Ukraine: Der vergessene Konflikt

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Von Euronews
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Die ukrainische Regierung hat sich im Konflikt mit den prorussischen Rebellen im Osten des Landes auf eine “Neujahrswaffenruhe” geeinigt. Ab dem 24

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Die ukrainische Regierung hat sich im Konflikt mit den prorussischen Rebellen im Osten des Landes auf eine “Neujahrswaffenruhe” geeinigt. Ab dem 24. Dezember sollen im Kriegsgebiet Donbass die Waffen schweigen, damit die Bewohner der Region in Frieden Weihnachten und Neujahr feiern können.

Der OSZE-Sondergesandte Martin Sajdik forderte die Konfliktparteien angesichts der instabilen Lage im Frontbereich zu weiteren Anstrengungen auf. Es seien noch nicht alle Probleme beseitigt, betonte er. Zwischen beiden Parteien gilt bereits seit September eine Waffenruhe. Dennoch hatte es in den vergangenen Monaten immer wieder Verstöße und Berichte über getötete Kämpfer gegeben.

Nach Angaben der Deutsche Welle sind seit Beginn des Konflikts im Osten der Ukraine rund 9.000 Menschen getötet worden. Ein Drittel von ihnen nach dem Abschluss des Abkommens Minsk II im Februar 2015.

Vereinzelnte Gefechte

Alexander Hug, der Vize-Chef der OSZE-Mission in der Ukraine, erklärte in einem Interview mit Euronews, dass die Verletzungen des Waffenstillstands seit Mitte August zurückgegangen seien.” Die OSZE beobachtet die Entwicklungen in der Ostukraine mit mehr als 500 Mitarbeitern. Sie berichten, dass sich die Feuergefechte auf einzelne Regionen beschränken:Der Flughafen von Donezsk, in den Kleinstädten Pesky und Spartak sowie in der Umgebung von Horliwka.

Abkommen Minsk II

Beim Abkommen Minsk II haben sich die beiden Konfliktparteien im vergangenen Februar darauf geeinigt, die schweren Waffen aus einer Pufferzone abzuziehen. Dieser Abzug der Waffen hätte innerhalb von zwei Wochen passieren müssen, doch er ist bis heute nicht vollständig abgeschlossen. Beide Seiten haben nach Angaben der OSZE immer noch schwere Waffen in der Nähe der Front. Sie kommt jedoch nur noch selten zum Einsatz.

Das Abkommen sah auch vor, dass die Kämpfer nicht neu verteilt werden. Auch an diesen Punkt der Vereinbarung haben sich die Konfliktparteien nicht gehalten. Die ukrainische Armee und die Kämpfer der Volksrepubliken Donezk und Luhansk dringen in Gebiete vor, in denen es vor dem Abkommen von Minsk keinerlei militärische Präsenz gab. Sie überschreiten nciht die Front, sie dringen nicht in die Gebiete, die von der anderen Seite kontrolliert werden, vor, aber sie nehmen neue Positionen ein. Ein OSZE-Mitarbeiter erklärt durch diese Truppenbewegungen kommen sich beide Seiten manchmal sehr nah und dann kommt es zu kleinen Feuergefechten.

Dialog: Die einzige Chance auf Frieden

Trotz dieser Verletzungen besteht noch die Hoffnung, dass das Abkommen Minsk II einen Rahmen schaffen und einen Dialog zwischen den Konfliktparteien ermöglichen kann. Der Vize-Chef der OSZE-Mission Alexander Hug betont, dass es keine andere Plattform gebe. Es sei der einzige Weg, um Fortschritte zu machen. Denn wenn der Dialog scheitere, blieben nur noch die Waffen.
Die ukrainische Regierung und die prorussischen Rebellen haben sich auf Minenräum-Aktionen in zwölf Regionen geeinigt. Das könnte ein wichtiger Schritt sein, denn die Minenfelder erschweren die humanitäre Hilfe.

