Präsidentschaftswahl im Iran: Angst vor der vierten Welle

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Von Anelise Borges mit dpa
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Im Iran wird am Freitag ein neuer Präsident gewählt, doch das Personal im Teheraner Krankenhaus Ebn-e Sina beschäftigt vor allem die Corona-Pandemie.

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Im Iran wird am Freitag ein neuer Präsident gewählt, doch das Personal im Teheraner Krankenhaus Ebn-e Sina beschäftigt vor allem die Corona-Pandemie. Die ÄrztInnen fürchten den Ausbruch einer vierte Welle, wenn nicht schnell mehr geimpft wird. Das Land hat über 80 Millionen EinwohnerInnen.  Um die Virusübertragung wirksam aufhalten zu können, müssten mindestens 40 Millionen geimpft sein, so Arash Anisian, Leiter der Klinik. Aktuell sind jedoch nur rund 4,5 Millionen geschützt.

Der Iran ist mit insgesamt über drei Millionen Fällen, mehr als 80.000 Toten und aktuell rund 10.000 Neuinfektionen täglich das am schlimmsten von der Pandemie betroffene Land im Nahen und Mittleren Osten. Javad Nazari hat in den vergangenen anderthalb Jahren an sechs Tagen in der Woche etwa 80 PatientInnen täglich behandelt. Wann er das letzte mal Urlaub gemacht habe, wisse er nicht mehr, so der Intensivmediziner.

Kurz vor der Wahl ist der Frust über die schlechte Wirtschaftslage im Land groß. Auch die Krankenhäuser bekommen die Auswirkungen der US-Sanktionen zu spüren. Vor allem zu Beginn der Pandemie sei es schwierig gewesen, Schutzausrüstung wie Masken fürs Personal und Medikamente oder Beatmungsgeräte für die PatientInnen zu bekommen, so Klinikleiter Anisian. Niemand habe ihnen etwas verkaufen wollen.

Der Frust über die Corona-Pandemie aber auch über die Wirtschaftskrise ist groß im Iran, der Glaube daran, dass sich die Lage mit den Präsidentschaftswahlen zum Besseren wendet, gering. Meinungsforschungsinstitute gehen von einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung von 40 Prozent aus. Als Favorit für die Nachfolge des moderaten Amtsinhabers Hassan Ruhani gilt der Hardliner Ebrahim Raeissi.

Wie geht es weiter mit dem Atomdeal?

Es sind zwar sieben Kandidaten im Rennen, aber in der Bevölkerung ist nur von Raeissi die Rede. Der 61-jährige Justizchef ist nicht nur Spitzenkandidat der Hardliner, sondern auch Wunschpräsident des Establishments. Ihm wird nachgesagt, dass er in seiner Funktion als Staatsanwalt für zahlreiche Verhaftungen und gar Hinrichtungen von politischen Dissidenten verantwortlich gewesen sei. Politisch ist Raeissi ein unbeschriebenes Blatt, hat aber in den vergangenen Jahren mehrmals den moderaten Kurs von Ruhani scharf kritisiert - auch das Atomabkommen von 2015 mit den fünf UN-Vetomächten und Deutschland.

Aber gerade der Atomdeal - und die damit verbundenen Differenzen mit den USA - könnte Raeissis erste Amtshandlung sein. Er muss relativ schnell entscheiden, wie es bei den Verhandlungen zur Rettung des Wiener Abkommens weitergehen soll. Sonst hätte er weiterhin die US-Sanktionen und damit auch die lähmende Wirtschaftskrise am Hals. Mit Sicherheit fortsetzen wird er die feindselige Iran-Politik gegenüber Erzfeind Israel sowie die Unterstützung für anti-israelische Gruppen und Syriens Machthaber Baschar al-Assad.

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