Angst vor einem Winter in der Energiekrise: Wie hilft die EU?

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Von Aida Sanchez Alonso
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Wie plant die EU, die Folgen der Energiekrise für Verbraucherinnen und Verbraucher abzufedern?

Steigende Inflation, die belastende Abhängigkeit von russischem Gas und Sorge vor Stromausfällen - Europa steht vor einem besorgniserregenden Winter. Welche Lösungen kann kann die Kommission anbieten? Und wie will sie die steigenden Energiekosten für die Bürger abfedern? 

Kadri Simson, EU-Kommissarin für Energie, hat Antworten.

euronews: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat neue Sanktionen angekündigt. Wie werden die aussehen?

Simson: Nun, daran wird gearbeitet. Wir sind bereit etwas zu tun, wenn wir sehen, dass wir bei den bisherigen Sanktionspaketen etwas ausgelassen haben. 

Sie können davon ausgehen, dass wir weiter daran arbeiten, dass Russland keine zusätzlichen, unfairen, weil überzogenen Einnahmen erzielt, die den Krieg gegen die Ukraine finanzieren.

euronews: Welche konkreten Vorschläge wurden denn bisher nicht berücksichtigt?

Simson: Das ist eine Umsetzungsfrage. Während der Umsetzung unserer einvernehmlichen Vereinbarungen über einige Sektoren und Dienstleistungen hinweg sieht man, wo man gezielter vorgehen muss.

euronews: Geht es wieder hauptsächlich um Energie?

Simson: Energie wurde ja schon mit mehreren Sanktionen belegt. Ich persönlich glaube, dass wir eine Preisobergrenze für russisches Gas brauchen, weil wir dort noch keine Sanktionen haben. 

Es ist unfair, dass Russland durch Manipulation der Liefermengen Verluste zum Teil durch höhere Preise ausgleicht.

euronews: Ein Preisdeckel für russisches Gas wurde schon früher diskutiert, war aber im letzten Vorschlag der Kommission nicht enthalten. Warum nicht?

Simson: Es gab viele Fragen, wie wir die Versorgungssicherheit für den Winter und das nächste Jahr sicherstellen. Sie können das Gas nicht an jemand anderen liefern. Es könnte ein Weg für sie sein, ihre einzige Möglichkeit, trotz Preisdeckel überhaupt noch Einnahmen zu erzielen. Aber es gäbe keine Übergewinne mehr, die sie zurzeit noch haben.

Russland hat keine Pipelines, mit denen es das Gas, das es nicht an bestehende Abnehmer mit gültigen Verträgen liefern will, anderswo verkaufen könnte.

euronews: Glauben Sie, dass die anderen Mitgliedstaaten beim Preisdeckel auf russisches Gas mitziehen? 

Simson: Das ist ein sehr kompliziertes Thema. Um sicher durch den Winter kommen, müssen wir wissen, was verfügbar ist. Gleichzeitig haben die Mitgliedstaaten schon eine Menge getan. Sie haben Maßnahmen zur Senkung des Gasverbrauchs ergriffen und waren bei der Befüllung der Speicher sehr erfolgreich. Momentan sind unsere Gasspeicher zu mehr als 86 % gefüllt. Das ist mehr, als wir im Sommer vereinbart hatten.

euronews: Einige Länder fordern eine Preisobergrenze für alle Gasimporte. Kann das funktionieren?

Simson: Der Ansatz gegenüber Russland und anderen Partnern muss ein anderer sein. 

Wir arbeiten sehr gut mit den Ländern zusammen, die über Gaspipelines mit uns verbunden sind: Norwegen, Aserbaidschan, Algerien, alle. Und wir gehen natürlich auf sie zu und suchen eine Lösung, dass der Preis erschwinglicher wird.

Dann gibt es noch den LNG, den Flüssiggasmarkt. Wir müssen Marktmanipulationen ausschließen, dass wir die zusätzlichen LNG-Mengen bezahlbar beschaffen können, die wir brauchen.

euronews: Verstehe ich Sie richtig, dass die Kommission keinen Preisdeckel für alle Gasimporte will?

Simson: Nein, das Thema ist noch nicht abgeschlossen. Die große Frage ist, wie man das so gestalten kann, damit wir weiter genügend Mengen angeboten bekommen.

euronews: Zu den Maßnahmen, die die Kommission vorgeschlagen hat: Was werden die Europäer zuerst sehen? Sowohl die Solidarabgabe als auch die Markteinnahmen sind technisch schwierig umzusetzen…

Simson: Die Bürger der 27 EU-Mitgliedstaaten sehen ja bereits einige Ergebnisse. Der Vorschlag von letzter Woche zielt auf eine Marktsituation ab, die von einem knappen Angebot bestimmt ist.

euronews: Wann wird das Geld zur Verfügung stehen, das die Kommission mit ihren Steuern einzunehmen hofft?

Die Preisobergrenze für Stromerzeuger, die zu deutlich niedrigeren Kosten produzieren als beispielsweise Gaskraftwerke… Dieses Geld wird den Regierungen zur Verfügung stehen, um Kleinverbraucher und kleine Unternehmen zu unterstützen.

euronews: Und wann kommt ein Solidaritätsabgabe?

Simson: Der Solidaritätsabgabe durch Unternehmen bezieht sich auf Übergewinne, die dieses Jahr mit fossilen Brennstoffen generiert werden. Das bedeutet, dass sie vor Ende des Jahres keine zusätzlichen Beiträge leisten werden.

euronews: Der Vorschlag sieht auch eine verpflichtende Senkung des Stromverbrauches um 5 % vor. Wie kann die Kommission sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten mitmachen?

Simson: Es ist eine verbindliche Verpflichtung. Das heißt, die Mitgliedstaaten wissen, was zu tun ist. Nachfragemechanismen und entsprechende Verträge mit Großverbrauchern sind da, sie müssen nur öfter genutzt werden.

euronews: Werden wir auch erleben, dass Bürger ihren Verbrauch senken, also aktiv Energie sparen müssen?

Simson: Haushalte sind geschützte Kunden, und selbst, wenn wir in einer Krise nicht genug Energie haben sollten, sind die Haushalte geschützt. Das heißt aber nicht, dass nicht jeder von uns sein Bestes tun sollte, um Energie zu sparen. Es ist eine Frage der Vernunft, Energiekosten zu senken. Verhalten sich Millionen Europäer in diesem Moment richtig und verschwenden keine Energie, muss sich auch unsere Industrie nicht in einer Situation wiederfinden, in der eine Rationierung notwendig wird.

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