Ein neuer Bericht zeigt die besten und schlechtesten Bahnbetreiber in Europa. Die Ergebnisse unterstreichen, dass die Bahnbetreiber europaweit Verbesserungen anstreben müssen.
Europas Bahnverkehr kommt nicht an seine Erwartungen heran - und teure Fahrkartenpreise bedeuten nicht zwangsläufig eine höhere Qualität der Dienstleistungen, so ein neuer Bericht.
In der Umfrage der Kampagnengruppe Transport and Environment (T&E) wurden 27 verschiedene Bahnbetreiber auf dem gesamten Kontinent bewertet. Jedes Unternehmen wurde anhand von acht verschiedenen Kriterien bewertet: Fahrpreise, Sondertarife und Ermäßigungen, Zuverlässigkeit, Buchungserfahrung, Entschädigungspolitik, Erfahrungen der Reisenden, Nachtzüge und Fahrradpolitik.
Der Konsens wächst, dass der Bahnverkehr in Europa verbessert werden muss. Und auch die Umfrage von T&E unterstreicht wieder: Die Branche benötigt Reformen.
Welche Bahnunternehmen sind die besten in Europa?
Das italienische Unternehmen Trenitalia führt das T&E-Ranking mit 7,7 von 10 Punkten an und zeichnet sich vor allem durch sein Reiseerlebnis aus. Dahinter folgt die Schweizer SBB mit einer Punktzahl von 7,4, die als pünktlichste Bahn in Europa gilt.
Ebenfalls 7,4 Punkte hat das tschechische Unternehmen RegioJet erhalten, das dem Bericht zufolge mit die günstigsten Ticketpreise auf dem Kontinent hat.
Welche Bahnunternehmen sind die schlechtesten in Europa?
Am Ende der Liste steht Eurostar mit 4,9 von 10 Punkten über alle acht Kriterien hinweg. Laut T&E spiegelt dies die hohen Preise - die 25 Prozent der Bewertung ausmachen - und die geringe Zuverlässigkeit wider.
Der Bericht stellt fest, dass Eurostar auf vergleichbar langen Strecken fast doppelt so teuer ist wie andere europäische Betreiber.
Ein Eurostar-Sprecher sagte, der Betreiber sei von den Umfrageergebnissen "überrascht" und stimme mit den Schlussfolgerungen des Berichts nicht überein.
Er verwies auf die jüngsten Änderungen seit der Erhebung der Daten und erklärte, dass der Buchungsvorgang nun für alle Züge gleich sei, die Richtlinien für die Fahrradmitnahme aktualisiert und ein Service zum Kauf ermäßigter Last-Minute-Tarife neu eingeführt worden seien.
Der Eurostar-Sprecher fügte hinzu, dass keine automatischen Rückerstattungen angeboten werden, um den Kunden die Möglichkeit zu geben, die Art der Entschädigung zu wählen, die sie erhalten möchten.
"Wir sind zuversichtlich, dass die Bewertungen besser ausfallen würden, wenn dieser Bericht noch einmal erstellt würde", so der Betreiber.
Eurostar folgen am Ende der Liste Griechenlands Hochgeschwindigkeitszug Hellenic Train und Frankreichs Billigzug Ouigo.
Welches sind die zuverlässigsten Bahnunternehmen in Europa?
Die Zuverlässigkeit und die Einfachheit der Buchung machen 15 Prozent der Bewertung eines Betreibers aus.
Auf den ersten drei Plätzen liegen die Schweizer SBB, die belgische SNCB und die spanische Renfe.
Auch bei der Buchungsfreundlichkeit führt die SBB die Liste an, gefolgt von der Deutschen Bahn und den österreichischen ÖBB. Dabei geht es beispielsweise darum, wie lange im Voraus Fahrkarten angeboten werden und ob sie über externe Plattformen verkauft werden können.
Allerdings erreichten nur 11 der 27 untersuchten Unternehmen eine Pünktlichkeitsquote von über 80 Prozent.
Die Deutsche Bahn, die portugiesische CP und die schwedische Snälltåget schneiden bei der Zuverlässigkeit am schlechtesten ab.
Welches sind die teuersten und günstigsten Bahnunternehmen in Europa?
