Wie Ungarn mit der Flüchtlingswelle umgeht

Wie Ungarn mit der Flüchtlingswelle umgeht
Von Euronews
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Unaufhaltsam strömen täglich Hunderte Flüchtlinge über Serbien nach Ungarn. Viele marschieren auf Bahndämmen – hier gibt es keine Hindernisse. An

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Unaufhaltsam strömen täglich Hunderte Flüchtlinge über Serbien nach Ungarn. Viele marschieren auf Bahndämmen – hier gibt es keine Hindernisse.

An der Grenze zwischen Ungarn und Serbien endet die Europäische Union, Budapest ist für den Schutz der Grenze zuständig. Um illegale Einwanderung zu verhindern, entschied sich die ungarische Regierung für die Errichtung eines fast vier Meter hohen und 175 Kilometer langen Zauns.

Seit Jahresbeginn haben die ungarischen Behörden 167.000 unrechtmäßige Grenzübertritte registriert. In Röszke wurde ein Flüchtlingslager eingerichtet, hier werden die Personalien der Menschen festgestellt, angesichts der großen Anzahl kommt es mitunter zu tagelangen Wartezeiten. Manche Flüchtlinge müssen unter freiem Himmel schlafen, das Lager ist überfüllt.

“Wir warten darauf, dass unsere Namen aufgenommen und wir mit einem Bus nach Budapest gebracht werden”, sagt ein Syrer.

This boy from Syria picked up a sunflower in the field as he ran with his family from Röszke camp. pic.twitter.com/32Hzza9jyA

— Carlo Angerer (@carloangerer) September 8, 2015

Vereinzelt kam es zu Auseinandersetzungen, als Flüchtlinge versuchten, das Lager zu verlassen, ohne zuvor registriert worden zu sein, und Polizisten sie daran hindern wollten.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban betont, keine der Maßnahmen seiner Regierung verstießen gegen EU-Gesetze. “Wir haben das Schengener Abkommen unterzeichnet und halten uns daran”, so Orban. “Das Problem ist, dass das derzeit unmöglich ist. Würden wir ankündigen, dass die Grenzen ab morgen früh nur noch an den regulären Übergängen zu überqueren wären, dann sollten wir das auch durchsetzen können”, sagt er.

More chaos #Röszke. Needed: proper tents, electricity, water, doctors, interpreters, info. pic.twitter.com/gGnXa9Liov

— Nick Thorpe (@NickFT) September 8, 2015

Orbans Regierung hatte Gesetzesänderungen ins ungarische Parlament eingebracht, die am Freitag mit großer Mehrheit beschlossen wurden. So können Grenzverletzer und Schleuser künftig härter bestraft werden. Unter anderem auf Flugblättern machten die Behörden auf die neuen Regelungen aufmerksam.

Nachdem Hunderte Flüchtlinge die Autobahn nutzten, um nach Budapest zu marschieren, sperrte die ungarische Polizei die Strecke für den Verkehr. Die Flüchtlinge hatten sich dem Registrierungsverfahren verweigert, sie wollen weiter nach Westeuropa.

Ungarischer Regierungssprecher: “Immer weniger Menschen kooperieren mit den Behörden”

euronews-Reporterin Doloresz Katanich befragte den ungarischen Regierungssprecher Zoltan Kovacs zur Flüchtlingsthematik.

euronews:
Die Regierung hat eine Informationskampagne gestartet, mit der Einwanderer gewarnt werden sollen, nicht auf illegalem Wege ins Land zu kommen. Was erwarten Sie von dieser Kampagne?

Zoltan Kovacs:
Grundsätzlich soll damit die illegale Einwanderung nach Ungarn aufgehalten und in legale Bahnen geleitet werden. Der Sinn und Zweck dieser Kampagne ist, die Menschen, die auf dem Weg nach Ungarn sind, zu informieren, dass nächste Woche in Ungarn neue Gesetze in Bezug auf illegale Einwanderung in Kraft treten. Wir wollen nicht, dass die Menschen Schleusern auf den Leim gehen. Glauben Sie denjenigen nicht, die sagen, dass es einfach und legal sei, Ungarn zu durchqueren, um nach Deutschland zu gelangen.

Dennoch müssen wir weiterhin daran arbeiten, mit der Situation umzugehen: Mithilfe des Zauns an der Südgrenze, indem wir die Polizeipräsenz erhöhen und indem wir gemäß der Gesetze für härtere Strafen sorgen.

Ein gutes Ergebnis wäre, wenn die Zahl der Einwanderer an der ungarischen Grenze sinken würde, wenn die Zahl der Menschen, die Ungarn illegal durchqueren wollen, sinken würde. Es ist sehr schwer, genaue Zahlen zu nennen, und wir sehen kaum einen alternativen Weg, den die Menschen nehmen könnten, sobald die ungarische Grenze vollkommen überwacht wird und der Zaun fertig ist. Nicht nur Ungarn, sondern auch die Nachbarländer müssen sich mit diesen Fragen beschäftigen.

euronews:
Ungarn hat sich nicht auf die massenhafte Einwanderung vorbereiten können, deshalb kam es zu dieser Extremsituation. Was ist der Grund für dieses Chaos und wie sieht der Plan aus, so etwas künftig zu verhindern?

Kovacs:
Das Land ist bereit, sich um diese Menschen zu kümmern und die nötigen Dienste zu leisten, die in der internationalen Gesetzgebung vorgesehen sind.

Das Problem ist, dass immer weniger Menschen mit den Behörden kooperieren. Die Einwanderer, die illegal nach Ungarn gekommen sind, können und sollten sich auch nicht eigenständig entscheiden, Ungarn am nächsten Tag zu verlassen. Das ist laut der geltenden EU-Gesetze nicht möglich. Die Gesetze verbieten das.

euronews:
Welche nächsten Schritte kann Ungarn machen, um das Problem zu lösen? Werden Sie akzeptieren, dass Flüchtlinge auf legalem Wege kommen?

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Kovacs:
Die Menschen, die unsere Grenzen auf legalem Wege erreichen und in Ungarn oder in der Europäischen Union um Asyl bitten, können erwarten, dass wir jeden Einzelfall einzig auf der Grundlage der internationalen Gesetze prüfen werden. Ungarn hält sich an die EU-Gesetze und an die internationalen Gesetze.

euronews:
Wie können Sie erkennen, ob sich unter den Einwanderern möglicherweise Terroristen befinden?

Kovacs:
In diesem Jahr haben bislang mehr als 170.000 Menschen Ungarn auf illegalem Wege erreicht – ohne Kontrolle und ohne überprüft zu werden. Oft ohne Ausweis oder andere Papiere, um sie zu identifizieren. Natürlich ist das ein Sicherheitsrisiko. Es ist wichtig zu prüfen, ob sie Recht auf Asyl haben, denn im Rahmen dieses Vorgangs können sie überprüft werden.

Natürlich kooperieren wir im Hintergrund mit der EU-Grenzbehörde Frontex und anderen Stellen, die die Grenzen überwachen, sowie den nationalen Sicherheitsbehörden. Angesichts der großen Anzahl von Menschen ist es sehr wichtig, die Zusammenarbeit mit den anderen Behörden noch enger zu gestalten, denn die große Anzahl bedeutet auch eine große Gefahr.

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