Verzweiflung nach Flutkatastrophe: "Wie sollen wir das schaffen?"

Bewohner von Bad Münstereifel packen gemeinsam an
Bewohner von Bad Münstereifel packen gemeinsam an Copyright INA FASSBENDER/AFP or licensors
Von Euronews mit dpa
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Die Zahl der Toten nach der Flutkatastrophe in Westdeutschland ist auf mindestens 135 gestiegen. Nachbarn helfen sich gegenseitig, von vielen Angehörigen fehlt seit Tagen jede Spur.

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Tag drei nach der verheerenden Unwetterkatastrophe in Westdeutschland: Die Lage ist weiter sehr angespannt und unübersichtlich. Über 100.000 Haushalte sind ohne Strom, die Zahl der Todesopfer ist auf mindestens 135 gestiegen.

"Es tut weh"

Die Bergungsarbeiten kommen voran, doch viele Menschen werden noch vermisst. Andere kehren langsam zurück in ihre Wohnorte und stehen vor den Trümmern, die ihr Zuhause waren.

Svenja Harzem aus Bad Neuenahr-Ahrweiler hatte Glück im Unglück. Sie war nicht zu Hause, als die Fluten ihre Wohnung überschwemmten. Doch von einigen ihrer Freunde und Bekannten fehlt noch immer jede Spur. "Ich denke viel an die Leute, die immer noch vermisst werden, oft die Großeltern. Einige von ihnen haben es nicht einmal von ihren Betten in die oberen Stockwerke geschafft, weil es so schnell ging."

Nachbarn helfen sich gegenseitig, versuchen zu retten, was zu retten ist. Verzweiflung macht sich breit. "Wie sollen wir das nur schaffen?" Diesen Satz hört man immer wieder.

"Ich muss mit den Tränen kämpfen", sagt eine Frau, deren Haus komplett verwüstet wurde. "Wir haben uns das alles so schön gemacht und auf einmal ist alles weg. Ganz viel müssen wir jetzt neu machen. Es tut weh, richtig weh."

Dreyer beklagt Versäumnisse im Klimaschutz

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist heute nach NRW. Kanzlerin Angela Merkel plant einen Besuch in der schwer verwüsteten Region in Rheinland-Pfalz. Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock traf nach dem Abbruch ihres Urlaubs bereits in den Krisengebieten ein.

NRW-Ministerpräsident und Unions-Kanzlerkandidat Laschet beklagte am Freitag eine "Flut-Katastrophe von historischem Ausmaß". Seine Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), nannte die Lage "weiterhin extrem angespannt in unserem Bundesland". Sie fügte in Trier hinzu: "Das Leid nimmt auch gar kein Ende."

Im dortigen Stadtteil Ehrang waren die Aufräumarbeiten am Samstag in vollem Gang. "Da stapeln sich die Berge von Sperrmüll", sagte ein Stadtsprecher. Erste Anwohner gingen zurück in die Häuser. "Wer da geschlafen hat, hatte kein Wasser und keinen Strom." Betroffen sind der Stadt zufolge 670 Häuser, bei denen im Keller und Erdgeschoss fast alles zerstört wurde.

Dreyer beklagte schwere Versäumnisse beim Klimaschutz in Deutschland. "In den vergangenen Jahren haben wir in Deutschland vieles nicht umgesetzt, was notwendig gewesen wäre", sagte die Mainzer Regierungschefin der vom Hochwasser besonders stark betroffenen Regionen den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Klimawandel sei angesichts der jüngsten Dürren und Unwetter nichts Abstraktes mehr. "Wir erleben ihn hautnah und schmerzhaft."

Damm bei Heinsberg gebrochen

Am Freitagabend hielt der Rurdamm bei Heinsberg in Nordrhein-Westfalen den extremen Wassermassen nicht mehr Stand. Rettungskräfte begannen bei einbrechender Dunkelheit, die umliegenden Ortschaften zu evakuieren. Rund 700 Einwohner von Wassenberg mussten umgehend ihre Häuser verlassen. Wann und ob sie wieder nach Hause zurückkehren können, ist in diesen Momenten nicht klar.

Laut Frühwarnprognose des Landesamts für Umwelt Rheinland-Pfalz hat sich die Hochwassergefahr zuletzt verringert. Nur für das Einzugsgebiet des Flusses Ahr und der Zuflüsse der Unteren Sauer bestanden noch Warnungen. Die Pegelständen sanken, zum Beispiel bei dem hart von Unwetter getroffenen Kordel im Landkreis Trier-Saarburg.

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