Vergleicht man die Preise pro Kilometer, so war das Reisen mit der Bahn im Vereinigten Königreich besonders teuer. Great Western Railway war mit zweieinhalb Mal so hohen Preisen wie der Durchschnitt der EU-/Schweizer Bahngesellschaften am teuersten.
Am zweitteuersten war der Eurostar, dessen Preise doppelt so hoch waren wie die der anderen europäischen Betreiber. Der Bericht stellt fest, dass Eurostar im Vergleich zu anderen internationalen Bahngesellschaften auffallend teuer ist und bis zu fünfmal so viel wie RegioJet kostet.
Am drittteuersten war das britische Unternehmen Avanti West Coast, dessen Preise anderthalb Mal so hoch waren wie die des durchschnittlichen EU-/Schweizer Betreibers.
Der preisgünstigste Anbieter in Europa war der deutsche Neueinsteiger Flixtrain. Es wurde festgestellt, dass er viermal billiger ist als die Deutsche Bahn, der Hauptkonkurrent in Deutschland. Neben Flixtrain gehören auch Ouigo und RegioJet zu den drei günstigsten Anbietern.
Bei den Sondertarifen, wie z. B. Ermäßigungen für Familien oder bestimmte Altersgruppen, schnitten die bulgarische BDZ, die portugiesische CP, die griechische Hellenic Trains, die schwedische SJ sowie die italienischen Betreiber Italo und Trenitalia am besten von den 27 Anbietern ab.
Der Bericht zeigt auch, dass hohe Preise nicht unbedingt einen besseren Service bedeuten. Die ÖBB und Trenitalia wiesen eines der besten Preis-Qualitäts-Verhältnisse in Europa auf, während Eurostar und Avanti zwar hohe Preise hatten, aber einen unterdurchschnittlichen Service boten.
Hohe Fahrpreise "vertreiben Fahrgäste"
Laut Victor Thévenet, Manager für Bahnpolitik bei T&E, ist die "Eintrittskarte" für Bahnreisen für alle Europäer, Bahnreisen erschwinglicher zu machen.
Untersuchungen von McKinsey haben ergeben, dass 49 Prozent der Menschen den Preis als Hauptgrund für die Wahl eines Verkehrsmittels nennen. Europe on Rail hat außerdem herausgefunden, dass 73 Prozent der Menschen der Meinung sind, dass Bahnreisen generell billiger sein sollten als Flugreisen auf denselben Strecken.
"Die himmelhohen Fahrpreise treiben die Fahrgäste von der Bahn weg", erklärte Thévenet - die Senkung der Kosten sei eine "gemeinsame Verantwortung von Industrie und Regierungen".
"Die Bahnbetreiber müssen kundenfreundliche Tarife festlegen, während die Mitgliedstaaten und die EU für einen fairen Wettbewerb und niedrigere Bahngebühren sorgen sollten."
Wie kann der europäische Schienenverkehr verbessert werden?
Einige Verbesserungen für den europäischen Schienenverkehr sind bereits in Arbeit.
Die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, hat kürzlich zugesagt, eine einheitliche Verordnung über die digitale Buchung und Ausstellung von Fahrscheinen zu schaffen. Diese würde es den Fahrgästen ermöglichen, Fahrkarten für Züge zu buchen, die über Ländergrenzen und Betreiber hinweg verkehren, ohne sich Gedanken über verpasste Anschlüsse machen zu müssen. Außerdem würden sie im Falle von Verspätungen von den vollen EU-Fahrgastrechten profitieren.
"Die EU hat ein Fenster geöffnet, um endlich die Bahnunternehmen zu verpflichten, ihre Fahrkarten mit Buchungsplattformen zu teilen, um grenzüberschreitende Buchungen mit nur einem Klick zu ermöglichen", so Thévenet.
"Zusammen mit der Einführung des europäischen Standards für das Zugsicherungssystem ERTMS, das die Kapazität und Pünktlichkeit der Züge erhöhen wird, haben diese Verordnungen das Potenzial, den Schienenverkehr zuverlässiger und benutzerfreundlicher zu machen. Es ist nun an der Zeit, dass die Kommission zeigt, dass dies keine leeren Versprechungen sind."