Zunächst hatte Deutschland noch in Betracht gezogen, das Sponsoring kleiner, regionaler Unternehmen anzunehmen. Nach einer Anfrage der Organisation Food Watch bei der Europäischen Ombudsstelle hat sich das geändert. Sponsoring soll in den Monaten der deutschen Präsidentschaft keine Rolle spielen.
Unterstützung durch Coca-Cola? Austattung durch Audi? Nein, derartiges Sponsoring soll es während der gerade begonnen EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands nicht geben. Es mag überraschen, aber diese Entscheidung muss als Premiere gelten.
Die Ständige Vertretung Deutschlands bei den Europäischen Institutionen hat gegenüber euronews erklärt, dass Deutschland während seiner Präsidentschaft auf Sponsoring verzichten werde. Diese Entscheidung sei aus Gründen der "Transparenz, Integrität und Neutralität" getroffen worden. Auch sei nicht geplant, Sponsorengelder anzunehmen.
In der online einsehbaren Präsentation des deutschen Vorsitzes wird erläutert, dass dieser so ohne Verdacht auf Einflussnahme durchgeführt werden könne.
Sponsoring als gängige Praxis
Jahrelang hatten sich die jeweils vorsitzenden Länder wie selbstverständlich um private Sponsoren bemüht. Den Unternehmen war es dann erlaubt, Präsenz zu zeigen, etwa während bezuschusster Veranstaltungen. Systematisch wurden somit Automarken, Versicherungsgesellschaften, Hersteller von Erfrischungsgetränken und Computerhersteller beworben.
Die kürzlich beendete kroatische Präsidentschaft lehnte private Sponsorenschaft ab. Sie akzeptierte jedoch den "großzügigen und kostenlosen" Beitrag von Autoherstellern wie Peugeot und Citröen sowie einer Saftmarke.
Auf der offiziellen Website begründeten man den Bedarf an Sponsorengeldern so: "Angesichts der zahlreichen Ausgaben, die während der Präsidentschaft zu decken sind, werden die kleineren Ausgaben in der Regel teilweise von den Sponsoren übernommen."
Die lange Liste der Sponsoren der österreichischen Präsidentschaft 2018 umfasste alle Branchen, von Porzellanherstellern bis hin zum Computergiganten Microsoft. In den vergangenen sechs Monaten war die Liste Bulgariens sogar noch länger. Die Sponsorenaufzählung erinnerte an jene der Formel 1.
Ruf nach gesetzlichem Verbot
Eine große Debatte darüber war zunächst ausgeblieben. Im verganenen Jahr dann befasste sich die Europäische Ombudsstelle mit der Frage nach der Zulässigkeit dieser Praxis.
Es war die Organisation Food Watch, die Mitte 2019 Beschwerde bei der Ombudsstelle einlegte. Die Organisation beklagte, es erscheine "unethisch", die Türen der Politik für große Konzerne zu öffnen. Es dürfe nicht bei Willenserklärungen der EU bleiben. Ein Verbot derartigen Sponsorings müsse in einem Gesetz Ausdruck finden. Einhundert Europaabgeordnete unterzeichneten ein Schreiben an die finnische EU-Ratspräsidentschaft (zweites Halbjahr 2019), um diese "politisch schädliche" Praxis anzuprangern.
Ombudsfrau empfiehlt Regulierung, EU-Rat verspricht Leitfaden
Schließlich gab die Bürgerbeauftragte Emily O'Reilly im vergangenen Januar ihr Urteil bekannt: Die Praxis schade dem Ruf der Institutionen und müsse ernsthaft reguliert werden. Der Europäische Rat versprach daraufhin im vergangenen Monat, einen Leitfaden für diesen Bereich zu erstellen.
Das geht Food Watch nicht weit genug. "Wir brauchen verbindliche Regelungen", sagt Dario Sarmadi von Food Watch. "Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert hat keine klaren Antworten auf Fragen nach der deutschen Position zu verbindlichen Regelungen gegeben. Patenschaften wie die von Coca Cola für den rumänischen Ratsvorsitz sind problematisch", so Sarmadi weiter.
Deutschlands Vorgehen zukunftsweisend?
Nun ist Deutschland über die Empfehlungen hinausgegangen und hat die erste Präsidentschaft ohne private Sponsoren angekündigt. Zuvor hatte Berlin offenbar in Betracht gezogen, Sponsorengelder von kleinen lokalen Unternehmen anzunehmen. Food Watch hatte daraufhin auf eine Veröffentlichung der Details gedrängt.
Eine Einbettung in europäisches Recht wurde bisher nicht angekündigt.