Nach dem zur Eskalation verkommenen Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office im Februar warf der US-Präsident seinem südafrikanischen Amtskollegen Cyril Ramaphosa nun in aller Öffentlichkeit vor, er würde einen "Genozid an Weißen" vertuschen.
Eigentlich war Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa zur Verbesserung der Beziehungen zwischen seinem Land und den USA eingeladen gewesen. Unter anderem sollte es um Handelsfragen gehen. Sogar ein mehrere Kilo schweres Buch über Golfkurse brachte Ramaphosa als Geschenk mit. Doch daraus wurde nichts.
Stattdessem überraschte US-Präsident Donald Trump ihn mit angeblichem Beweismaterial für einen "weißen Völkermord" in Südafrika. Dazu gehörte ein Stapel Papiere mit ausgedruckten Zeitungsberichten, die solche Behauptungen belegen sollen. Vor laufenden Kameras beschuldigte Trump seinen Amtskollegen, den "Genozid" zu vertuschen.
Trump führte aus: "Die Menschen fliehen aus Südafrika in Angst um ihr Leben. Ihr Land wird konfisziert, und in vielen Fällen werden sie getötet".
Dann bat der US-Präsident seine Adjutanten, einen Videoclip abzuspielen, der umstrittene Äußerungen von Julius Malema, dem Führer der oppositionellen südafrikanischen "Economic Freedom Fighters", einer für ihre radikalen Positionen bekannten Partei enthielt.
Die südafrikanische Regierung hat derartige Behauptungen wiederholt zurückgewiesen und betont, dass die hohen Kriminalitätsraten des Landes die gesamte Bevölkerung betreffen und dass die überwältigende Mehrheit der Opfer schwarz und nicht weiß ist, wie Trump behauptet.
Während der Vorführung des Videos schienen der südafrikanische Präsident und sein Gefolge von Zeit zu Zeit lächeln zu müssen, bevor Ramaphosa in ruhigem Ton antwortete und erklärte, dass Malema zwar Parlamentsmitglied sei, aber nicht die Regierung vertrete und keine Exekutivgewalt habe - und dass seine Äußerungen nicht die Politik des Staates widerspiegelten.
Ramaphosa versuchte auch, die gereizte Stimmung während des Treffens abzumildern, indem mit einem Hauch von Sarkasmus hinzufügte: "Ich entschuldige mich dafür, dass ich Ihnen kein Flugzeug schenken kann", sagte er und bezog sich dabei auf ein Geschenk aus Katar, das dem US-Präsidenten einen Jet im Wert von 400 Millionen Dollar geschenkt hatte.
"Wenn Ihr Land den USA ein Flugzeug anbieten würde, würde ich es nehmen", entgegnete Trump unverblümt. Immer wieder lachten die neben dem US-Präsidenten positionierten Kabinettsmitglieder über die bloßstellenden Äußerungen.
Ramaphosa versuchte sich weiterhin zu erlären: "Wir haben eine Mehrparteiendemokratie, die Meinungsfreiheit zulässt, und es ist normal, Meinungen zu haben, die nicht mit den Positionen der Regierung übereinstimmen. Malemas Partei ist eine kleine Minderheit und unsere Verfassung garantiert ihr die Freiheit zu existieren".
Dann fragte Ramaphosa Trump: "Herr Präsident, wissen Sie, wo dieses Video aufgenommen wurde? Denn ich habe es noch nie gesehen". Woraufhin Trump antwortete: "Ich weiß es nicht."
Am Ende des Treffens ergriff der prominente südafrikanische Geschäftsmann Johann Rupert, der Ramaphosa begleitete, das Wort, um die Position seines Präsidenten zu unterstützen.
Er erklärte, dass Kriminalität jeden betreffe und auch viele Schwarze getötet würden. Er verwies auf den in Südafrika geborenen Milliardär Elon Musk und sagte, dass Musks Starlink-Systeme in jeder Polizeistation des Landes zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden sollten.
Gerüchte über Völkermord
Das Treffen fand vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen Washington und Pretoria statt, insbesondere nachdem Südafrika ein Gesetz verabschiedet hatte, das in bestimmten Fällen die entschädigungslose Enteignung von Land erlaubt, um die wirtschaftlichen Hinterlassenschaften des Apartheidsystems zu beseitigen.
Trump hat diese Politik scharf kritisiert, da er sie als "Diskriminierung von Weißen" sieht, und hat wiederholt behauptet, dass Weiße in Südafrika, insbesondere Farmer, Gewalt und Ausgrenzung ausgesetzt sind.
Im Februar kündigte Trump die Aussetzung der US-Hilfen für Südafrika an, die hauptsächlich für die Bekämpfung von HIV verwendet wird, und erklärte, die Regierung in Pretoria "konfisziere Land" und "misshandle bestimmte Personengruppen". Er drohte auch mit einem Boykott des G20-Gipfels.
Südafrikanische Vertreter haben der Trump-Regierung vorgeworfen, das Narrativ der weißen Minderheit, der so genannten Afrikaaner, zu übernehmen, um die Position Pretorias vor dem Internationalen Gerichtshof zu untergraben, wo die Regierung Ramaphosa Israel verschiedene Verbrechen im Gazastreifen vorwirft.
Die Afrikaaner, Nachfahren europäischer Siedler, behaupten, seit dem Ende der Apartheid systematisch diskriminiert worden zu sein. Sie beklagen sich über zunehmende Gewalt. Diese Behauptungen werden unter anderem über das Internet verbreitet.
Offizielle Schätzungen gehen jedoch von weitaus niedrigeren Zahlen aus: Jährlich werden etwa 50 Morde an Farmern aller Ethnien registriert, und das in einem Land, in dem zwischen Januar und September 2024 mehr als 19.000 Morde begangen wurden.
Beobachter schätzen ein, dass Trump mit diesem Thema eine Botschaft an seine konservative Basis sendet, die Fragen zu Rechten von weißer Minderheiten im Ausland besondere Aufmerksamkeit schenkt. Er setzt das Thema demnach als politisches und wirtschaftliches Druckmittel gegen die südafrikanische Regierung ein.
Ramaphosa seinerseits war während des Treffens bemüht, das Bekenntnis seines Landes zu Demokratie und Pluralismus zu betonen und trotz des plötzlichen und peinlichen Charakters der Konfrontation jede weitere Eskalation zu vermeiden.