Techniker ohne Grenzen

Die ukrainische Behörde für den Wiederaufbau von Donbass repräsentiert das Land in den Bereichen humanitäre Hilfe, soziale und wirtschaftliche Situation und Minenräum-Aktionen. Ihr Leiter Vadym Chernysh erklärt, dass Techniker oft in die Konfliktzonen vordringen müssen, um sich um die Strom- und Wasserversorgung der Bewohner zu kümmern. Teilweise funktioniere die Kooperation, das sei ein gutes Zeichen, doch Chernysh betont, dass es sehr wichtig sei, die Minen wegzuräumen und die Kämpfe einzustellen, damit die Techniker ihre Arbeit erledigen können.

Die ukrainisch-russische Grenze

Das Abkommen Minsk II sah auch den Rückzug aller ausländischen Kämpfer, Söldner und Waffen unter Aufsicht der OSZE sowie die Entwaffnung aller illegalen Gruppen vor. Dies ist bis heute nicht geschehen. Auch die Situation an der Grenze zu Russland ist immer noch nicht klar geregelt. Dem pro-russischen politischen Experten Mikhail Pogrebinsky zufolge wird die Kotnrolle der Grenze der Ukraine zurückgegeben werden, sobald Kiew autonome Wahlen in der Region zulässt und sich auf eine Amnestie für die pro-russischen Kämpfer einigt.
Laut der Minsk Vereinbarung sollte die Ukraine die Verfassung ändern, um den Regionen im Osten des Landes mehr Selbstverwaltung zu geben. Sie hätten demnach einen Sonderstatus. Viele ukrainische Politiker sind jedoch gegen einen Sonderstatus. Sie sehen in dieser Regelung ein Trojanisches Pferd durch das Russland weiterhin Einfluss in der Ukraine behalten würde.

Sonderstatus oder Sonderstaat?

Volodymyr Groysman, der Sprecher des ukrainischen Parlaments, erklärte Euronews in einem Interview, das Ziel der Aggressoren sei es das Land in zwei Teile zu teilen. Die ukrainische Regierung sei jedoch dagegen. Da sie die Regionen im Osten wieder integrieren wolle, sei sie dazu bereit, ihnen mehr Selbstverwaltung zu gewähren.”
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat einem Sonderstatus für die Regionen im Osten zugestimmt. Es ist Teil des Abkommens. Doch manche ukrainischen Politiker sagen, dass er dazu gezwungen worden sei und diesem Punikt nur zugestimmt habe, um eine militärische Offensive zu vermeiden. Frankreich und Deutschland hätten ihn unter Druck gesetzt. Andere sagen, dass er das ukrainische Parlament hätte fragen müssen.

Gibt es einen Weg aus der Sackgasse?

Die jetzige Pattsituation könnte zu einem Dauerzustand werden. Das hätte de facto einen unausgesprochene, inoffizielle Teilung der Ukraine zur Folge. Nur ein Abkommen zwischen der Ukraine, Russland, den USA und Europa könnte dieses geopolitische Problem lösen.
Westliche Diplomaten in Kiew fordern Moskau dazu auf, das Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU zuzulassen. Es war urprünglich geplant, dass es Anfang 2016 umgesetzt wird. Derzeit deutet jedoch nichts auf einen Sinneswandel. Russland ist weiterhin gegen eine Annäherung zwischen Kiew und Brüssel. Die Europäische Union hat unterdessen bei einem Treffen am 17. Dezember ihre Sanktionen gegen Russland um ein halbes Jahr verlängert. Der EU-Rat warf Moskau vor, seine Verpflichtungen aus dem Friedensabkommen für die Ostukraine nicht vollständig erfüllt zu haben. Viele Experten zufolge ist die Situation festgefahren.

Das gesamte Interview mit Alexander Hug, Vize-Chef der OSZE-Mission in der Ukraine, finden Sie hier:

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