EU-Videogipfel zu Belarus: Kommen neue Sanktionen?

Die belarussische Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja hat die Europäische Union zur Nichtanerkennung der Wahl von Präsident Alexander Lukaschenko aufgerufen.
In einer am Mittwoch veröffentlichten Videoansprache an die Adresse der Europäischen Staats- und Regierungschefs, sagte sie, die Abstimmung am 9. August sei gefälscht gewesen. Sie rufe deshalb dazu auf, den Wandel in Belarus zu unterstützen: "Ich appelliere an alle Länder, die Grundsätze des Völkerrechts zu respektieren."
EU berät auf Videogipfel
Die Staats- und Regierungschefs der EU beraten heute über den weiteren Umgang mit der politischen Krise in Minsk. In einer außerplanmäßigen Videokonferenz geht es um die Frage, wie Präsident Alexander Lukaschenko dazu gebracht werden kann, in einen Dialog mit Opposition und Gesellschaft einzutreten. Seit mehr als einer Woche gehen die Menschen landesweit gegen ihren Staatschef auf die Straße.
Auch am Abend gab es in der Hauptstadt Minsk stundenlange Proteste. Allein auf dem Unabhängigkeitsplatz im Zentrum von Minsk zählten Beobachter in der Nacht zum Mittwoch Tausende Menschen. Zu hören waren unzählige hupende Autos. Landesweit sollen es Zehntausende Demonstranten gewesen sein - und damit deutlich mehr als am Abend zuvor.
Belarussischer Botschafter kritisiert eigene Regierung
Unterdessen hat sich der Botschafter von Belarus in der Slowakei, Igor Leschtschenja, mit der Opposition solidarisiert und deshalb nun seinen Rücktritt eingereicht. In einer Videobotschaft teilte er mit, auch er sei schockiert von brutalen Folterungen und Prügeln der Polizei gegen eigene Bürger. "Ich bin solidarisch mit denen, die im Rahmen friedlicher Demonstrationen auf die Straßen der Städte von Belarus gegangen sind, damit ihre Stimme gehört wird."
"Wirtschaftssanktionen treffen immer das Volk"
Möglichen Sanktionen gegen sein Heimatland steht der Diplomat jedoch skeptisch gegenüber.
Armee ist in Gefechtsbereitschaft
Staatschef Lukaschenko weist die Forderung nach Neuwahlen zurück. Er beschuldigt die Opposition, sie versuche, "die Macht zu ergreifen" und die wirtschaftlichen und militärischen Beziehungen Minsks zu Russland zu zerstören.
Der 65-Jährige hat derweil die Armee an der Westgrenze des Landes in volle Gefechtsbereitschaft versetzt. Die zuständigen Einheiten seien nun bereit, ihren Verpflichtungen nachzukommen, sagte der Präsident bei einer Sitzung des Sicherheitsrates am Dienstag in Minsk der Staatsagentur Belta zufolge. "Wir haben heute nicht nur innen, sondern auch außen Probleme."
Lukaschenko hatte bereits am Wochenende die Verlegung von Fallschirmjägern nach Grodno im Westen des Landes angeordnet. Er begründete dies mit der angeblich angespannten Sicherheitslage dort. Zudem hatte er behauptet, Nato-Truppen hielten sich nicht weit von der Grenze entfernt auf. Das Militärbündnis hatte das zurückgewiesen.