Nach der tödlichsten Flugzeugkatastrophe, die Südkorea je erlebt hat, hat der Interimspräsident Choi Sang Mok eine nationale siebentägige Trauerphase ausgerufen. Wie das Land trauert.
Als Reaktion auf den tragischen Flugzeugabsturz von Jeju Air am 29. Dezember 2024, bei dem 179 Menschen ums Leben kamen, hat Südkorea eine siebentägige nationale Trauerphase ausgerufen.
Während der staatlichen Trauerphase in Südkorea werden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um der Opfer einer Tragödie zu gedenken und ihre Hinterbliebenen zu respektieren. Die Trauerphase ist ein symbolischer Ausdruck des Mitgefühls und der Solidarität und umfasst sowohl offizielle als auch gesellschaftliche Reaktionen.
Halbmastbeflaggung
Wie auch in anderen Ländern herrscht in ganz Südkorea während der Trauerphase Halbmastbeflaggung. Alle Flaggen auf öffentlichen Gebäuden werden auf halbmast gesetzt, um Trauer zu symbolisieren.
Staatliche Zeremonien
Es werden Gedenkveranstaltungen organisiert, bei denen hochrangige Politiker Reden halten und Blumen niederlegen. So reiste der stellvertretende Ministerpräsident und Interimspräsident Choi Sang-mok bereits zum Unglücksort in Muan und forderte die Behörden auf, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um die Vermissten zu finden und die Opfer so schnell wie möglich zu identifizieren. Die Regierung erklärte Muan zum Katastrophengebiet, um den Familien der Opfer zu helfen, und legte eine einwöchige Staatstrauer bis Samstag fest.
Landesweit werden Gedenkaltäre für die Opfer aufgestellt, die bis zum Ende der Staatstrauer, am 4. Januar, stehen werden.
Jeju Air entschuldigte sich in einer Erklärung "zutiefst" für den Absturz und sagte, man werde "alles tun, um die Folgen des Unfalls zu bewältigen".
In einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz verbeugte sich Kim E-bae, der Präsident von Jeju Air, zusammen mit anderen hochrangigen Vertretern des Unternehmens tief, als er sich bei den Hinterbliebenen entschuldigte und sagte, er fühle sich "voll verantwortlich" für den Vorfall. Kim sagte, das Unternehmen habe bei den regelmäßigen Überprüfungen keine mechanischen Probleme mit dem Flugzeug festgestellt und werde die Ergebnisse der staatlichen Untersuchungen zur Ursache des Unfalls abwarten.
Religiöse und kulturelle Bräuche
In Südkorea spielt der Konfuzianismus kulturell eine große Rolle, und Respekt gegenüber Verstorbenen ist tief in der Gesellschaft verankert. Gedenkrituale wie das Anzünden von Räucherstäbchen oder gemeinsames Gebet sind üblich.
Die staatliche Trauerphase spiegelt die Wertschätzung Südkoreas für gemeinschaftliche Solidarität wider. Sie unterstreicht die Bedeutung des kollektiven Respekts gegenüber den Opfern und deren Familien.
In der koreanischen Kultur ist es üblich, den Jahrestag der Verstorbenen in einer sogenannten Jesa-Zeremonie zu begehen. Im Mittelpunkt dieser Zeremonie steht ein niedriger Tisch, eine Art behelfsmäßiger Altar. Ein großes Porträtfoto der Verstorbenen wird in der Regel in der Mitte dieses Tisches aufgestellt, flankiert von Gedenkkerzen. Verschiedene Früchte, Fleisch, Fisch und Reiskuchen werden ebenfalls auf dem Altar platziert, zusammen mit einem Stück Papier, auf dem der Name des Verstorbenen in chinesischen Schriftzeichen geschrieben steht.
So wird zum Beispiel der Trauertag für das Fährenunglück der Sewol 2014 jedes Jahr am 16. April begangen, um der 304 Opfer des Unglücks zu gedenken. Das Unglück ereignete sich am 16. April 2014, als die Fähre Sewol auf dem Weg von Incheon zur Insel Jeju sank. Von den 476 Passagieren, die an Bord waren, überlebten nur 172. Unter den Opfern waren viele Schüler auf einer Klassenfahrt, was das Unglück besonders tragisch machte.
Veränderung des Unterhaltungsprogramms
Öffentliche Feiern, Unterhaltungsprogramme und festliche Veranstaltungen, wie Konzerte, Festivals oder Preisverleihungen, werden verschoben oder abgesagt. Einige der in Südkorea üblichen Silvester-Sendungen, die die Unterhaltungsindustrie zum Ende des Jahres zusammenbringen und Erfolge feiern sollen, wurden bereits abgesagt. So hat einer der führenden Fernsehsender SBS bereits bestätigt, dass die für den 31. Dezember geplante Live-Übertragung der SBS Entertainment Awards 2024 nicht stattfinden wird. Auch MBC hat die Verleihung der MBC Acting Awards 2024 abgesagt und wird stattdessen eine aufgezeichnete Sendung ausstrahlen und den Opfern und ihren Familien sein Beileid aussprechen.
Generell verändert sich das Fernseh- und Radioprogramm in der Trauerphase. Unterhaltungs- und Comedy-Programme, wie die koreaweit beliebten sogenannten Variety-Shows, in denen sich berühmte Persönlichkeiten oft verschiedenen albernen Herausforderungen stellen müssen, werden in der Trauerphase nicht ausgestrahlt. Stattdessen laufen vor allem Nachrichten und Dokumentationen. Oftmals werden auch spezielle Sendungen zum Gedenken der Opfer ausgestrahlt.
Verschiedene K-Pop-Label und Bands haben Musikveröffentlichen und Werbemaßnahmen für Alben verschoben. Das Label BIGHIT MUSIC, das hinter der Megahitband BTS steht, hat auf X sein Beileid für die vom Unfall Betroffenen bekundet. Und bittet um Verständnis, dass die geplanten Veranstaltungen für den Geburtstag des BTS-Bandmitglieds V verschoben werden.
Auch die Produktionsfirma JYP ENTERTAINMENT bekundet "tiefstes Beileid zu dem tragischen Vorfall" und verschiebt die Veröffentlichung einer neuen Folge des Formats "A Song by..." von dem Hauptsänger der Band Seungmin.
Die schnelle Reaktion der Unterhaltungsbranche unterstreicht ihre Sensibilität gegenüber der nationalen Stimmung und die Bedeutung kultureller Normen in Südkorea. Durch das Pausieren von Aktivitäten würdigt die Branche die kollektive Trauer und stellt Respekt über kommerzielle Interessen.
Historischer Kontext
In den vergangenen Jahren mussten in Südkorea mehrere Trauerphasen eingelegt werden. So zum Fährenunglück der Sewol 2014, in die sich vor allem Wut über den Umgang mit der Katastrophe mischte. Auch im Oktober 2022 nach der Tragödie in Itaewon, bei der nach Massenpanik bei Halloweenveranstaltungen 159 Menschen ums Leben kamen, hatte das Land eine zehntägige Trauerphase eingelegt.
Der Absturz des Jeju Air-Flugs am 29. Dezember war eine der tödlichsten Katastrophen in der Geschichte der südkoreanischen Luftfahrt.