Vor welchen Herausforderungen steht Deutschland?

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Von Andrea Büring
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Diese Probleme muss Deutschland in der nächsten Legislaturperiode bewältigen

Jammern auf hohem Niveau, das wird vielen Vorgeworfen, die sich über Misstände in Deutschland beschweren. Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosenquote ist am zweitniedrigsten in der EU.

Und doch hat die nächste Bundesregierung viel zu tun: Die Schere zwischen hohen und niedrigen Löhnen wird größer. Beim Thema Digitalisierung und Energiewandel braucht es in in Deutschland Nachbesserungen. Außerdem müssen zahlreiche Einwanderer integriert werden.

Marinić: “Die neue Regierung muss Integrationserfolge produzieren”

Dass Deutschland längst ein Einwanderungsland ist, sich aber nie als solches verstanden hat, kritisiert die Schriftstellerin und Aktivistin Jagoda Marinić. Es sei ein Erbe der Kohl-Regierung, die zwar Millionen Gastarbeiter nach Deutschland holte, diese aber “nicht ankommen ließ. Hier sind Menschen geboren und aufgewachsen. Sie haben einen deutschen Pass. Sie sind ein selbstverständlicher Teil dieses Landes und keine Gäste mehr.”

Um Vorurteile abzubauen, sind ihrer Meinung nach Berührungspunkte wichtig: gemeinsame Veranstaltungen, Kurse, vielleicht ein multi-ethnisches Musikprojekt. Das International Welcome Center in Heidelberg, in dem Marinić das interkulturelle Zentrum leitet, fördert den Austausch, um Vorurteile abzubauen. Eine wichtige Aufgabe fällt der neuen Regierung zu, denn diese müsse Integrationserfolge produzieren.

Fuest: “Die Hartz-Reformen sind insgesamt ein Erfolg”

Die Integration wird immer wichtiger, denn die deutsche Wirtschaft ist auf Einwanderung angewiesen. Selbst wenn jährlich mindestens 200.000 Menschen neu nach Deutschland kommen, wird mit einem Fachkräftemangel gerechnet. Die demographische Schieflage werde nicht beseitigt, sagt der IFO-Präsident Clemens Fuest, den die Frankfurter Allgemeine Zeitung Deutschlands einflussreichsten Ökonomen nennt.

Eine gute Integration beginnt für ihn bereits im Kleinkindalter. “Versäumnisse bis zum Grundschulalter sind später kaum aufzuholen, das wissen wir aus der Bildungsforschung.” Zum Beispiel, wenn es ums Deutschlernen geht. Und: “In anderen Staaten wie in den skandinavischen Ländern funktioniert die Integration besser. Leute, die aus bildungsfernen Schichten kommen, haben dort bessere Aufstiegschancen.”

Kritik an den vielen neuen Jobs im Niedriglohnsektor weist er zurück. “Möchte man lieber, dass diese Menschen arbeitslos sind? Die Alternative ist nicht, dass diese Leute von heute auf morgen gut bezahlte Jobs haben. Was wäre passiert, wenn wir die Hartz-Reformen nicht durchgeführt hätten? Dann hätten wir wahrscheinlich immer noch 5 Millionen Arbeitslose. Stattdessen müssen wir uns Gedanken machen, wie sich die Menschen im Niedriglohnsektor besser weiterqualifizieren können.” Qualifiziert sind viele deutsche Frauen allemal, allerdings ist es für sie mit der Chancengleichheit am Arbeitsplatz nicht weit her.

Allmendinger: “Einmal Teilzeit, niemals Managerin”

Obwohl Deutschland reich, modern und hochentwickelt ist, bleiben Frauen zu oft beruflich auf der Strecke. Jutta Allmendinger, die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, fordert deshalb auch eine Frauenquote für das Management, nachdem diese seit vergangenem Jahr für Aufsichtsräte eingeführt wurde. Denn ein familienfreundlicherer Arbeitsmarkt allein helfe den Frauen nicht weiter. Untenehmen müssten Mitarbeiterinnen stattdessen gezielt fördern. Nach der Geburt sollten auch Männer eine mindestens viermonatige Auszeit nehmen, damit unbezahlte Arbeit wie Hausarbeit oder die Erziehung der Kinder langfristig nicht an der Frau hängen bleibt, sagt die Sozialforscherin.
Die Kluft zwischen Gehältern von Männern und Frauen ist in Deutschland weiter in großes Problem. Nur in der Tschechischen Republik und in Estland verdienen Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen europaweit noch weniger als in Deutschland. Da deutsche Frauen auch häufiger in Teilzeit arbeiten oder aussetzen, um sich um die Kinder zu kümmern, kommen sie Allmendinger zufolge sogar nur auf mindestens die Hälfte des Einkommens eines Mannes. Mit fatalen Folgen für die Rente.

Um The Global Conversation in voller Länge zu sehen, klicken Sie bitte auf den Player.

Vielen Dank an die Reederei BWSG Berlin.

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