Wiesn abgesagt: Tausende Schausteller fürchten um ihre Existenz

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Von jus
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Oaszapft is', das Oktoberfest fällt coronabedingt ins Wasser. Die Weihnachtsmärkte könnten die nächsten sein. Das könnte Tausenden Schaustellern das Genick brechen.

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Seit Tagen wurde spekuliert, jetzt steht es fest: „Oaszapft is“, das Oktoberfest fällt coronabedingt ins Wasser. Viele weitere Jahrmärkte stehen auf der Kippe. Tausende Schausteller bangen um ihre Existenz und fordern schnelle Hilfen.

„Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Albert Ritter, Präsident des Deutschen Schaustellerbundes (DSB), im Gespräch mit euronews. Bis zuletzt hatte er noch auf die Wiesn 2020 gehofft – zumal Großveranstaltungen in Deutschland bislang nur bis 31. August verboten sind. “Es ist schlimm, wenn einen die traurige Nachricht trifft.”

124 Ochsen und 7,3 Millionen Maß Bier

Rund sechs Millionen Besucher zieht es normalerweise jedes Jahr auf die Theresienwiese. Sie trinken über sieben Millionen Liter Bier, verspeisen 124 Ochsen, geben im Schnitt jeder 75 Euro auf dem Festgelände aus.

Die Wiesn ist ein Riesengeschäft – insgesamt 1,3 Milliarden Euro schwer, schätzt die Stadt München. Dieses Geld wird nicht nur in den Taschen der Schausteller fehlen, sondern auch der Taxifahrer und Hotelbesitzer. Nicht zu vergessen die Zulieferer wie Bäcker, Metzgereien, Brauereien, Feuerwerker, Sicherheitsdienste, Musiker und viele mehr.

55.000 Existenzen bedroht

Und das Oktoberfest wird nicht das letzte Opfer der Corona-Krise sein. Auch der Cannstatter Wasen und viele andere Feste stehen vor dem Aus. Denn sie leben vom Schunkeln und feuchtfröhlichen Miteinander. "Abstand halten" ist hier unvorstellbar.

Für die Schausteller eine echte Überlebensfrage, denn die letzten Einnahmen machten sie auf den Herbstkirmessen, teils noch auf den Weihnachtsmärkten. Seither stehen Riesenrad, Achterbahn und Zuckerwattenbude still. Etliche Existenzen stehen auf dem Spiel. Insgesamt gibt es in Deutschland 5000 Schaustellerbetriebe mit etwa 55.000 Mitarbeitern.

„Wirtschaftsexperten sagen, ein kleinerer oder mittlerer Betrieb sollte Reserven für mindestens drei Monate haben, damit die Firma bei einer Flaute überleben kann. Wir sind jetzt schon im vierten Monat ohne Kasseneinnahmen. Mit jeder weiteren Woche wird es dramatischer“, sagt Albert Ritter.

Hoffen auf Rettungsschirm

Verstehen könne er die Entscheidung aus München trotzdem. Er selbst sei Großvater und die Volksgesundheit sei ein wichtiges Gut: „Die Sicherheit der Besucher gehört für uns Schausteller zum täglichen Brot.“

Der Schaustellerbund fordere vom Staat einen Rettungsschirm, „das heißt echte Hilfszahlungen, keine Kredite. Denn die würden die Insolvenz nur ins nächste oder übernächste Jahr verschieben“, so Ritter weiter.

"Die Gesellschaft braucht Feste"

Diese Hilfen seien nicht nur für die 1200 Jahre alte Schaustellerbranche wichtig, sondern für alle. „Lachen ist wichtig, vor allem für Kinder. Die Gesellschaft braucht Feste.“ Man wolle dabei helfen, den Menschen nach der Krise wieder ein Stück Lebensfreude zu schenken.

Zwischen Verständnis und Frust schwanken auch die Reaktionen vieler Twitter-Nutzer.

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