Flucht vor den Taliban: "Sie drohten, mich zu enthaupten"

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Von Anelise Borges
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Der Afghanistan-Einsatz ist Geschichte, die Evakuierungsflüge eingestellt. Viele Verzweifelte bleiben zurück und fürchten um ihr Leben. Reportage.

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Der Afghanistan-Einsatz ist Geschichte. Auch die USA haben inwischen die letzten Truppen abgezogen, die Evakuierungsflüge eingestellt. Viele Afghaninnen und Afghanen bleiben zurück, sie haben es nicht in einen der Flieger geschafft. 

Wir sprechen mit einem von ihnen am Telefon. Er hat lange für ein US-Unternehmen gearbeitet. Seit die Taliban die Macht übernommen haben, lebt er verschanzt in Kabul und in ständiger Angst: "Ich habe einen Brief von den Taliban erhalten, in dem stand, dass sie mich enthaupten, wenn ich meinen Job nicht aufgebe.“ 

Er fürchtet um sein Leben, doch einen Weg raus aus Afghanistan gibt es für ihn derzeit nicht. "Unsere Angst ist, dass die Taliban die Freiheit des afghanischen Volkes nicht respektieren werden", sagt er. "Werden sie uns wirklich befreien und dafür sorgen, dass wir unsere Ziele verwirklichen können? Das ist die große Frage.“

Flucht nach Pakistan

Basit und Rabia haben beschlossen, nicht auf die Antwort zu warten. Sie sind auf dem Landweg ins Nachbarland Pakistan geflüchtet.

"Ich habe in der Provinz Ghazni als Elektroingenieur gearbeitet. Als die Regierung zusammenbrach und die Taliban die Macht im Land übernahmen, war ich sehr beunruhigt", erzählt uns Basit. "Meine Frau steht kurz vor dem Ende ihrer Schwangerschaft. Für ihre Behandlung hatte ich gerade mal 10000 Afghani dabei, also gut 90 Euro. Also ging ich zum Obersten Minister von Ghazni und bat ihn um ein Schreiben, damit ich mein Gehalt bekommen kann. Ich überbrachte den Brief den Taliban, aber anstatt mir mein Gehalt zu geben, warnten sie mich, dass sie mich töten würden, wenn ich noch einmal zu ihnen komme.“

Basit packte das Wenige, das er tragen konnte, zusammen und sie begaben sich auf eine gefährliche Reise über die Grenze nach Pakistan.

Die fünfte Nacht im Freien

Hier in Pakistan kämpfen sie darum, einen Termin für die Registrierung als Asylbewerber zu bekommen. Solange haben sie keinen Anspruch auf eine Unterkunft oder medizinische Versorgung. Die Geburt ihres zweiten Kindes könnte jeden Moment losgehen.

"Beide, Präsident Ghani und die Taliban, sind für diese Situation verantwortlich", sagt Basit. "Niemand hat uns geholfen. Erst gab Ghani unsere Gehälter nicht frei und jetzt die Taliban. Sie haben uns auch noch gewarnt, dass wir nicht entkommen können, weil wir für die Ghani-Regierung gearbeitet haben.“

Basit und Rabia sind völlig auf sich allein gestellt. Sie können nirgendwo hin, haben keinen Rückzugsort. Momentan schlafen sie im Freien vor dem Registrierungszentrum für Asylbewerber, das sich ihrem Fall bislang nicht annehmen will. Ihnen steht bereits die fünfte Nacht auf der Straße bevor.

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