Putin hat ihn mächtig gemacht: Wer ist Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin?

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin - Archivbild
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Von Kirsten RipperEuronews mit AFP, AP
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Der Chef der Wagner-Söldner Jewgeni Prigoschin hat Russlands Staatsmacht herausgefordert. Wer ist der Mann, den Wladimir Putin mächtig gemacht hat?

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Im vergangenen November hatte Jewgeni Prigoschin einen Vorschlaghammer mit dem Logo der Wagner-Söldner nach Brüssel geschickt - einen Tag nachdem die EU-Abgeordneten beschlossen hatten, Russland als Sponsor von Staatsterrorismus zu verurteilen.

Der 62-jährige Prigoschin, der an diesem Freitag (23.06.) dem russischen Verteidigungsminister und damit dem Kreml Rache für die mutmaßliche Bombardierung eines Lagers der Wagner-Söldner angekündigt hat, steht für besonders brutale Vorgehensweisen.

Dabei trank er Tee in dem Video, in dem er Vergeltung für den von ihm beschriebenen Angriff auf seine Söldner in der Ukraine durch die russische Armee ankündigte.

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Jewgeni Prigoschin in Video, das er am 23.6. veröffentlichteAP/PRIGOZHIN PRESS SERVICE

Hat Prigoschin die Sympathie der russischen Soldaten?

Unter Militärbloggern erfreut sich Prigoschin offenbar einiger Beliebtheit. Auch unter den russischen Soldaten soll es Sympathien für ihn geben - zumal sich der Militärunternehmer selbst als echter Patriot sieht. 

Wagner-Söldner in Konfliktgebieten

Seit Jahren unterstützen Prigoschins Söldner Putins Politik mit militärischen Mitteln - im Ausland. Seit Jahren sind Wagner-Söldner in allen Konflikten im Einsatz, in die Russland verwickelt ist: in Syrien, in zahlreichen afrikanischen Staaten und seit 2014 in der Ukraine.

Mehrmals hatte Prigoschin erklärt, dass seine Söldner die Stadt Bachmut erobert hätten, bevor er sich selbst mit russischer Fahne aus der ukrainischen Stadt meldete.

Erst im September 2022 hatte Jewgeni Prigoschin eingestanden, dass er die Privatarmee Wagner gegründet hatte, die es schon seit 2014 gab.

Prigoschin und die Häftlinge

Als ehemaliger Strafgefangener, der bis 1990 wegen mehrerer Raubüberfälle neun Jahre im Gefängnis verbracht hat, hat Prigoschin als erster im Frühjahr 2022 in russischen Haftanstalten Insassen für den Kampf an der Front in der Ukraine rekrutiert. Dafür hielt der Wagner-Boss in legerer Lederjacke Reden in Gefängnishöfen. Er drohte den Inhaftierten auch, Deserteure würden erschossen. Inzwischen sind tausende der damals rekrutierten Männer in der Ukraine gefallen.

Menschenrechtsgruppen in Russland werfen Prigoschin sogar vor, er mache Geschäfte mit den toten Söldnern, indem er deren ausstehenden Sold oder deren Prämie für die Gefallenen in der Ukraine einbehalte.

Selbstjustiz und brutale Exekution

Einige Wagner-Kämpfer wurden Berichten zufolge von den eigenen Leuten umgebracht. So war auf einem Video ein sogenannter "Verräter" zu sehen. 

Der offenbar zur Ukraine übergelaufene ehemalige russische Gefängnisinsasse Jewgeni Nuschin wurde dem Video zufolge mit einem Vorschlaghammer hingerichtet. Der Kommentar von Prigoschin war: "Ein Hund verdient den Tod eines Hundes."

"Putins Koch"

Misha Japaridze/Copyright 2019 The AP. All rights reserved.
Jewgeni Prigoschin mit Wladimir Putin 2011 im KremlMisha Japaridze/Copyright 2019 The AP. All rights reserved.

Reich geworden ist Jewgeni Prigoschin - der den Spitznamen "Putins Koch" bekam - mit seinem Unternehmen Concord als Essenslieferant für die russische Armee und als Catering-Service für den Kreml. "Ich bin nicht Putins Koch, ich kann gar nicht kochen", soll Prigoschin zu dem Spitznamen gesagt haben. Befreundet sei er nicht mit dem Präsidenten.

Russland-Expert:innen zufolge ist die Tatsache, dass Prigoschin selbst im Gefängnis gesessen hat, ein Hindernis an seinem politischen Aufstieg. Dennoch hatten er und seine Leute offenbar exzellente Kontakte im Kreml.

Im Jahr 2011 sind die Fotos an der Seite von Wladimir Putin entstanden. Beide Machtmenschen kommen aus Sankt Petersburg, dort ist auch das im vergangenen Jahr eröffnete Hauptquartier der Privatarmee "Wagner".

Luxus in St. Petersburg

In St. Petersburg hatte Prigoschin Mitte der 90er Jahre ein Luxus-Restaurant eröffnet, in dem er Wladimir Putin kennenlernte. Dort bediente der Unternehmer nicht nur den russischen Präsidenten, sondern auch dessen Gäste Jacques Chirac und George W. Bush. 2003 soll Putin seinen Geburtstag in Prigoschins Restaurant gefeiert haben.

Nach dem Gefängnis hatte der spätere Unternehmer zunächst Hot Dogs verkauft. Prigoschin ist verheiratet und hat drei Kinder. Seit 2012 lebt er in einem Anwesen bei St. Petersburg: mit Basketball-Feld und Hubschrauber-Landeplatz.

Prigoschin und die Trollfabrik

Bekannt ist Prigoschin auch für seine Trollfabrik in St. Petersburg. Der offizielle Name der Trollfabrik ist "Institut Internet Research Agency" (IRA). Die dort Beschäftigten sind Teil der russischen Staats-Propaganda und sollen versuchen, über die sozialen Medien weltweit die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Der Wagner-Boss selbst prahlte mit einem Einfluss auf die Wahlen in den USA.

FT-Korrespondent Max Seddon schreibt zum aktuellen Geschehen in Russland: "Die wichtigsten Informationsquellen sind eine Armee, die über alles lügt, ein Warlord, der eine berüchtigte Trollfabrik besitzt und jahrelang gelogen hat, und der Kreml. Zudem hat Russland die Medien zerstört, also gibt es keine guten unabhängigen Quellen."

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