Gehälter im Vergleich: Wo in Europa verdienen Lehrer am meisten, wo am wenigsten?

Eine Lehrerin begrüßt die Schülerinnen und Schüler am ersten Schultag des neuen Schuljahres an der Schule "Revolution Jet d'Eau" in Marseille, Frankreich, 1. September 2022
Eine Lehrerin begrüßt die Schülerinnen und Schüler am ersten Schultag des neuen Schuljahres an der Schule "Revolution Jet d'Eau" in Marseille, Frankreich, 1. September 2022 Copyright CLEMENT MAHOUDEAU/AFP
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Von Servet Yanatma
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Lehrerinnen und Lehrer werden oft als Helden gefeiert, aber in vielen Ländern zeigt sich die Anerkennung nicht auf dem Gehaltszettel. Wo verdienen Lehrende am besten, wo am wenigsten?

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Die Leistung von Lehrerinnen und Lehrer für eine Gesellschaft gilt als Schlüsselrolle. Allerdings schlägt sich diese Anerkennung in vielen Ländern in Europa am Ende des Monats nicht auf dem Gehaltszettel nieder.

In Ungarn haben Lehrer:innen nach den Streiks im September auch in diesen Wochen erneut in Budapest demonstriert und von der Regierung höhere Gehälter und dringende Reformen gefordert. Immer mehr Lehrkräfte wurden sogar wegen "zivilen Ungehorsams" entlassen, nachdem sie die Arbeit niedergelegt hatten.

Die Proteste in Ungarn sind Teil eines umfassenderen Bildes des Unbehagens im Bildungswesen zahlreicher europäischer Länder. Derweil verbreitet sich der Lehrermangel in ganz Europa. In Frankreich sind derzeit 4.000 Stellen unbesetzt, und in Deutschland werden nach neuesten Schätzungen bis 2025 25.000 Lehrkräfte fehlen.

Die Situation ist größtenteils auf die Arbeitsbedingungen zurückzuführen, einschließlich stagnierender Löhne, die durch gestiegene Lebenshaltungskosten noch verschärft werden.

Wie hoch sind die Gehälter von Lehrer:innen in Europa? Welche Länder zahlen am meisten, welche am wenigsten? Und wie stark haben sich die Lehrergehälter in den letzten zehn Jahren verändert?

Bei den Lehrergehältern gibt es in den europäischen Ländern erhebliche Unterschiede.

Die offiziellen jährlichen Bruttoanfangsgehälter an öffentlichen Schulen der Sekundarstufe I (ISCED 2) reichten 2020/2021 von rund 4 233 € in Albanien bis zu 69 076 € in Luxemburg, so die von der Europäischen Kommission/EACEA/Eurydice zusammengestellten Länderdaten.

Das Durchschnittsgehalt von Lehrkräften in den Ländern der Europäischen Union (EU) liegt bei 25.055 €.

Monatliche Bruttoanfangsgehälter von Lehrer:innen (2020-2021)*

Lehrkräfte in Frankreich und Italien verdienen nur halb so viel wie in Deutschland

Abgesehen von Luxemburg lag das jährliche Einstiegsgehalt nur in zwei Ländern über 50 000 €, nämlich in der Schweiz (66 972 €) und in Deutschland (54 129 €).

Anmerkung: Bei diesem Vergleich ist wichtig anzumerken, dass Bruttolöhne in Deutschland vergleichsweise hoch ausfallen. Laut Bundesfinanzministerium blieben nach Abzügen für Sozialversicherung, Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag im Jahr 2022 vom durchschnittlichen Bruttogehalt netto 66,1 % übrig.

In Frankreich und Italien lag das Jahresgehalt bei weniger als der Hälfte des deutschen Wertes.

Bulgarien wies mit 7.731 € das niedrigste Jahresanfangsgehalt für Lehrende unter den EU-Ländern auf. Auch in mehreren anderen EU-Ländern wie Lettland, der Slowakei, Ungarn, Rumänien und Polen liegt der Wert unter 10 000 Euro.

Der Kaufkraftstandard (KKS) ist eine von Eurostat definierte "künstliche Währungseinheit", in der man mit einer KKS-Einheit theoretisch in jedem Land die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen kaufen kann. Die Betrachtung der Gehälter in KKS gleicht einige der Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten zwischen den Ländern aus, aber es gibt immer noch große Unterschiede.

