Der Letzte zieht den Stecker raus: AKW Fessenheim geht vom Netz

Der Letzte zieht den Stecker raus: AKW Fessenheim geht vom Netz
Copyright Jean-François Badias/Copyright 2020 The Associated Press. All rights reserved
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Von Anja Bencze mit dpa
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Nach 42 Jahren: AKW #Fessenheim geht vom Netz, was nun? Von einem deutsch-französischen Innovationspark ist die Rede - aber erst kommt die Demontage, das kann Jahrzehnte dauern.

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Atomkraftgegner vor allem in Deutschland und der Schweiz hatten viele Jahre für ein Abschalten der beiden Reaktoren gekämpft, nun ist es endlich so weit: Im elsässischen Fessenheim wird an diesem Montag kurz vor Mitternacht das betriebsälteste Atomkraftwerk Frankreichs endgültig abgeschaltet.

Der zweite Druckwasserreaktor soll nach Angaben des Betreibers EDF ab ca. 23.30 Uhr heruntergefahren werden. Der erste Reaktor war bereits Ende Februar vom Netz genommen worden.

"Was für eine Verschwendung"

Für die Gemeinde an der Grenze zu Baden-Württemberg beginnt damit nach 42 Jahren ein neues Kapitel - und eine ungewisse Zukunft. Von den gut 600 EDF-Mitarbeitern geht ein Drittel samt Familien schon in diesem Sommer. Schweren Herzens, meint Ingenieur Jean-Christophe Rouaud.

"Es ist ein bitteres Gefühl, das von allen Mitarbeitern geteilt wird. Für sie funktioniert die Anlage sehr gut, auch für die Agentur für nukleare Sicherheit funktioniert die Anlage sehr gut, sie versorgt alle mit Strom. 'Quel ghâchis' - Was für eine Verschwendung, das ist das Wort, das immer wieder verwendet wird.

Während des Corona-Lockdowns seien die Menschen mit etwas anderem beschäftigt gewesen, jetzt, wo das Stichdatum plötzlich da sei, käme wieder Angst hoch, meint Bäcker Michel Grenacker. "Viele Angestellte von EDF, werden schon ab Juli, auf neue Posten versetzt."

"Wir sind nach wie vor attraktiv"

Mit dem Hauptarbeitgeber verschwinden nicht nur Hunderte Arbeitsplätze, sondern auch wirtschaftliche Attraktivität und Steuereinnahmen. Der Bürgermeister gibt sich dennoch optimistisch.

"Wir sind nach wie vor attraktiv", meint Claude Brender. "Die Angst, dass Fessenheim verkümmert, seine Einwohner verliert und zur Geisterstadt mutiert, ist unbegründet."

Die französische Regierung hat ein Hilfspaket über 30 Millionen Euro versprochen. Die Region um Fessenheim soll zu einem grünen und grenzübergreifenden Vorzeigeprojekt werden.

Vom Bau eines deutsch-französischen Innovationsparks ist die Rede, in dem Projekte zur nachhaltigen Energiegewinnung umgesetzt werden.

Blühende, grüne Landschaften

Nachdem Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron 2018 das Ende des Akw Fessenheim höchstpersönlich bekannt gegeben hatte, wurde das Projekt zur Neugestaltung anlässlich der Unterzeichnung des "Aachener Vertrages" auf eine deutsch-französische Agenda gesetzt.

Eine direkte Bahnverbindung über eine neue Rheinbrücke zwischen Freiburg und Colmar werde zudem für neue Wirtschaftsimpulse in der Grenzregion sorgen, meint die Freiburger Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer.

Sie ist davon überzeugt, dass Fessenheim mit grünen Innovationsprojekten ein Vorzeigemodell werden und in Frankreich sogar zum Umdenken anregen kann. "Vor allem, indem wir deutlich machen: Das Ende eines Kernkraftwerkes ist nicht das Ende einer Region."

Der grüne Gewerbepark habe das Potenzial, mehr Arbeitsplätze zu schaffen als das Kernkraftwerk, so Schäfer.

Wohin mit dem Müll?

Bis das dahin könnten jedoch noch Jahrzehnte vergehen. Allein für die Demontage des Atomkraftwerks werden laut Betreiber bis zu 20 Jahre veranschlagt, fünf für die Vorbereitung und weitere 15 für den der Abbau.

Die französische Atomaufsichtsbehörde ASN hatte zuletzt Bedenken an den Plänen geäußert. Die von EDF vorgelegten Details zum Demontage-Szenario und der Entsorgung des dabei entstehenden Mülls seien unzureichend, kritisierte die Behörde. EDF hat mittlerweile nachgelegt und einen neuen Bericht übermittelt. Welche Änderungen gemacht wurden, teilte ASN zunächst nicht mit. Demnach laufe derzeit die Prüfung des Berichts.

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