"Hardcore sicher": Alles, was man über Deutschlands Corona-Warn-App wissen muss

Risiken und Nebenwirkungen der Corona-Warn-App: Ein Überblick.
Risiken und Nebenwirkungen der Corona-Warn-App: Ein Überblick. Copyright Michael Sohn/AP
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Von Alexandra Leistner
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In vielen Ländern gibt es sie schon, jetzt geht auch in Deutschland die vom Staat in Auftrag gegebene Coronavirus-App an den Start. Ist die Nutzung freiwillig? Werden sensible Daten gesammelt? Wie genau hilft die App bei der Eindämmung der Gesundheitskrise?

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Nachdem mobile Apps zur Eindämmung der Coronavirus-Krise in zahlreichen Ländern bereits in Nutzung sind - wenn auch mit teilweise eher mäßigem Erfolg - wird auch heute in Deutschland die sogenannte Corona-Warn-App vorgestellt.

(Im Player oben können Sie die Pressekonferenz der Minister und Entwickler vom Dienstagmorgen noch einmal anschauen).

Verfügbar zum Download ist die App bereits bei Google Play und im App Store, nach der offiziellen Vorstellung durch Regierung und Entwickler am heutigen Dienstagmorgen sind dann auch alle Funktionen freigeschaltet.

Es wird empfohlen, Smartphones mit der neuesten Software upzudaten, damit die Corona-Warn-App optimal genutzt werden kann.

Einer Studie des Nürnberg Institut für Marktentscheidungen e.V. zufolge glaubt eine Mehrheit der in Deutschland lebenden Menschen, dass eine App eine effiziente Lösung gegen die Gesundheitskrise darstellt, solange bis eine medizinische Antwort, wie etwa eine Impfung gegen das Coronavirus, gefunden und kommerzialisiert wird.

Erste Pannen?

Am Tag der Ankündigung hat die Telekom Probleme mit dem Mobilnetz gemeldet. Welche Auswirkungen das auf die App und ihre Nutzung hat, ist bisher nicht bekannt.

Auf Twitter berichten Nutzer, die die App schon heruntergeladen haben von Problemen. Unter anderem verlangt die App wohl, die Standortübermittlung des Geräts zu übertragen. Eigentlich nutzt die Software diese Informationen aber laut Entwickler SAP nicht. Man könne die Funktion später deaktivieren, für das Vertrauen der Nutzer ist das wohl aber nicht ideal.

Alles, was man wissen muss über die Corona-Warn-App

Wie funktioniert die App, welchen Zweck erfüllt sie? Welche Daten werden gespeichert und wie viele Menschen müssen die Anwendung runterladen, damit sie ihren Zweck erfüllt? Ein Überblick über häufig aufkommende Fragen.

Wie kann eine App bei der Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus helfen?

Das Hauptziel der Corona-Warn-App ist die Nachverfolgung von Kontakten. Nutzer erhalten eine Mitteilung wenn sie sich in den vergangenen Tagen oder Wochen für eine bestimmte Zeit in der näheren Umgebung eines mit SARS-CoV-2 infizierten anderen Nutzers aufgehalten haben.

Wenn enger Kontakt bestand, wird den entsprechenden Personen empfohlen, sich in Quarantäne zu begeben. Die Schutzwirkung der App gilt also vor allem für Dritte, die auf diese Weise nicht mit potentiell infizierten Menschen in Verbindung kommen.

Seit Beginn der Gesundheitskrise hat das Robert-Koch Institut versucht, mit Hilfe der Gesundheitsämter Kontaktpersonen so schnell und effizient wie möglich nachzuverfolgen. Einige Experten glauben, dass Deutschland auf diese Weise glimpflich davon gekommen ist.

Anders als bei der Nachverfolgung durch Behörden kann die App auch zufällige Begegnungen wie etwa in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln nachverfolgen und so potentielle Infektionsketten unterbrechen.

Ist die Nutzung der Corona-Warn-App freiwillig?

Ja, das Herunterladen und die Nutzung der App ist vollkommen freiwillig. Laut Angaben der Forscher aus Nürnberg erhöht das die Akzeptanz und schließlich die Anzahl der Nutzer der App. Jens Spahn sagte in einem Interview, dass er auf einige Millionen Nutzer hofft.

Klar ist: Je mehr Menschen in Deutschland die App aktivieren, desto besser ist ihr Nutzen. Die Wunschvorstellung liegt wohl bei rund 60 Prozent der Bevölkerung. Innerhalb von einem Tag hatten nach Angaben der Entwickler schon mehr als 100.000 Nutzer die Anwendung für das Betreibssystem Android heruntergeladen.

"Sie gibt Empfehlungen, keine Anweisungen", sagte Jens Spahn, der deutsche Gesundheitsminister wies darauf hin, dass jegliche Datenübermittlung immer freiwillig ist.

Wie funktioniert die App?

Die App nutzt eine "light" Version der Bluetooth-Technologie von Mobiltelefonen, genannt Bluetooth Low Energy (BLE). Dadurch können andere Smartphones erkannt werden, die die App installiert haben.