Die Gehälter von Lehrkräften reichen von 7.824 KKS in Albanien bis zu 50.357 KKS in Deutschland. Während das jährliche Bruttoanfangsgehalt von Lehrer:innen im Allgemeinen zwischen 20 000 und 30 000 KKS liegt, beträgt es in 10 EU-Ländern immer noch weniger als 20 000 KKS: Estland, Malta, die Tschechische Republik, Rumänien, Griechenland, Bulgarien, Polen, Ungarn, Lettland und die Slowakei.

Jährliche Bruttoanfangsgehälter von Lehrern in Kaufkraftstandard (KKS) - 2020/21

Die Balkanländer Montenegro und Nordmazedonien, die nicht zur EU gehören, haben höhere Lehrergehälter in KKS als mehrere EU-Länder. Überraschenderweise schneidet die Türkei in KKS (28 455) deutlich besser ab als bei den Nominalgehältern (8 330 €): Während sie bei den Nominalwerten auf Platz 28 von 36 Ländern liegt, belegt sie in KKS Platz 11.

Wo stehen die Gehälter der europäischen Lehrkräfte im Vergleich zum Mindestlohn?

Das Verhältnis der Lehrergehälter zum Mindestlohn zeigt, wie viel Lehrkräfte im Vergleich zum Mindestlohn in jedem Land verdienen. Das Verhältnis wird berechnet, indem das Bruttogehalt der Lehrer:innen durch den Bruttomindestlohn geteilt wird.

Dieses Verhältnis ist in Deutschland mit 2,8 am höchsten, während Polen mit 1,1 das niedrigste Verhältnis aufweist.

Mit anderen Worten: Das Anfangsgehalt von Lehrkräften in Polen liegt sehr nahe am Mindestlohn, während Lehrerinnen und Lehrer, die an staatlichen Schulen in Deutschland anfangen, fast das Dreifache des Mindestlohns verdienen.

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Verhältnis zwischen den Anfangsgehältern von Lehrern und dem Mindestlohn (2020-2021)

Das durchschnittliche Verhältnis in 21 EU-Ländern liegt bei 1,86, während es in Frankreich und Griechenland nur 1,4 beträgt.

In den meisten europäischen Ländern verdienen Lehrkräfte, die eine Stelle an staatlichen Schulen antreten, im Durchschnitt auch deutlich weniger als das nationale Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf.

Nur in sieben von 36 Ländern war ihr jährliches Bruttoanfangsgehalt höher als das Pro-Kopf-BIP. Die größte Lücke zwischen Gehalt und Pro-Kopf-BIP wurde in Nordmazedonien mit 1,28 verzeichnet, während das Verhältnis in Irland mit 0,45 am niedrigsten war.

Während Deutschland zu den Ländern mit dem höchsten Pro-Kopf-BIP in Europa gehört, liegt das Verhältnis bei 1,26. Das heißt, Junglehrer:innen verdienen immer noch mehr als das durchschnittliche Pro-Kopf-BIP. Im Gegensatz dazu liegt dieses Verhältnis in Frankreich bei nur 0,71.

Verhältnis der Anfangsgehälter von Lehrern zum Pro-Kopf-BIP (2020-2021)*

Wie haben sich Lehrergehälter in den letzten zehn Jahren verändert?

Der jüngste Eurydice-Bericht enthält auch Zahlen für den Zeitraum 2009/2010. Damals reichten die jährlichen Bruttoanfangsgehälter von Lehrkräften von 2 743 € in Rumänien bis 63 895 € in Luxemburg.

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Der Durchschnitt in 26 EU-Ländern lag 2009/2010 bei 19 563 Euro. In sechs EU-Ländern lag er jedoch unter 5 000 EUR, nämlich in der Slowakei (4 824 EUR), Polen (4 462 EUR), Litauen (4 275 EUR), Lettland (4 166 EUR), Bulgarien (2 761 EUR) und Rumänien (2 743 EUR).

In den anderen EU-Ländern lag das Bruttogehalt von Berufseinsteiger:innen im Allgemeinen zwischen 18 000 und 30 000 €. In Deutschland und Dänemark lagen die Gehälter über 35 000 €.

