Zorn und Menschlichkeit: Holocaust-Überlebender Leon Schwarzbaum mit 101 Jahren gestorben

Der Holocaust-Überlebende Leon Schwarzbaum in seinem Haus in Berlin im Dezember 2019
Der Holocaust-Überlebende Leon Schwarzbaum in seinem Haus in Berlin im Dezember 2019 Copyright ODD ANDERSEN / AFP
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Von Euronews mit AFP/DPA
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Wütend machte ihn, dass so wenige Nazi-Verbrecher vor Gericht gebracht wurden, insbesondere in Deutschland. Einer der letzten Zeitzeugen geht: Der Holocaust-Überlebende Leon Schwarzbaum ist mit 101 Jahren gestorben.

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Der Deutsche Leon Schwarzbaum, Holocaust-Überlebender und unermüdlicher Kämpfer für die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg, ist im Alter von 101 Jahren gestorben.

"Leon Schwarzbaum ist in der Nacht von Sonntag auf Montag verstorben. Sein Ableben stellt einen großen Verlust für das kollektive Gedächtnis dar. Wir alle werden seinen Zorn und seine Menschlichkeit vermissen", sagte Christoph Heubner, Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, gegenüber AFP.

Leon Schwarzbaum wurde 1921 in Hamburg in einer polnisch-jüdischen Familie geboren, wuchs aber in Bedzin in Oberschlesien im heutigen Polen auf, von wo aus seine Familie 1943 nach der Auflösung des Ghettos nach Auschwitz deportiert worden war.

Schwarzbaum überlebte nach Angaben des Komitees als einziger seiner Familie die Konzentrationslager Auschwitz, Buchenwald und ein Nebenlager Sachsenhausen. Später lebte er den Angaben zufolge als Kunst- und Antiquitätenhändler in Berlin.

"Er wollte keinen Hass, er wollte Gerechtigkeit"

Schwarzbaum sollte im laufenden Prozess gegen einen mutmaßlichen ehemaligen SS-Wachmann im KZ Sachsenhausen in der ostdeutschen Stadt Brandenburg befragt werden. Wegen seines Gesundheitszustands war dies jedoch nach Angaben des Gerichts nicht möglich gewesen. 2016 hatte er vor dem Landgericht Detmold im Prozess gegen den ehemaligen SS-Wachmann im KZ Auschwitz, Reinhold Hanning, ausgesagt.

Seit Jahrzehnten hatte Schwarzbaum über seine Erlebnisse von 1939 bis 1945 berichtet, etwa in Schulen oder Ausbildungsbetrieben. Dafür hatte er 2019 das deutsche Bundesverdienstkreuz verliehen bekommen.

Schwarzbaum hatte regelmäßig seine Wut darüber zum Ausdruck gebracht, dass so wenige Nazi-Verbrecher vor Gericht gebracht wurden, insbesondere in Deutschland.

"Er wollte keinen Hass, er wollte Gerechtigkeit", sagte das Internationale Auschwitz Komitee zu diesem Thema.

"Mit großer Trauer, großem Respekt und Dankbarkeit nehmen Holocaust-Überlebende aus aller Welt Abschied von ihrem Freund, Weggefährten und Mitstreiter Leon Schwarzbaum, der in den letzten Jahrzehnten seines Lebens zu einem der wichtigsten Zeugen des Holocaust wurde", sagte Heubner in einer Erklärung.

"In seinen letzten Lebensjahren wurde Leon Schwarzbaum stets von dem Bedürfnis getrieben, sich an seine ermordeten Eltern zu erinnern", fügte er hinzu.

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