Verschlüsselte Daten (Kurzzeit-Identifikationsnummern) über die Dauer und die physische Distanz ihres Zusammentreffens werden ausgetauscht. Der Ort des Kontakts wird dabei nicht übertragen.

Die Geräte speichern die Daten anderer Geräte in ihrer Umgebung, bei denen Abstand und Länge der Begegnung der von Experten für eine Infektion

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Die Treffen, bei denen Kontaktlänge und Abstand werden für eine bestimmte Zeit lokal auf dem Gerät hinterlegt.

Wird nun ein Nutzer positiv auf SARS-CoV-2 getestet, kann er das freiwillig in der App angeben. Nach Bestätigung des Testergebnisses erhalten daraufhin alle relevanten Kontakte eine Warnung auf ihr Smartphone - vorausgesetzt die infizierte Person gibt dazu ihr OK.

Wie viele Begegnungen hatte ich mit einer infizierten Person und wie viele Tage liegen diese Begegnungen zurück? Antworten auf diese Fragen kann die App geben. Die Informationen werden alle 14 Tage vom Smartphone gelöscht.

Werde ich benachrichtigt, wenn sich eine Person mit Sars-CoV-2 in meiner Nähe befindet?

Nein. Die App dient der Nachverfolgung der Kontakte einer positiv getesteten Person also das Ermitteln von Ansteckungsketten. Panikmache durch Meldung und Aufenthaltsort einer infizierten Person sollen vermieden werden.

Vom Alarm zum Coronavirus-Test

Anwender, die positiv gestestet wurden auf das Coronavirus und das über die App geteilt haben, lösen also eine Benachrichtigung aus an alle anderen Nutzer, die sich längere Zeit in etwa 2 Metern Nähe des Infizierten befunden haben.

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Für denjenigen auf den das zutrifft, der kann sich auch ohne Symptome auf Kassenkosten testen lassen.

Was passiert, wenn ich positiv getestet wurde?

Die App erlaubt es Nutzern, ihre Testergebnisse direkt auf ihre Telefon zu erhalten. Dafür waren zunächst nicht alle Gesundheitsämter ausgestattet, mittlerweile sollte das aber der Fall sein.

Im Rahmen der Vorstellung der App in Berlin sagten Spahn und seine Kollegen, dass die Labore innerhalb der nächsten vier Wochen in der Lage sein sollten, Ergebnisse per App per QR-Code zu übermitteln.

Entweder erhalten Patienten einen QR-Code mit dem die App den "infiziert" Modus auslöst, oder man muss eine Hotline anrufen, die nach der Überprüfung der Daten den Alarm auslösen. Die Nutzer, die nach den oben genannten Parametern infiziert sein könnten, werden dann per Nachricht in der App kontaktiert.

Verbraucht die App viel Strom?

Die Bluetooth Low Energy (BLE) verbraucht weniger Strom als das normale Bluetooth der Mobiltelefone, das für Datenübertragung genutzt wird, wie Entwickler SAP mitteilte: "Es beeinflusst die Akkuleistung mobiler Geräte kaum".

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Was die Entwickler "Zero Rating" nennen bedeutet, dass kein Datenvolumen der Nutzer für die App verwendet wird.

Sind Fehlalarme eine Gefahr?

Ja, dazu werde es wohl kommen und das sei nicht zu verhindern, so Spahn. Aber auch heute schon gebe es Fehlinformationen wenn Gedächtnisprotokolle von Menschen zu Kontaktpersonen der vorangegangenen Wochen befragt würden.

Die App sei "ein lernendes System" und müsse konstant verbessert werden.

Welche Gefahr besteht für meine Daten?

Deutschland hat sich mit der Entwicklung der App im Vergleich zu anderen Ländern Zeit gelassen. Das hat auch den Vorteil, dass aus Fehlern oder Problemen anderer Ländern bzw. Hersteller gelernt wurde.

Ein Vorteil und Unterschied zu anderen Apps ist, dass die App ihre Nutzer nicht lokalisiert.

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Wie die Entwickler erklärten, ist die gesamte App in Deutschland entwickelt worden, die Informationen sind auf Servern in Deutschland gespeichert. Man habe sich mit Apple und Google absprechen müssen, doch alles sei "made in Germany".

Sie sei "hardcore sicher" erklärte Tim Höttges, Vorstandsvorsitzender von der Deutschen Telekom AG.

Jede Nutzung von Social Media, jede Bestellung von Pizza sogar Veröffentlichungen in Telefonbüchern, wie sie vor Jahrzehnten normal waren, seien in Bezug auf Datenschutz bedenklicher als die Nutzung der Corona-Warn-App.

Wie teuer war die App?

Die Bundesregierung hat die Entwicklungskosten der App durch SAP und die Deutsche Telekom mit 20 Millionen Euro beziffert. Zahlreiche Personen, darunter andere Entwickler, haben die hohen Kosten kritisiert.

Auf welchen Sprachen ist die App verfügbar?

Bisher ist die Corona-Warn-App auf Deutsch und Englisch verfügbar. Als nächstes soll nicht nur die Hotline für Fragen sondern auch die App an sich auf Türkisch verfügbar sein. In weiteren Updates sollen auch Französisch, Arabisch und andere Sprachen folgen.

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