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'Schlachthaus' Saidnaya: Suche nach Vermissten in 'geheimen unterirdischen Bereichen' beendet

Ein blutiges Henkerseil liegt auf dem Boden des berüchtigten Gefängnisses, nördlich von Damaskus, Syrien, Montag, 9. Dezember 2024
Ein blutiges Henkerseil liegt auf dem Boden des berüchtigten Gefängnisses, nördlich von Damaskus, Syrien, Montag, 9. Dezember 2024 Copyright  Hussein Malla/Copyright 2024 The AP. All right reserved
Copyright Hussein Malla/Copyright 2024 The AP. All right reserved
Von Johanna Urbancik
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Nach dem Sturz des Assad-Regimes durchsuchen Menschen Gefängnisse im ganzen Land, um ihre vermissten Angehörigen zu finden.

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Am Wochenende haben syrische Rebellen nach 53 Jahren Herrschaft der Assad-Familie das Regime gestürzt. Berichten zufolge ist der Machthaber Baschar al-Assad bereits Sonntag nach Russland geflohen, wo er von Putin persönlich Asyl gewährt bekommen hat. 

In den befreiten syrischen Städten haben derweil Menschen die Gefängnisse eingenommen und die Inhaftierten befreit oder verzweifelt nach Angehörigen gesucht. Bei der Befreiung von Damaskus richteten sich die Bemühungen der Rebellen nicht nur auf die Stadt selbst, sondern auch auf das Saidnaya-Gefängnis, das als “Schlachthaus” bekannt war und zum Symbol für willkürliche Inhaftierungen, Folter und Mord wurde. 

Eine Luftaufnahme zeigt das berüchtigte Militärgefängnis Saidnaya nördlich von Damaskus, Syrien, Montag, 9. Dezember 2024.
Eine Luftaufnahme zeigt das berüchtigte Militärgefängnis Saidnaya nördlich von Damaskus, Syrien, Montag, 9. Dezember 2024. Ghaith Alsayed/Copyright 2024 The AP. All right reserved

Der Organisation Amnesty International zufolge wurden vom Beginn des syrischen Bürgerkrieges im Jahr 2011 an bis 2015 bis zu 13.000 Menschen in dem Gefängnis erhängt. In dem Bericht aus dem Jahr 2017 heißt es, dass tausende Menschen außergerichtlich durch Massenerhängungen hingerichtet wurden, die unter strengster Geheimhaltung nachts durchgeführt worden sind.

Viele andere Gefangene wurden getötet, nachdem sie wiederholt gefoltert und systematisch um Nahrung, Wasser, Medikamente und medizinische Versorgung gebracht wurden. Die Leichen der in Saidnaya Getöteten wurden dann dem Bericht zufolge in Massengräbern verscharrt. Die Organisation schätzt zudem, dass bis zu 20.000 Menschen nach Scheinprozessen in Saidnaya gefangen waren.

Aufnahmen der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu zeigen verhüllte Leichen und etliche Kleidungsstücke und Schuhe der Gefangenen, die in den Kellern des Sednaya-Gefängnisses zurückgelassen wurden.

Verzweifelte Suche nach Angehörigen

Nach der Befreiung des Gefängnisses wurden Videos auf den sozialen Medien veröffentlicht, die zeigen, wie Menschen die Türen und Zellen des Gefängnisses einschlagen, mit der Hoffnung, endlich Informationen über ihre Angehörigen zu erhalten. Medienberichten zufolge wurde das Gefängnis am Montag aufgrund von Gerüchten gestürmt, dass Tausende Menschen noch in tieferen Ebenen der Einrichtung gefangen gehalten werden. Diese unterirdischen Eben war als "roter Abschnitt" bekannt.

Der Syrische Zivilschutz, auch bekannt als Weißhelme, haben jedoch in einer Mitteilung bestätigt, dass sie die Suche nach möglichen verbliebenen Gefangenen in unbekannten geheimen Zellen oder Kellerräumen im Saidnaya-Gefängnis unterdessen abgeschlossen haben.

Ein Mann bricht das Schloss einer Zelle im berüchtigten Militärgefängnis Saydnaya nördlich von Damaskus, Syrien, auf, Montag, 9. Dezember 2024.
Ein Mann bricht das Schloss einer Zelle im berüchtigten Militärgefängnis Saydnaya nördlich von Damaskus, Syrien, auf, Montag, 9. Dezember 2024. Hussein Malla/Copyright 2024 The AP. All right reserved

"Trotz umfangreicher Einsätze mit fünf Teams, zwei K9-Einheiten und gründlichen Inspektionen der gesamten Anlage wurden keine verborgenen Bereiche gefunden", bestätigte die Organisation. "Das Gefängnis, das einst tausende Menschen unter dem Assad-Regime beherbergte, ist für die Familien der Vermissten ein zentraler Ort der Sorge, die befürchteten, dass einige Gefangene noch in versiegelten Bereichen festgehalten werden."

Auch die Vereinigung der Inhaftierten und Vermissten im Saidnaya-Gefängnis (ADMSP) bestätigte am Montag in einem Beitrag auf X, dass es keine unterirdischen Zellen in dem Gefängnis gäbe. "Die ADMSP bestätigt die Freilassung des letzten Gefangenen aus dem Saidnaya-Gefängnis gestern, am 8. Dezember 2024, um 11:00 Uhr Damaskus-Zeit. Es ist nicht wahr, dass es unterirdische Zellen gibt, und die in einigen Presseberichten enthaltenen Informationen sind ungenau", heißt es in der Erklärung der Organisation.

Leiche des Aktivisten Mazen al-Hamada gefunden

Berichten zufolge wurde die Leiche des syrischen Aktivisten Mazen al-Hamada in einer Leichenhalle des mit Saidnaya verbundenen Harasta-Krankenhauses gefunden. Der BBC zufolge waren am Montag auf Bild- und Videoaufnahmen Leichen zu sehen, die in blutverschmierte, weiße Leichentücher gehüllt waren und sich in einem Kühlraum des Krankenhauses stapelten. Etliche Leichen sollen zudem Wunden und Quetschungen auf Gesicht und Oberkörper aufgewiesen haben. So auch die Leiche des Aktivisten, die sichtbare Zeichen von Folter und Schlägen zeigte. Sein Tod löste in den sozialen Medien Anteilnahme von Aktivisten und Politikern aus.

Al-Hamada war ein syrischer Aktivist, der zu Beginn des Bürgerkrieges im Jahr 2011 an Protesten für die Demokratie teilgenommen hat. Er wurde mehrfach vom Regime verhaftet. Nachdem er in der Haft schwer gefoltert und sexuell missbraucht worden war, wurde er schließlich 2013 im Rahmen eines Gefangenenaustauschs freigelassen.

Auf der Suche nach Asyl zog er in die Niederlande, versuchte aber später, nach Syrien zurückzukehren, um inhaftierten Syrern zu helfen. Im Februar 2020 wurde er bei seiner Ankunft in Damaskus verhaftet und galt seitdem als verschwunden.

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