SREN-Gesetz) diskutiert. Midy und andere Abgeordnete schlugen damals eine Änderung vor, wonach bei der Einrichtung eines Social-Media-Kontos eine Identitätsbestätigung über einen staatlich anerkannten Dritten, etwa den digitalen Personalausweis, erforderlich gewesen wäre.

Nutzer hätten weiterhin Pseudonyme verwenden können, doch im Falle von Fehlverhalten wäre eine Identifizierung durch die Behörden möglich gewesen.

Das Interview mit Midy, das in dem Social-Media-Post zitiert wird, stammt tatsächlich aus jener Zeit. Das Video wurde am 19. September 2023 auf YouTube veröffentlicht, wie The Cube herausfand. Der Vorschlag stieß jedoch auf massiven Widerstand, da Kritiker Verstöße gegen Datenschutz und Meinungsfreiheit befürchteten. Die Passage wurde schließlich aus dem Gesetzentwurf gestrichen.

Kritiker bemängelten Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung.

Das SREN-Gesetz trat im Mai 2024 in Kraft – ohne eine Pflicht, digitale IDs mit Social-Media-Konten zu verknüpfen. Aktuell kann die digitale Identität freiwillig genutzt werden, etwa um das Alter bei der Einrichtung eines Social-Media-Profils zu bestätigen. Eine automatische oder verpflichtende Verknüpfung mit Online-Konten gibt es jedoch nicht.

Rund um das Thema digitale Identität kursieren im Netz häufig Falschinformationen. So hatte The Cube bereits zuvor Behauptungen widerlegt, die EU-Digitale Brieftasche sei ein Instrument, um die Privatsphäre der Bürger einzuschränken und ihre Aktivitäten zu kontrollieren. Unabhängige Experten betonen, Ziel der Initiative sei es, den Nutzern mehr Kontrolle über ihre Daten und Privatsphäre zu geben, nicht weniger.

Die für France Identité zuständige Regierungsabteilung reagierte bislang nicht auf eine Anfrage zur Stellungnahme.

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