Olympia: Probleme überschatten Vorfreude in Rio

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Die Kulisse für die Olympischen Spiele in Rio, sie könnte kaum schöner sein.

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Die Kulisse für die Olympischen Spiele in Rio, sie könnte kaum schöner sein. Wer genau hinsieht, erkennt allerdings einige Makel und ungelöste Probleme. Die machen allen Sorgen: den Brasilianern, den Sportlern und den Gästen aus aller Welt.

Ein Streitpunkt – das Olympische Dorf. Auf den ersten Blick eine beeindruckende Anlage, die bis zu 18.000 Bewohnern Platz bietet. Wie auch Australiens Mannschaft. Die weigerte sich, in ihr Gebäude einzuziehen. Die Mängelliste las sich dramatisch: verstopfte Toiletten, verdreckte Böden, undichte Rohre und freiliegende Stromkabel. Nach den harschen Tönen der Australier wurde ein Noteinsatz mit 500 Arbeitern gestartet.

Der Olympische Fackellauf – eigentlich ein Symbol des Friedens. In Brasilien wird er von Krawallen begleitet. Schon seit Monaten gehen Hunderttausende gegen die Spiele auf die Straße. Sie sind wütend, weil einige Bewohner für olympische Neubauten aus ihren Favelas vertrieben wurden, weil die gigantischen Geldsummen an anderen Stellen dringender gebraucht werden.

Und auch die Segelwettbewerbe waren selten so umstritten wie dieses Jahr. Die Guanabara-Bucht gleicht noch immer einer Kloake. Sportler sollen sich gegen Hepatitis impfen lassen, bei Wasserkontakt den Mund geschlossen halten.

Angst macht vielen Athleten auch das Zika-Virus. So sehr, dass einige ihre Teilnahme ganz absagten und Olympia nun vor dem Fernseher erleben.

Die Olympischen Spiele haben Rio in eine Hochsicherheitszone verwandelt. 88.000 Sicherheitskräfte sollen den Schutz der Sportler und Gäste gewährleisten. Mehrere mutmaßliche Terrorverdächtige wurden festgenommen, die möglicherweise Anschläge in Rio geplant haben sollen.

Und auch der russische Dopingskandal wirft weiter einen Schatten auf die Spiele. Alle Leichtathleten sind gesperrt. Mittlerweile wurden auch die Ruderer und die Gewichtheber ausgeschlossen. Immer mehr Russen klagen gegen die Entscheidung der einzelnen Fachverbände. Kurz vor dem Olympia-Beginn hält sich die Vorfreude in Rio also in Grenzen.

Euronews hat mit Sicherheitsexperte Carlos Caicedo über die Schattenseiten der Spiele in Rio gesprochen.

EN: In Rio ist vieles auf den letzten Drücker organisiert worden. Machen Sie sich Sorgen, dass Brasilien nicht bereit ist, die Sicherheit einer Veranstaltung dieser Größenordnung zu garantieren?

CAICEDO: Rio organisiert nicht zum ersten Mal ein großes internationales Event. Sie haben die Fußball-Weltmeisterschaft ausgerichtet, jedes Jahr gibt es den Karneval. Es wird eine enorme Anzahl an Polizisten und Militärs bereitgestellt, um die Spielstätten zu sichern. Ich denke also, sie schaffen das und dass die Sicherheit der Spiele gewährgeleistet ist. Natürlich gibt es immer die Gefahr, in den Straßen Rios ausgeraubt zu werden. Aber im Großen und Ganzen haben die Veranstalter die Fähigkeit und das Personal, für Sicherheit während der Olympischen Spiele zu sorgen.

EN: Sie haben über Kriminalität in Brasilien gesprochen. Fußballlegende Rivaldo hat den Menschen geraten, sich von den Spielen fernzuhalten – wegen möglicher Gewaltdelikte. Welchen Rat geben Sie Touristen in Rio?

CAICEDO: Ich habe das Sicherheitslevel letzte Woche als sehr hoch empfunden. Alle hundert Meter sieht man Soldaten und Polizisten, das ist ein deutliches Signal. Aber wenn man sich außerhalb dieser gesicherten Zonen aufhält – in den Favelas, dort, wo es nicht viel Schutz gibt – bringt man sich unnötig in Schwierigkeiten.

EN: Lassen Sie uns von der Bevölkerung Brasiliens sprechen. Einige äußerten gemischte Gefühle über Kosten und Sicherheit der Spiele. Halten Sie es für wahrscheinlich, dass einige Brasilianer versuchen werden, Olympia zu sabotieren?

CAICEDO: Es hat ja schon Proteste gegeben. Es gibt einige Verbände, die Demonstrationen organisieren wollen. Ich kann nur sagen, dass wir bisher nur ein paar hundert solcher Demonstranten gesehen haben und nicht Tausende wie das 2013 beim Confederations Cup oder bei der WM der Fall war.

EN: Daniel Soranz vom Gesundheitsamt Rio hat beim Thema Zika-Virus Entwarnung gegeben. Die Zahl der infizierten Patienten sei während der letzten Monate stark zurückgegangen. Aber mal ganz ehrlich, würden Sie sich sicher fühlen mit ihrer Familie in Rio?

CAICEDO: Der Zusammenhang zwischen der Schädelfehlbildung bei Babys und Zika ist nicht hundertprozentig nachgewiesen. Außerdem wurden acht Prozent der Zika-Infektionen im Nordosten Brasiliens festgestellt, besonders in Pernambuco. In Rio de Janeiro ist die Anzahl der Zika-Fälle gering, sehr gering. Drittens ist Winter in Rio, also gibt es weniger Brutstätten für Stechmücken als im Sommer. Das Zika-Problem ist nicht mehr so groß wie vor drei Monaten. Das Risiko ist mittlerweile so niedrig, dass sich die öffentliche Debatte in Brasilien eher um die generelle Sicherheit als um Zika dreht.

EN: Um die Sicherheit und um die Guanabara-Bucht. Politiker machen Versprechen, brechen sie dann aber leider oft. Ich spreche von der schlechten Wasserqualität in der Bucht. Wird sie die Spiele beeinflussen?

CAICEDO: Die Aufgabe, das Wasser zu säubern, wurde nicht erfüllt. Das hängt mit Brasiliens wirtschaftlicher Krise zusammen, die ist in Rio besonders schlimm. Sie sorgt für Probleme bis kurz vor Beginn der Spiele. Aber alles in allem sind die Austragungsorte funktionsfähig und ich denke, dass alles in Ordnung sein wird. Bis auf ein paar wenige Last-Minute-Probleme.

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EN: Brasilien erlebt die schlimmste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Werden die Spiele helfen oder das Land ganz in die Knie zwingen?

CAICEDO: Sie werden die Rezession weniger schmerzhaft machen. Auch die Infrastruktur wurde verbessert. Aber wenn man betrachtet, wie viel die Olympischen Spiele in Sachen Bruttoinlandsprodukt ausmachen, ist das fast nichts – weniger als ein Prozent.

EN: Vielen Dank für das Gespräch.

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