Jährliche Bruttoanfangsgehälter von Lehrern (2009/2010)

Die Veränderung der jährlichen Bruttoanfangsgehälter von Lehrkräften zwischen 2009/2010 und 2020/2021 war in Litauen am höchsten, wo die Löhne in diesen 11 Jahren um 269 Prozent stiegen. In den neuen EU-Mitgliedstaaten Rumänien und Bulgarien stiegen die Lehrergehälter in den letzten zehn Jahren ebenfalls drastisch an, und zwar um 193 bzw. 180 Prozent.

Auch in Deutschland, das im Zeitraum 2009/2010 bereits das zweithöchste Gehalt zahlte, stieg das Anfangsgehalt von Lehrer:innen um 42 Prozent. In sechs EU-Ländern - Zypern, Portugal, Spanien, Italien, Slowenien und Luxemburg - lag die Veränderung unter 10 Prozent.

Die Türkei ist das einzige Land auf der Liste, in dem die Anfangsgehälter von Lehrkräften im Laufe des Jahrzehnts gesunken sind, und zwar um 876 Euro oder 10 Prozent - was auf den Verfall der türkischen Lira in den letzten Jahren zurückzuführen sein dürfte.

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Veränderung der jährlichen Bruttoanfangsgehälter von Lehrern zwischen 2009/10 und 2020/21

In Island stiegen die jährlichen Bruttoanfangsgehälter von Lehrkräften zwischen 2009/2010 und 2020/2021 nominal um 25 720 Euro und damit am stärksten von allen untersuchten Ländern, gefolgt von Deutschland (15 915 Euro) und Schweden (15 135 Euro).

Auch in Österreich, Litauen und Dänemark stiegen die Anfangsgehälter um mehr als 10 000 Euro.

Jährliche Bruttoanfangsgehälter von Lehrer:innen

Sind Lehrerinnen und Lehrer in Europa mit ihren Gehältern zufrieden?

Kurz gesagt: nein.

Laut der Teaching and Learning International Survey (TALIS) von 2018 waren im Durchschnitt nur 26 Prozent der Lehrkräfte in den an TALIS teilnehmenden OECD-Ländern und Volkswirtschaften der Meinung, dass ihre Arbeit von der Gesellschaft geschätzt wird, und 39 Prozent waren mit ihrer Bezahlung zufrieden.

Wie viel Geld geben Länder für Bildung aus?

Im Jahr 2020 beliefen sich die gesamtstaatlichen Ausgaben für Bildung in der EU auf 671 Milliarden Euro oder 5 Prozent des BIP.

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Die EU-Länder, die den höchsten Anteil des BIP für Bildung ausgaben, waren Schweden (7 Prozent), Belgien und Estland (6,6 Prozent), gefolgt von Dänemark (6,4 Prozent) in der EU.

Außerhalb der EU gab Island 7,7 % seines BIP für Bildung aus. Die niedrigsten Bildungsausgaben im Verhältnis zum BIP wurden in Irland (3,1 %), Rumänien (3,7 %) und Bulgarien (4 %) verzeichnet.

Wie viele Schüler werden von einer Lehrkraft betreut?

In der EU lag die durchschnittliche Zahl der Schüler pro Lehrkraft im Primarbereich im Jahr 2020 bei 13,6 - aber auch hier gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern.

Die niedrigsten Quoten - die manche als ideal bezeichnen würden - wurden in Griechenland (8,4), Luxemburg (8,9) und Ungarn (10) verzeichnet, während Großbritannien (19,9), Rumänien (19,2) und Frankreich (18,4) die höchste durchschnittliche Zahl von Schülern pro Lehrkraft haben.

Das Schüler-Lehrer-Verhältnis wird berechnet, indem die Zahl der Schüler in Vollzeitäquivalenten durch die Zahl der Lehrkräfte in Vollzeit geteilt wird.

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Anzahl der Schüler pro Lehrer in der Grundschule (2020)

Besorgniserregender Mangel an Lehrkräften

In den europäischen Ländern gibt es bereits heute einen besorgniserregenden Personalmangel im Bildunssektor.

In Deutschland waren zu Beginn dieses Schuljahres mehr als 30.000 Lehrstellen unbesetzt.

In Polen fehlen rund 20.000 und in Ungarn etwa 16.000 Lehrerinnen und Lehrer, und das französische Bildungsministerium gab an, dass 4.000 von etwa 27.300 neuen Lehrerstellen unbesetzt bleiben.

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