In Kamtschatka, im Osten Russlands wächst die Angst vor einer Umweltkatastrophe.
Im Osten Russlands wächst die Angst vor einer Umweltkatastrophe. Einheimische hatten von Dutzenden toten Meerestieren berichtet, die vom Pazifischen Ozean an einen Strand gespült worden waren.
Offenbar handelt es sich um eine Wasserverschmutzung, die in Richtung Süden zieht und nun ein Naturschutzgebiet in Südkamtschatka bedroht, wie Wassili Jablokow von Greenpeace Russland gegenüber Euronews erklärte. Er befindet sich derzeit vor Ort, um bei der Entnahme von Proben zu helfen. Jablokow nannte die Situation "ernst":
"Es ist seltsam, dass noch immer gerätselt wird, woher diese Verschmutzung kommt. Sie hat fatale Auswirkungen auf die Tierwelt. Dort, wo sich die Verschmutzung befindet, sterben die Meerestiere massenhaft. Die toten Tiere werden an Land gespült und dann von den Gezeiten ins Wasser gewaschen. Wir sind auch weiter weg vom Chalaktyrsky-Strand gegangen. Am Strand selbst und in den nahegelegenen Buchten ist nichts zu finden. Aber an einigen Stellen fanden wir Überreste dieser Verschmutzung - tote Seeigel, Krabben, Tintenfische."
Jablokow schätzt, dass der Schadstoffteppich eine Ausdehnung von mehreren Kilometern erreicht hat und mit der Zeit kleiner wird. Im Schutzgebiet selbst, wo es viele Kolonien von Meeressäugern gibt, bereite man sich bereits auf die Wasserverschmutzung vor. Die Situation soll durch den Einsatz von Videoüberwachungssystemen, an denen Taucher beteiligt sind, genau beobachtet werden.
Offizielle Versionen der Umweltkatastrophe
In der vergangenen Woche hatten mehrere Medien über eine große Wasserverschmutzung vor der Küste Kamtschatkas berichtet. Surfer und Umweltschützer hatten angedeutet, dass es sich um ein großes Leck von Mineralölerzeugnissen oder anderen Giftstoffen handeln könnte. Eine Militärdeponie für chemische Abfälle wurde als eine der potenziellen Quellen genannt, doch die zuständige Stelle dementierte die Berichte.
Die Verwaltung der Region Kamtschatka betrachtet den "Ausstoß toxischer Substanzen" als eine der möglichen Ursachen für die Umweltkatastrophe in der Region. Laut Wladimir Solodow, zuständiger Gouverneur der Region, werden daneben weitere Möglichkeiten als Ursache in Betracht gezogen. Er schloss nicht aus, dass die Wasserverschmutzung vor der Küste Kamtschatkas das Ergebnis natürlicher Phänomene sein könnte, wie etwa "das Verhalten von Algen, die während des Sturms an die Küste getrieben wurden." Solodow erwähnte auch seismische Aktivitäten als mögliche Ursache für die Verschmutzung des Ozeans.
Umwelt-Aktivist Wassili Jablokow stimmt damit überein, dass der natürliche Ursprung der Verschmutzung noch nicht ausgeschlossen werden kann. Aus seiner Sicht könnten die Ergebnisse zahlreicher Wasserproben Aufschluss geben: Hunderte von Proben wurden zur Analyse in Moskauer Labors geschickt.
Zuvor hatte der staatliche Wetterdienst bestätigt, dass der Gehalt an Phenol- und Erdölprodukten im Gebiet des Chalaktyrsky-Strandes, an dessen Ufer eine Vielzahl toter Meerestiere gefunden wurde, viel höher als normal war.
Fatale Konsequenzen für die Natur
Auch Taucher hatten gegenüber Greenpeace von einem Massensterben im Pazifik berichtet. So sei der gesamte Meeresboden mit toten Meerestieren übersät. Sie hätten eine graue bis gelbe Farbe, so als ob sie in Wasser gekocht würden. Selbst die härtesten Muscheln, die in der Lage seien, einen Taucheranzug aufzuschneiden, seien von den Felsen und Oberflächen abgefallen.
Taucher und Surfer sprachen auch von Gesundheitsprobleme, die sie durch den Kontakt mit dem Meerwasser bekommen hätten. Nach Angaben der örtlichen Gesundheitsbehörde hätten mindestens neun Personen seit ihrem Besuch am Strand Chalaktyrsky in der vergangenen Woche einen Arzt aufgesucht. Sie klagten über brennende Augen und verschleierte Sicht, Halsschmerzen und Hautreizungen. Auch über Übelkeit und Schwäche wurde berichtet.
Dmitri Kobylki, Minister für Naturresourcen und Ökologie Russlands, berichtete, dass Experten der Russischen Akademie der Wissenschaften (RAW) die ökologische Situation anhand von Wasser-, Sand-, und Bodensediments-Proben analysieren. Erst am Samstag hatte das für die Region zuständige Umweltministerium erklärt, dass der Chalaktyrsky-Strand "vollkommen sauber" sei, es sei nichts Ungewöhnliches festgestellt worden.
An diesem Montag erklärte Kamtschatkas Gouverneur Wladimir Solodow, dass neue Analysen auf eine Verbesserung der Umweltsituation hindeuteten. Am Sonntag seien die Werte für toxische Substanzen nicht oder nur leicht erhöht gewesen. "Der Ozean hat eine einzigartige Fähigkeit zur Selbstreinigung", erklärte Solodow.